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Geburtsschaden – Fehler bei der Aufklärung vor einem Kaiserschnitt

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Etwa jedes dritte Kind in Deutschland kommt per Kaiserschnitt zur Welt. Obwohl die Geburt meist ein glückseliges Ereignis für die Eltern ist, kann es jedoch auch zu Geburtsschäden des Säuglings kommen. Diese können entstehen, wenn möglicherweise ärztliche Fehler bei der Aufklärung vor einem Kaiserschnitt passiert sind.

Die Frage ist, wie oft der behandelnde Arzt die werdende Mutter aufklären muss und ob ihr und dem Kind bei einem Behandlungsfehler Schadensersatzansprüche zustehen.

Verschiedene Gründe für einen Kaiserschnitt

Ein Kaiserschnitt kann das Leben von Mutter und Kind retten, wenn eine natürliche Geburt entweder zu gefährlich oder unmöglich ist. Eine sogenannte absolute Indikation, d. h. zwingende medizinische Gründe für einen Kaiserschnitt sind beispielsweise eine Querlage des ungeborenen Kindes, eine Sauerstoffunterversorgung des Kindes oder Beckenverformungen der Schwangeren.

Darüber hinaus kann auch eine sogenannte relative Indikation, d. h. rein medizinische Argumente für einen Kaiserschnitt, vorliegen, beispielsweise im Falle einer Mehrlingsgeburt oder einem bereits vorangegangenen Kaiserschnitt. Des Weiteren können auch ganz persönliche Gründe der werdenden Mutter vorherrschen, wie z. B. der Wunsch nach einem planbaren Geburtstermin. 

Aufklärungspflicht liegt beim Arzt – aber nicht zweimal

Kristallisiert sich während der Schwangerschaft heraus, dass es zu Komplikationen und somit zu einer Problemgeburt kommen könnte und es für die werdende Mutter keine andere Alternative als einen Kaiserschnitt gibt, steht der zuständige Arzt grundsätzlich in der Pflicht, die Schwangere über den Kaiserschnitt als Behandlungsalternative aufzuklären.

Wird die werdende Mutter jedoch erst darüber aufgeklärt, wenn das Kind nur noch durch einen sogenannten eiligen Kaiserschnitt auf die Welt gebracht werden kann, liegt im Grunde genommen ein Behandlungsfehler vonseiten des Arztes vor. Diese Tatsache geht aus einem veröffentlichten Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) von November 2018 hervor. Eine werdende Mutter gebar ihr Kind per eiligem Kaiserschnitt, die Aufklärung fiel jedoch aufgrund der Dringlichkeit nur knapp und nicht rechtzeitig aus – der Säugling erlitt im Zuge der Geburt eine schwere Hirnschädigung und leidet bis heute unter den Folgen der Geburt. Der BGH urteilte, die Mediziner hätten früher Aufklärung leisten müssen.

Der behandelnde Arzt muss aber die werdende Mutter nicht zweimal aufklären. Hat bereits frühzeitig ein ausführliches Gespräch über die verschiedenen Entbindungsmöglichkeiten und den damit verbundenen Risiken zwischen Mutter und Mediziner stattgefunden und tritt im Zuge der Geburt die für möglich gehaltene Entwicklung tatsächlich ein, muss die Frau nicht zum wiederholten Male aufgeklärt werden.

Schmerzensgeldansprüche für Mutter und Kind

Erleidet der Säugling einen Geburtsschaden, beispielsweise durch Sauerstoffmangel verursacht, oder werden sowohl Mutter als auch Kind beim Geburtsvorgang geschädigt, haben sie zum einen Anspruch auf Schmerzensgeld. Dieses wird entweder in Form einer Einmalzahlung oder einer Schmerzensgeldrente gewährt. Zum anderen können die Geschädigten Schadensersatz verlangen. Hierbei geht es vor allem um die Erstattung von Kosten, die beispielsweise durch den Bedarf an Medikamenten, einen erforderlichen behindertengerechten Umbau des Eigenheims, eine verminderte Erwerbsfähigkeit, eine eingeschränkte Haushaltsführung oder auch für notwendige Folgebehandlungen entstehen können. Darüber hinaus besteht für das Kind die Möglichkeit, die Zahlung einer Mehrbedarfsrente gemäß § 843 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für anfallende Betreuungs- und Pflegeleistungen zu fordern.

Damit die Geschädigten Schadensersatz bzw. Schmerzensgeld erhalten, muss das Gericht einen groben Behandlungsfehler vonseiten des Arztes oder der Hebamme feststellen. Ein solcher ist als grob einzustufen, wenn aus ärztlicher Sicht gegen bewährte Behandlungsregeln verstoßen wurde oder dem Arzt ein Fehler passiert ist, der weder verständlich ist noch schlichtweg nicht passieren darf. Beispiele sind u. a. Fehler bei der Diagnose und – im Falle eines Kaiserschnitts – bei der Aufklärung vor einem ärztlichen Eingriff.


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