Fräse in Kieferhöhle verloren: 4.000 Euro

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Mit Vergleich vom 31.07.2018 hat sich ein Zahnarzt verpflichtet, an meinen Mandanten 4.000 Euro sowie die außergerichtlichen Anwaltsgebühren (2,0-Geschäftsgebühr) zu zahlen.

Der 1969 geborene Angestellte bemerkte beim Essen, dass ihm ein Backenzahn oben links (Zahn 27) durchgebrochen war. Der Zahn war nicht mehr erhaltungswürdig und musste extrahiert werden. Bei der Entfernung des Zahnes 27 musste der Zahnarzt die Wurzeln durchtrennen und die mediale Wurzel ausgraben. Dabei kam es zur Eröffnung der Kieferhöhle (Mund-Antrum-Verbindung).

Während des Fräsens der abgebrochenen Wurzel löste sich der Bohrer aus dem Bohrfutter des Arbeitsgerätes. Die Stuhlassistentin musste diesen aus dem Mund des Mandanten entfernen. Anschließend setzte sie den Bohrer wieder in das Gerät. Der Arzt bohrte die Wurzel weiter aus. Dabei löste sich der Bohrer erneut aus dem Bohrfutter und rutschte in die Kieferhöhle. Das wurde durch eine Übersichtsaufnahme (OPG) bestätigt. Die verlorene Fräse musste operativ durch einen Kieferchirurgen entfernt werden.

Ich hatte dem Zahnarzt vorgeworfen, grob fehlerhaft den Bohrer (Lindemann-Fräse) in der Kieferhöhle verloren zu haben. Bei Einsatz eines medizinischen Gerätes trägt der Arzt die Beweislast, dass die Schädigung des Patienten nicht auf einem eigenen organisatorischen Fehlverhalten oder auf einem Fehlverhalten des Personals beruht. Zahnärztliche Geräte seien so zu sichern, dass nicht die Gefahr eines Verschluckens oder sogar eines Einatmens bestehe. Der Bohrer habe sich bereits vorher erkennbar aus dem Gerät gelöst und sei in die Mundhöhle des Mandanten gefallen. Es sei klar gewesen, dass die Assistentin die Fräse nicht ordnungsgemäß befestigt habe. Auch beim zweiten Mal habe sich aufgrund fehlerhafter Befestigung der Bohrer gelöst und sei in die Kieferhöhle gerutscht.

Das Landgericht hatte ohne Beweisaufnahme folgenden Hinweis erteilt: Unzweifelhaft habe sich der Bohrer aus dem Instrument gelöst und sei in die Kieferhöhle des Mandanten gerutscht. Dabei handele es sich um ein sogenanntes "voll beherrschbares Risiko". Damit müsse der Zahnarzt die Fehler- und Verschuldensvermutung entkräften. Ein Arzt müsse Gefahren ausschließen, die aus der Organisation des Behandlungsbetriebes und aus dem technisch-apparativen Bereich entstehen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05.02.2013, AZ: 7 U 98/12, Rdn. 2, juris).

Der Kammer sei aus anderen Verfahren bekannt, dass das Verlustrisiko einer Fräse durch Sicht- und Zugprüfung praktisch auf null reduziert werden könne. Zwar könne ein Abbrechen des Bohrers nicht verhindert werden. Das werde allerdings vom Zahnarzt nicht behauptet. Bei der Höhe des Schmerzensgeldes sei zu berücksichtigen, dass der Bohrer in einem weiteren Eingriff unter Vollnarkose entfernt werden musste.

(Landgericht Dortmund, Vergleich vom 21.06.2018, AZ: 12 O 115/18)

Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht



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