Gefahren bei der Aktivierung einer stillgelegten GmbH oder einer Vorratsgesellschaft

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Das Problem: Eine still gelegte Gesellschaft wird reaktiviert. Die wirtschaftliche Reaktivierung wird aber gegenüber dem Registergericht nicht offenlegt. Dann gerät die Gesellschaft Jahre später in die Insolvenz. Der Insolvenzverwalter prüft und stellt die fehlende Offenlegung fest. Er nimmt die Gesellschafter für alle Verbindlichkeiten in Anspruch, die nach der Reaktivierung begründet und nicht erfüllt wurden. Diese Ansprüche waren meist unglaublich hoch.

Der BGH musste im März 2012 über die Reichweite der hier eingreifenden „Unterbilanzhaftung" entscheiden.

1. Der Bundesgerichtshof hat das Oberlandesgericht darin bestätigt, dass es sich bei der Aufnahme der Geschäfte mit geändertem Unternehmensgegenstand um eine wirtschaftliche Neugründung handelte.

2. Als wirtschaftliche Neugründung ist es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anzusehen, wenn die in einer GmbH verkörperte juristische Person als unternehmensloser Rechtsträger besteht und sodann mit einem Unternehmen ausgestattet wird.

3. Hierbei macht es keinen Unterschied, ob eine bewusst für eine spätere Verwendung „auf Vorrat" gegründete Gesellschaft aktiviert oder ob wie im entschiedenen Fall ein leer gewordener Gesellschaftsmantel wiederverwendet wird.

4. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haften im Falle einer wirtschaftlichen Neugründung die Gesellschafter für die Auffüllung des Gesellschaftsvermögens bis zur Höhe des in der Satzung ausgewiesenen Stammkapitals (Unterbilanzhaftung).

5. Außerdem ist die wirtschaftliche Neugründung gegenüber dem Registergericht offenzulegen.

6. Der Bundesgerichtshof ist der vertretenen Auffassung, dass die Gesellschafter einer zeitlich unbegrenzten Verlustdeckungshaftung unterliegen, nicht gefolgt.

7. Er hat vielmehr entschieden, dass es bei der Reaktivierung einer Gesellschaft für eine etwaige Unterbilanzhaftung darauf ankommt, ob im Zeitpunkt der wirtschaftlichen Neugründung eine Deckungslücke zwischen dem Vermögen der Gesellschaft und dem satzungsmäßigen Stammkapital bestanden hat.

8. Die Unterbilanzhaftung in derartigen Fällen ist daher auf den Stichtag begrenzt. Die Risiken sind damit wieder überschaubarer geworden.


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