DSGVO vs. Verwertbarkeit oder: Rechtswidrig aufgenommene Videos im Strafverfahren

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Seit dem Mai 2018 gilt die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Sie ist in Deutschland unmittelbar wirksam und zwingend. Sie muss in allen Unternehmen in die Praxis umgesetzt sein. Sie verbietet beispielsweise ausnahmslos, dass Überwachungskameras von Geschäften den öffentlichen Verkehrsraum und die sich dort bewegenden Menschen filmt. Fertigt ein Unternehmer dennoch Videos von Passanten mittels einer Überwachungskamera, so kann er auf Unterlassung verklagt werden und der Datenschutzbeauftragte kann ein empfindliches Bußgeld verhängen. Ein solches Verhalten wäre also klar illegal.

Im Strafprozess stellt sich dann aber die Frage, ob ein solches illegal gefertigte Beweismittel im Verfahren verwendet werden darf. Die Strafgerichte haben hier leider seit langem einen eher pragmatischen Ansatz. Der BGH entschied ganz aktuell im Beschluss vom 18.8.2021 (5 StR 217/21)  zu dieser Frage wie folgt:

"Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass (...) keine Bedenken gegen die Verwertbarkeit der Videoaufnahmen von der Tatbegehung bestehen. Selbst wenn diese unter Verstoß gegen die Vorgaben der DSGVO erlangt worden sind, weil der Inhaber eines Ladengeschäfts mit seiner davor angebrachten Videokamera über 50 Meter ins öffentliche Straßenland hineingefilmt hat, würde dies nicht zur Unverwertbarkeit des so erlangten Beweismittels führen. Denn auch rechtswidrig von Privaten erlangte Beweismittel sind grundsätzlich im Strafverfahren verwertbar (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. November 2010 – 2 BvR 2101/09, NJW 2011, 2417; BGH, Urteile vom 22. Februar 1978 – 2 StR 334/77, BGHSt 27, 355, 357; vom 9. April 1986 – 3 StR 551/85, BGHSt 34, 39, 52; zu Videoaufnahmen auch BGH, Beschluss vom 18. August 2020 – 5 StR 175/20 mwN). Durch das Inkrafttreten der DSGVO hat sich daran nichts geändert."

Während also bei rechtswidrig durch die Polizei erlangten Beweismitteln (z.B. durch eine rechtwidrige Durchsuchung oder Telefonüberwachung erlangte) unter Umständen ein Verwertungsverbot besteht, dürfen durch Privatpersonen rechtswidrig erlangte Beweismittel grundsätzlich verwertet werden. Dies gilt selbst bei solchen, die durch Straftaten erlangt wurden, z.B. durch die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (§201 StGB).


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