Flucht vor der Polizei = verbotenes Autorennen?

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Kürzlich hatte das Oberlandesgericht Stuttgart (4 Rv 28 Ss 103/19) einen interessanten Fall zu entscheiden. 

Hintergrund ist der zum 13.10.2017 in Kraft getretene § 315 d StGB, wonach unter anderem mit Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren oder Geldstrafe bestraft wird, „wer sich als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen.“

In dem konkreten Fall versuchte der Angeklagte mit seinem Pkw einem Streifenwagen zu entkommen, dessen Besatzung Verkehrskontrolle bei ihm durchführen wollte. Er ignorierte das Haltesignal, beschleunigte sein Fahrzeug stark um dem Streifenwagen, der ihn mit Blaulicht, Martinshorn und „Stopp Polizei“ Signal verfolgte, zu entkommen. Hierbei überfuhr er eine rote Ampel und erreichte innerorts eine Höchstgeschwindigkeit von mindestens 145 km/h. Die Flucht außerorts fortsetzend beschleunigte er auf eine Geschwindigkeit von mindestens 160-180 km/h, trotz einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 70 km/h, und schnitt an unübersichtlichen Stellen die Kurven.

Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten zu einer Geldstrafe und entzog ihm die Fahrerlaubnis. Die Revision des Angeklagten zum OLG Stuttgart blieb erfolglos. Das OLG entschied, dass zur Strafbarkeit nicht die Absicht erforderlich sei, dass Fahrzeug objektiv höchstmöglicher Geschwindigkeit zu führen bzw. es an die technischen Grenzen zu bringen. Es reiche vielmehr aus, wenn der Fahrer in der konkreten Situation eine entsprechend den Sicht-, Straßen- und Verkehrsverhältnissen sowie seinen Fähigkeiten mögliche Höchstgeschwindigkeit erreichen will. Zudem muss die Absicht eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen nicht der Hauptbeweggrund sein. Auch die Flucht vor der Polizei ist von einem spezifischen Renncharakter geprägt und entspreche den in der Gesetzesbegründung genannten Risiken.

Die Entscheidung ist nachvollziehbar. Die Vorschrift schützt die übrigen Verkehrsbeteiligten; und für die macht es keinen Unterschied, ob ein Autofahrer ein Rennen mit einem freiwilligen Teilnehmer fährt, oder versucht einem Streifenwagen zu kommen.


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