Gekündigte Prämiensparverträge: Hohe Zinsnachzahlungen wegen unwirksamer Zinsanpassungsklauseln
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Zum Ärger vieler Sparer haben sich die Sparkassen in den letzten Jahren von gut verzinsten Prämiensparverträgen aus den 1990er Jahren getrennt und diese gekündigt. Wenngleich diese Kündigungen meist rechtens sind, so können viele Sparer dennoch durchschnittlich Zinsen in Höhe von 4.000,00 EUR für die gesamte Vertragslaufzeit nachfordern. Denn die Bankinstitute haben keine oder unwirksame Zinsanpassungsklausel verwendet, wie etwa das Oberlandesgericht Dresden in einem Musterfeststellungsverfahren entschied.
Fehlerhafte Klauseln in fast allen Prämiensparverträgen
Vor allem Sparkassen und Volksbanken haben in den 1990er- und 2000er-Jahren langlaufende Sparverträge, meist vom Typ „S-Prämiensparen flexibel“, „VR-Zukunft“ oder „Bonusplan“, in großem Umfang verkauft. Die strittigen Sparverträge haben in der Regel eine steigende Bonuszahlung sowie einen variablen Grundzins mit dem das jährliche Guthaben verzinst wird. Der Grundzins ist dabei an einen Referenzzins gebunden, der die Marktentwicklung widerspiegelt. Der Bundesgerichtshof hat solche Vertragsklauseln in mehreren Verfahren für unzulässig erklärt (vgl. etwa Az. XI ZR 361/01; Az. XI ZR 140/03; Az. XI ZR 52/08; Az. XI ZR 197/09). Zuletzt urteilte der BGH im März 2017 (XI ZR 508/15): Die entsprechende Klausel einer Sparkasse sei nicht wirksam, da Verbraucher nicht nachvollziehen können, wie sich die Zinsen ändern. Es bestehe die Gefahr, dass die Sparkasse die Zinsen im Vertragsverlauf nur zum eigenen Vorteil ändert.
Nach der Rechtsprechung des BGH sind im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung daher die in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssätze für Spareinlagen mit einer ähnlichen Laufzeit, wie der des jeweiligen Sparvertrages, zugrunde zu legen. Das bedeutet: Die Verbraucher können Zinsnachzahlungen verlangen!
Dies hat das Oberlandesgericht Dresden in einer Musterfeststellungsklage am 20. April 2020 auch für Prämiensparverträge bestätigt und die verwendeten Zinsanpassungsklausen für unwirksam gehalten. Dem folgte offenbar das Landgericht Dresden, welches am 24.09.2020 (Az. 9 O 2203/19) eine Sparkasse zur Zahlung von fast 11.000,00 EUR verurteilt hatte. Weitere Gerichte halten die Berechnungen der Sparkassen und die verwendeten Referenzzinssätze für fehlerhaft, so dass die Erfolgsaussichten der Verbraucher steigen.
Die Bankinstitute weigern sich zu Unrecht
In der Praxis zeigen sich nur wenige Kreissparkassen vergleichsbereit, während sich die Mehrheit der Bankinstitute einer außergerichtlichen Lösung verschließt und die Sparer vertröstet. So auch die Sparkasse Osnabrück, welche nicht bestreitet, unwirksame Zinsanpassungsklausel zum Nachteil ihrer Kunden verwendet zu haben. Gleichwohl weigert sich die Sparkasse Osnabrück eine neue Berechnung vorzunehmen, da ihr dies nicht rechtssicher möglich sei und bittet die Kunden, denen die Sparkasse Osnabrück gerade erst die Prämiensparverträge gekündigt hat, aufgrund der langjährigen Geschäftsbeziehung auf ein nicht absehbares Urteil des Bundesgerichtshofes zu warten. Warum den gerade gekündigten Sparern ein weiteres Abwarten zumutbar sein soll, erschließt sich nicht. Die Sparkasse erhofft sich von diesem Vorgehen offensichtlich, dass diejenigen Sparer, die sich bereits an sie gewandt haben, entmutigt werden.
Bis zu einem Urteil des Bundesgerichtshofes kann noch ein langer Zeitraum verstreichen, so dass Sparer von sich aus aktiv werden sollten. Denn vor Gericht berufen sich die Bankinstitute trotz allem darauf, die geltend gemachten Ansprüche könnten verwirkt oder verjährt sein.
Keine Verjährung
Dem haben die Dresdener Richter allerdings bereits widersprochen und stellten klar, dass die Verjährungsfrist für die Ansprüche auf Zinsnachzahlung erst mit Beendigung des Sparvertrags beginne. Die Ansprüche sind somit in der Regel noch nicht verjährt. Die Zinsen konnten so bis zurück ins Jahr 1994 neu berechnet werden.
Auch das Landgericht München I entschied, dass Ansprüche auf ergänzende Auszahlung von Verzinsung nicht verjährt seien, sondern erst drei Jahre nach Eintritt der Beendigung durch die Kündigung eintrete.
Was können Sparer jetzt tun?
Die Kunden der betroffenen Banken sollten nicht darauf vertrauen, dass diese Institute nun von sich aus und ohne Aufforderung die Zinsen zugunsten der Kunden neu berechnen. Vielmehr sollten derartige Korrekturberechnungen von einem Sachverständigen vorgenommen und die Bank zur Erstattung aufgefordert werden.
Weigert sich die Bank weiterhin, so könnte die Forderung angesichts der positiven Rechtsprechung zugunsten der Verbraucher mit Hilfe eines spezialisierten Rechtsanwaltes gerichtlich geltend gemacht werden.
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