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Frust durch Frist – Risiko „Ausschlussklausel“ sicher beherrschen

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Kennen Sie das? Sie stehen morgens um 08:30 Uhr beim Arbeitsgericht, weil ein Arbeitnehmer, den Sie gekündigt haben, eine Überstundenvergütung in Höhe von rund 70.000 € einklagt. Zwölf Jahre bestand das Arbeitsverhältnis und der Arbeitnehmer hat niemals irgendetwas von Überstunden erwähnt. Nun macht er die letzten drei Jahre rückwirkend angebliche Überstunden in vorgenannter Höhe geltend.

„Kann mir nicht passieren“ denken Sie sich jetzt, denn „ich habe Ausschlussklauseln von 3 Monaten in meinen Arbeitsverträgen vereinbart“. Richtig: In Arbeitsverträgen finden sich häufig sogenannte Ausschlussklauseln, die vorsehen, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nach Ablauf einer bestimmten Frist (oftmals drei Monate) verfallen (deshalb häufig auch als Verfallfristen bezeichnet), wenn nicht der Anspruchsteller seine Ansprüche vorher dem Anspruchsgegner gegenüber geltend gemacht hat.

Üblicherweise findet sich dann auch die Geltendmachung durch Schriftform in solchen Klauseln wieder. Schriftform bedeutet dabei tatsächlich ein Stück Papier mit einer Unterschrift darauf. Mit der Postkutsche muss es nicht mehr überbracht werden; die Übersendung durch die Deutsche Post reicht aus. Schriftform bedeutet dabei nicht Textform, wie beispielsweise E-Mail oder Telefax.

Solche Ausschlussfristen sind prinzipiell gerade für den Arbeitgeber wichtig, da sie ihm relativ zügig Rechtssicherheit verschaffen. Gerade bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen stellt man in der Praxis häufig fest, dass nochmals vielfältige Ansprüche durch den Arbeitnehmer geltend gemacht werden, gerade solche, die davor niemals geltend gemacht wurden, nun aber – aufgrund der Wäsche, die gewaschen werden soll – eingeklagt werden, wie im vorgenannten Eingangsbeispiel.

Das birgt für den Unternehmer oft ein beträchtliches finanzielles Risiko, da der Arbeitnehmer ohne Ausschlussfristen grundsätzlich bis zur Grenze der Verjährung von drei Jahren diese Ansprüche einklagen kann. Gut, wer hier wirksame Ausschlussfristen vereinbart hat.

Aber Vorsicht: Gerade was die Wirksamkeit solcher Ausschlussfristen anbelangt, kommen nun wegen einer neuen verbraucherschutzrechtlichen Vorschrift Zweifel auf. Mit Wirkung zum 1. Oktober 2016 wurde nämlich ein Paragraf im Bürgerlichen Gesetzbuch geändert. Nach diesem Paragrafen sind Vertragsklauseln unwirksam, die eine strengere Form als die Textform vereinbaren. Oder anders formuliert: Nunmehr darf in Standard-Arbeitsverträgen keine strengere Form als die Textform, somit keine Schriftform, vereinbart werden.

Welche Konsequenzen ergeben sich nun hieraus? Die Tatsache, dass in Ihrem Arbeitsvertrag unter Umständen eine Schriftform bei den Ausschlussfristen vereinbart ist, die nun nicht mehr gesetzlich vereinbart werden darf, führt dazu, dass die Ausschlussklausel insgesamt unwirksam ist. Dies hat zur Folge, dass Ansprüche des Arbeitnehmers wieder bis zur Grenze der Verjährung geltend gemacht werden können (also nicht drei Monate, sondern drei Jahre rückwirkend). Der Arbeitgeber selbst bleibt an die drei Monate gebunden. D. h. für seine Ansprüche gegenüber Arbeitnehmern muss er sich an der 3-Monats-Frist festhalten lassen.

Dies gilt für Ausschlussklauseln in Arbeitsverträgen, die ab dem 01. Oktober 2016 geschlossen wurden. Aber auch bei Altverträgen, die davor geschlossen wurden, ist Vorsicht geboten, denn Sie werden ja auch dieses Jahr ggf. wieder Änderungen oder Erweiterungen an bestehenden Verträgen vornehmen. Genau hier lauert die Gefahr. Im schlimmsten Falle übertragen Sie hierdurch das Risiko auch auf Ihre Altverträge.

Deshalb ist an dieser Stelle dringend anzuraten, in einem ersten Schritt Ihre bestehenden Arbeitsverträge zu prüfen, um auch für die Zukunft einen passgenauen und rechtssicheren Standard-Arbeitsvertrag zu gestalten.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet Arbeitsrecht

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