Geschäftsfähigkeit: Gutachter schlägt Notar-Aussage

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Ein Mann machte gegen seinen Halbbruder, der den gemeinsamen Vater allein beerbt hatte, Pflichtteilsansprüche geltend. Dieser verweigerte die Zahlung und verwies auf einen notariellen Vertrag, in dem der Mann auf sein gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht verzichtet hatte. Der enterbte Sohn verwies auf einen zehn Jahre später abgeschlossenen notariellen Aufhebungsvertrag. Der beurkundende Notar hatte darin vermerkt, dass er sich von der Geschäftsfähigkeit des Erblassers überzeugt hätte. Der Halbbruder führte jedoch an, dass der Vater schon damals dement war und keinen wirksamen Vertrag mehr abschließen konnte.

 Geschäftsunfähigkeit bei fortschreitender Demenz 

Geschäftsunfähig ist, wer über einen länger andauernden Zeitraum hinweg zu freien Entscheidungen nach Abwägung des Für und Wider aufgrund einer sachlichen Prüfung der in Betracht kommenden Gesichtspunkte wegen krankhafter Geistesstörung oder Geistesschwäche nicht mehr in der Lage ist. Eine solche krankhafte Störung kann bei einer fortschreitenden Demenz vorliegen. Im gerichtlichen Verfahren wurde ein Gutachter beauftragt, der eine fortschreitende Demenz und Geschäftsunfähigkeit attestierte. Dies genügte den Richtern des Oberlandesgerichts Hamm (Az: 10 U 5/20). Eine Vernehmung des beurkundenden Notars sahen sie nicht für erforderlich an. Nach Ansicht der Richter bringt ein Notar allenfalls eine gewissen Berufserfahrung bei der Feststellung der Geschäftsfähigkeit mit. Als Jurist verfügt er jedoch nicht über das notwendige medizinische Fachwissen, um das Ausmaß einer Demenzerkrankung und die noch vorhandene Geschäftsfähigkeit einschätzen zu können.


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