Geschwindigkeitsmessung – Folgen der Nichteinhaltung der Bedienungsanleitung

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Die Polizei hat vor dem Gebrauch eines Geschwindigkeitsmessgerätes dessen Gebrauchsanweisung aufmerksam zu lesen und die vom Hersteller darin vorgegebenen Bedienungsanweisungen genauestens zu berücksichtigen. Ansonsten besteht die Vermutung einer fehlerhaften Messung.

Das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg erklärte in seinem Beschluss vom 3.9.2015, dass die Polizei sich bei der Durchführung der Geschwindigkeitsmessung zwingend an die Gebrauchsanweisung des Herstellers des jeweils verwendeten Messgerätes zu halten hat. Weicht die Polizei auch nur geringfügig von den Vorgaben der Gebrauchsanweisung ab, so handele es sich nicht mehr um ein bundesweit einheitlich anerkanntes, also um ein sog. standardisiertes Messverfahren, sondern vielmehr um ein individuelles Verfahren, welches nicht mehr die Vermutung der Richtigkeit und der Genauigkeit für sich in Anspruch nehmen kann.

Mit anderen Worten, der fehlerhafte Gebrauch legt einen Messfehler nahe, sodass das Gericht, wenn es die Verurteilung auf die Messergebnisse stützen will, die Richtigkeit der Messergebnisse individuell prüfen muss.

Dem ganzen lag folgender Fall zu Grunde:

Ein Autofahrer wurde vom Amtsgericht wegen des Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 41 km/h zu einer Geldbuße von 160 € verurteilt und zugleich wurde ihm gegenüber ein Fahrverbot angeordnet. Hiergegen legte der betroffene Autofahrer Beschwerde ein und begründete diese damit, dass die Voraussetzungen für eine korrekte Messung nicht vorgelegen haben sollen und dass die diesbezüglichen Bedenken eines Sachverständigen (Diplomphysiker) nicht gewürdigt worden seien.

Obwohl der Sachverständige festgestellt hatte, dass der Standortbereich des Messfahrzeugs teilweise bis etwa 10 Prozent zur Seite geneigt war, stand zur Überzeugung des Amtsgerichts fest, dass der Betroffene die ermittelte Geschwindigkeit von 115 km/h gefahren sei, da der Sachverständige in technischer Hinsicht keine Fehlfunktion der Anlage nachweisen konnte. Die Aufstellung des Fahrzeuges sei juristisch noch zu tolerieren gewesen.

Dieser Auffassung folgte das OLG Naumburg nicht. Das Amtsgericht hätte aufgrund dieser Feststellungen nicht mehr von einem standardisierten Messverfahren ausgehen können. Die Einhaltung der Gebrauchsanweisung des Geräteherstellers sei in dem Sinne verbindlich, dass nur durch sie ein standardisiertes und bundesweit einheitliches Messverfahren sichergestellt werde. Komme es zu Abweichungen von der Gebrauchsanweisung, so handele es sich nicht mehr um solch ein standardisiertes, sondern um ein individuelles Messverfahren, das nicht mehr die Vermutung der Richtigkeit und der Genauigkeit für sich in Anspruch nehmen könne (so auch OLG Düsseldorf in seinem Beschluss vom 12.10.2011 zu Az.: IV – 4 RBs 170/11).

Daraus ergeben sich konkrete Anhaltspunkte für die Verteidigung, weil das Gericht in einem solchen Fall nur verurteilen darf, wenn es die Messung individuell geprüft hat. Eine solche Überprüfung sei in der Regel ohne die Hinzuziehung eines Sachverständigen für Messtechnik nicht möglich. In dem zu Grunde liegenden Fall sei zwar ein Sachverständiger (Diplomphysiker) zu Rate gezogen worden, es fehlte jedoch an der entsprechenden Feststellung über das erforderliche spezielle Fachwissen. Zudem sei die Feststellung im Urteil, dass der Sachverständige letztlich aus technischer Sicht keine Fehlfunktion der Anlage nachweisen konnte, nicht gleichzusetzen mit der Feststellung, dass die Messung trotz des Verstoßes gegen die Bedienungsanleitung korrekt erfolgt sei.

OLG Naumburg, Beschluss vom 03.09.2015, 2 Ws 174/15, zfs 2016, 321

Rechtsanwalt Daniel Krug in Zusammenarbeit mit Rechtsreferendar Marcus Bolik  


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