Flugzeitenänderung durch den Reiseveranstalter – schlechte Erfahrungen mit „schauinsland-reisen“

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Eine Familie hatte für die Pfingstferien eine Pauschalreise nach Ägypten bei der schauinsland-reisen GmbH gebucht. Der Hinflug sollte direkt am folgenden Tag nach dem letzten Schultag stattfinden. Die Reise war bereits sehr frühzeitig gebucht worden. Das Angebot war günstig. Einige Monate später wurden dann die Corona-Bestimmungen gelockert und Ägypten galt nicht mehr als Hochrisikogebiet. Danach war ein extremer Preisanstieg bei vergleichbaren Pauschalreisen zu beobachten. Die Preise haben sich fast verdoppelt. Die Familie war natürlich froh, dass sie ihre Reise frühzeitig zu einem günstigen Preis gebucht hatten und sich nun auf einen unbeschwerten Urlaub freuen konnten. Umso schockierter waren sie, als plötzlich eine E-Mail einging, mit der lapidar mitgeteilt wurde, dass die Flugzeiten geändert wurden und die gesamte Reise nun um einen ganzenTag vorverlegt worden war. Es war weder eine Begründung noch eine sonstige Erklärung beigefügt. Dass zwei schulpflichtige Kinder mitreisten und es somit unmöglich war, bereits einen Tag früher abzureisen, war dem Reiseveranstalter offensichtlich gleichgültig.

Also wurde die schauinsland-reisen GmbH anwaltlich angeschrieben und klargestellt, dass dieses unverschämte Vorgehen nicht akzeptieren wird. Daraufhin ging eine knappe Antwort ein, mit der lediglich mitgeteilt wurde, dass der ursprüngliche Flug nicht mehr existiere. Allerdings wurde die Familie nun auf einen anderen Flug umgebucht, der praktisch die ursprünglichen Flugzeiten wiederherstellte. Die unverschämte Vorverlegung der Reise wurde also zurückgenommen.

Wie ist hier eigentlich die Rechtslage? Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 16.01.2018 – X ZR 44/17 Klarheit geschaffen. Einseitige Änderungen der Reiseleistungen durch den Reiseveranstalter sind danach nur dann möglich, wenn diese unter Berücksichtigung der Interessen des Reiseveranstalters für den Reisenden zumutbar sind. Zumutbar sind nur Leistungsänderungen, die den Gesamtcharakter der Reise nicht verändern und aufgrund von Umständen notwendig werden, die nach Vertragsschluss eintreten und dem Reiseveranstalter bei Vertragsschluss nicht bekannt und für ihn bei ordnungsgemäßer Prüfung der Durchführbarkeit der Reiseplanung auch nicht vorhersehbar waren. Klar ist damit schon einmal, dass eine willkürliche Änderung durch den Reiseveranstalter unzulässig ist. Bereits aus diesem Grund sollte man bei jeglichen Änderungen – auch bei geringfügigen Änderungen der Flugzeiten – zumindest eine Begründung des Reiseveranstalters erwarten dürfen, da ansonsten nicht nachgeprüft werden kann, ob die Voraussetzungen für eine zulässige Änderung vorliegen. Erhebliche Änderungen ohne jegliche Begründung sind schlicht eine Unverschämtheit. Bei erheblichen Änderungen der Reiseleistung ist der Reiseveranstalter verpflichtet, dem Kunden ein Angebot auf eine Änderung zu unterbreiten. Der Kunde ist nicht verpflichtet, dieses Angebot anzunehmen. Der Reiseveranstalter kann dem Reisenden gleichzeitig eine angemessene Frist setzen, um der Änderung zu widersprechen. Nur wenn kein Widerspruch erfolgt, gilt das Angebot als angenommen.

Selbst geringfügige Änderungen der Flugzeiten darf der Reiseveranstalter nicht willkürlich vornehmen. Zunächst ist immer ein rechtfertigender Grund erforderlich. Außerdem wurden in der Rechtsprechung bereits Flugzeitenänderungen im Bereich von 4 bis 5 Stunden als unzumutbar angesehen. Änderungen in größerem Umfang muss der Kunde nicht hinnehmen.

Wenn der Reiseveranstalter vor Reisebeginn eine unzumutbare Änderung vornimmt, kann der Kunde gemäß § 651g BGB vom Vertrag zurücktreten. Der Reiseveranstalter verliert dadurch den Anspruch auf Zahlung des Reisepreises. Bereits geleistete Zahlungen muss der Reiseveranstalter unverzüglich und spätestens innerhalb von 14 Tagen zurückerstatten. Zusätzlich kann der Kunde Schadensersatz gemäß § 651n BGB verlangen. Dies bedeutet, dass der Kunde eine Ersatzreise buchen kann und der ursprüngliche Reiseveranstalter die für die Ersatzreise anfallenden Mehrkosten erstatten muss. Wenn keine gleichartige Ersatzreise verfügbar ist, kommt auch eine andere Reise mit anderem Ziel in Betracht (OLG Köln, Urteil vom 19.07.2017 – 16 U 31/17).

Im Ergebnis lohnt sich also eine unzumutbare Änderung der Flugzeiten für den Reiseveranstalter nicht. Im Gegenteil – er muss Schadensersatz leisten. Anzunehmen ist jedoch, dass solche Fälle, wie bei schauinsland-reisen, deshalb vorkommen, weil Reiseveranstalter hoffen, dass betroffene Kunden sich gegen unverschämte Reiseänderungen nicht zur Wehr setzen. Deshalb empfehlen wir dringend, derartige Änderungen nicht zu akzeptieren. Der Reiseveranstalter sollte unverzüglich dazu aufgefordert werden, die ursprünglichen Flugzeiten wiederherzustellen oder zumindest dafür zu sorgen, dass sich Änderungen im zumutbaren Rahmen halten. Gleichzeitig sollte dem Reiseveranstalter eine angemessene Frist gesetzt werden und andernfalls der Rücktritt und Schadensersatz angedroht werden.

Wenn Sie ein ähnliches Problem haben, helfen wir Ihnen gerne und stehen für eine kostenlose Erstberatung zur Verfügung. Kosten für etwaige weitergehende Auseinandersetzungen mit dem Reiseveranstalter werden in der Regel von einer bestehenden Rechtsschutzversicherung gedeckt.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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