Globalzession oder verlängerter Eigentumsvorbehalt? Welches Sicherungsrecht ist stärker, wenn beide aufeinandertreffen?

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Einführung 

In der Welt des Handels und der Unternehmensfinanzierung spielen Sicherungsrechte eine zentrale Rolle. 

Zwei gängige (Haupt)Formen solcher Sicherungsrechte sind die Globalabtretung und der verlängerte Eigentumsvorbehalt. Während die Globalabtretung eine umfassende Abtretung aller gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen eines Unternehmens an einen Gläubiger, meist eine Bank, darstellt, sichert der verlängerte Eigentumsvorbehalt die Interessen eines Lieferanten, indem das Eigentum an gelieferten Waren bis zur vollständigen Bezahlung vorbehalten bleibt und die Forderungen aus dem Weiterverkauf dieser Waren im Voraus an den Lieferanten abgetreten werden. 

Diese beiden Sicherungsrechte können jedoch in Konflikt geraten, wenn dieselben Forderungen betroffen sind, was zu rechtlichen Auseinandersetzungen und Problemkonstellationen in der Praxis führen kann.

Grund genug, zumindest im Ansatz diese beiden Rechte, und ein Aufeinandertreffen dieser Rechte, zu betrachten.


Globalabtretung (Globalzession)

Die Globalabtretung ist eine Form der Sicherungsabtretung, bei der ein Schuldner (meist ein Unternehmen) seine gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen an einen Gläubiger (oft eine Bank) abtritt. Dies geschieht in der Regel zur Sicherung eines Kredits. Die Globalzession umfasst typischerweise alle Forderungen gegenüber einer Vielzahl von Drittschuldnern und ist damit ein umfassendes Sicherungsmittel.


Verlängerter Eigentumsvorbehalt

Beim verlängerten Eigentumsvorbehalt behält sich der Verkäufer das Eigentum an der verkauften Ware vor, bis der vollständige Kaufpreis bezahlt ist. Zusätzlich wird vereinbart, dass alle Forderungen aus dem Weiterverkauf der Ware bereits im Voraus an den ursprünglichen Verkäufer abgetreten werden. Dies dient dazu, den Verkäufer abzusichern, falls der Käufer die Ware weiterverkauft, bevor er sie vollständig bezahlt hat.


Kollision zwischen Globalabtretung und verlängertem Eigentumsvorbehalt

Wenn eine Globalabtretung und ein verlängerter Eigentumsvorbehalt aufeinandertreffen, entsteht ein Konflikt, da beide Sicherungsrechte Anspruch auf dieselben Forderungen erheben können. Die deutsche Rechtsprechung hat in solchen Fällen oft zugunsten des verlängerten Eigentumsvorbehalts entschieden. Der Grund dafür liegt in der sogenannten "Prioritätstheorie", nach der das zuerst begründete Recht Vorrang hat. Da der verlängerte Eigentumsvorbehalt in der Regel früher entsteht (nämlich mit dem Weiterverkauf der Ware), wird er oft als stärker angesehen.


Rechtsprechung zur Unwirksamkeit der Globalzession

Die Rechtsprechung hat schon im Jahr 1999 entschieden, dass eine Globalzession unwirksam wird, wenn sie mit einem verlängerten Eigentumsvorbehalt kollidiert. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Globalzession so umfassend ist, dass sie praktisch alle Forderungen des Schuldners abdeckt und damit die Interessen des Verkäufers unter dem verlängerten Eigentumsvorbehalt unangemessen beeinträchtigt.

Das relevante Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in Bezug auf die Kollision zwischen Globalabtretung und verlängertem Eigentumsvorbehalt ist das Urteil vom 21. April 1999 mit dem Aktenzeichen VIII ZR 128/98. Konkret wude in diesem Urteil festgestellt, dass eine Globalzession künftiger Kundenforderungen an einen Warenlieferanten sittenwidrig und damit nichtig ist, wenn sie keine Teilverzichtsklausel für Forderungen aus verlängertem Eigentumsvorbehalt weiterer Lieferanten enthält.


Beispiel für entsprechende Vertragsklauseln

Eine Vertragsklausel, die den verlängerten Eigentumsvorbehalt im Falle einer Kollision nicht unwirksam werden lässt, könnte folgendermaßen formuliert sein:

"Im Falle des Weiterverkaufs der unter Eigentumsvorbehalt stehenden Ware tritt der Käufer hiermit die aus dem Weiterverkauf entstehenden Forderungen gegenüber seinen Kunden an den Verkäufer ab. Diese Abtretung gilt vorrangig vor allen anderen Abtretungen, insbesondere vor Globalabtretungen an Dritte. Der Verkäufer nimmt diese Abtretung an."

Diese Klausel stellt sicher, dass die Rechte aus dem verlängerten Eigentumsvorbehalt Vorrang vor einer Globalzession haben und somit im Falle einer Kollision bestehen bleiben.

Im Gegenzug muss für die Erhaltung der Globalzession beispielsweise folgende Formulierung in den AGB stehen: 

"Falls an die Bank eine Forderung abgetreten ist, die von einem Lieferanten des Sicherungsgebers als Grund eines branchenüblichen verlängerten Eigentumsvorbehalts gegenwärtig oder zukünftig berechtigterweise in Anspruch genommen werden kann, soll die Abtretung mit Erlöschen des verlängerten Eigentumsvorbehalts wirksam werden."


Fazit

Das Zusammentreffen von Globalabtretung und verlängertem Eigentumsvorbehalt stellt ein komplexes rechtliches Problem dar, das in der deutschen Rechtsprechung besondere Beachtung gefunden hat. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Grundsatzurteil vom 21. April 1999 (VIII ZR 128/98) klargestellt, dass eine Globalzession künftiger Kundenforderungen an einen Warenlieferanten sittenwidrig und damit nichtig sein kann, wenn sie keine Teilverzichtsklausel für Forderungen aus verlängertem Eigentumsvorbehalt weiterer Lieferanten enthält. Dieses Urteil unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Vertragsgestaltung und die Bedeutung des Vorrangs des verlängerten Eigentumsvorbehalts in der Kollision mit Globalabtretungen. Es zeigt auf, dass bei der Gestaltung von Sicherungsrechten die möglichen Überschneidungen und Konflikte zwischen verschiedenen Rechten berücksichtigt werden müssen, um rechtliche Klarheit zu schaffen und die Interessen aller beteiligten Parteien angemessen zu schützen.



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 

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