Geschäftsführer-Haftung: Wann greift die D&O-Versicherung wirklich?
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Als Geschäftsführer oder Vorstand tragen Sie eine immense Verantwortung. Ihre täglichen Entscheidungen können über den Erfolg oder Misserfolg des gesamten Unternehmens bestimmen. Fehler sind menschlich, doch die finanziellen Konsequenzen können für Manager gravierend sein: Im Ernstfall haften Sie unter Umständen persönlich und unbeschränkt mit Ihrem Privatvermögen für Pflichtverletzungen. Die Directors-and-Officers-Versicherung (D&O-Versicherung) soll hier als wichtiges Schutzschild dienen. Aber Vorsicht: Sie ist kein Freifahrtschein und bietet keinen automatischen Schutz in jeder Situation.
Stolpersteine: Warum die D&O-Versicherung nicht immer zahlt
Auch wenn eine D&O-Police besteht, kann es im Schadensfall zu Auseinandersetzungen mit dem Versicherer kommen. Die Erfahrung zeigt typische Streitpunkte, die den Versicherungsschutz gefährden können:
- Wissentlichkeit / Vorsatz: Ein häufiger Einwand der Versicherer ist, die Pflichtverletzung sei wissentlich oder gar vorsätzlich begangen worden. Solche Fälle sind in der Regel vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Die Abgrenzung zur (versicherten) Fahrlässigkeit ist in der Praxis oft komplex und streitanfällig.
- Unzureichende Deckungssumme: Es kommt vor, dass die im Raum stehenden Schadensersatzforderungen die im Versicherungsvertrag vereinbarte Deckungssumme übersteigen. Dies kann zu erheblichen Deckungslücken führen.
- Ausschlüsse in der Police: Viele D&O-Policen enthalten spezifische Ausschlusstatbestände. Beispiele hierfür sind Bußgelder, Strafen oder bestimmte Arten von Compliance-Verstößen, wie etwa im Kartellrecht oder bei Korruptionsdelikten.
- Verspätete Meldung: Ansprüche gegen Manager oder die Einleitung von behördlichen Ermittlungen müssen dem D&O-Versicherer oft sehr zeitnah gemeldet werden. Werden diese Obliegenheiten verletzt, kann dies den Versicherungsschutz gefährden oder sogar zum vollständigen Verlust führen.
- Unklare Pflichtverletzung: Der Versicherer bestreitet mitunter, dass überhaupt eine versicherte Pflichtverletzung des Managers vorliegt, die den Versicherungsfall auslösen würde.
- Probleme bei der "Trennung": Insbesondere wenn Unternehmen und Manager im Haftungsfall unterschiedliche Interessen verfolgen (z.B. wenn das Unternehmen den Manager in Regress nimmt), kann die Koordination mit dem Versicherer und die Wahrung der jeweiligen Interessen sehr komplex werden.
Was Manager und Unternehmen tun können – Prävention und Reaktion
Um das Risiko von Deckungslücken zu minimieren und im Ernstfall handlungsfähig zu bleiben, empfehlen wir folgende Maßnahmen:
- Vorausschauende Auswahl der Police:
- Bedarfsgerechte Deckung: Achten Sie auf eine ausreichende Versicherungssumme, die den potenziellen Risiken Ihres Unternehmens und Ihrer Tätigkeit angemessen ist. Ein möglichst weiter Deckungsumfang ist anzustreben.
- Ausschlüsse prüfen: Verstehen Sie genau, welche Risiken nicht gedeckt sind. Klären Sie, ob spezielle Zusatzbausteine (z.B. für Cyber-Risiken, ESG-Pflichten oder bei Börsengängen) für Ihr Unternehmen sinnvoll und notwendig sind.
- Meldepflichten kennen: Machen Sie sich und die relevanten Personen im Unternehmen mit den Fristen und Formalitäten für die Schadensmeldung vertraut, die in den Versicherungsbedingungen festgelegt sind.
- Richtiges Verhalten im (potenziellen) Schadensfall:
- Sofortige Meldung: Informieren Sie den D&O-Versicherer unverzüglich, sobald ein Anspruch gegen einen Manager erhoben wird oder Umstände bekannt werden, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Inanspruchnahme führen könnten (sog. "circumstance notification").
- Keine voreiligen Zugeständnisse: Treffen Sie keine Vereinbarungen, geben Sie keine Schuldanerkenntnisse ab oder leisten Sie Zahlungen ohne vorherige Abstimmung und ausdrückliche Zustimmung des Versicherers.
- Rechtsrat einholen: Ziehen Sie frühzeitig spezialisierte Anwälte hinzu. Diese können die Kommunikation mit dem Versicherer professionell führen, die komplexe Deckungsfrage fundiert prüfen und Ihre Verteidigungsstrategie optimal koordinieren.
Die rechtliche Perspektive: Komplexität erfordert Expertise
D&O-Versicherungsfälle sind juristisch anspruchsvoll. Sie erfordern umfassende Expertise im Gesellschaftsrecht (zur Beurteilung, ob überhaupt eine Pflichtverletzung vorliegt), im Versicherungsrecht (zur Klärung, ob diese Pflichtverletzung vom Versicherungsschutz gedeckt ist) und oft auch im Prozessrecht, wenn es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kommt. Die genaue Analyse der jeweiligen D&O-Police und des zugrundeliegenden Sachverhalts ist entscheidend für den Erfolg.
Als erfahrene Kanzlei im Versicherungs- und Gesellschaftsrecht unterstützen wir Unternehmen und Manager sowohl bei der sorgfältigen Auswahl und Gestaltung geeigneter D&O-Policen als auch bei der konsequenten Vertretung Ihrer Interessen, wenn es zum Streit mit dem Versicherer über die Deckung kommt.
Werden Sie als Manager in Anspruch genommen oder droht ein Haftungsfall? Hat Ihr Unternehmen Probleme mit der D&O-Deckung?
Zögern Sie nicht und kontaktieren Sie uns frühzeitig. Wir prüfen Ihre Situation detailliert und besprechen die nächsten Schritte mit Ihnen.
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