Google Inc. und der Aktiensplit - Pflichtverletzung Depotbanken?

  • 3 Minuten Lesezeit

Worum geht es?

Wir haben vor einiger Zeit über den Aktiensplit berichtet und die steuerliche Behandlung durch die Depotbanken. Wie wir uns erinnern, haben die Depotbanken auf die neu gebildeten Aktien Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag erhoben. Google hatte damalig die vorhandenen Aktien jedes Aktionärs im Verhältnis 1:2 aufgeteilt und die neu gebildeten Aktien erhielten eine neue ISIN, verbunden mit einer neuen Gattungsqualität, denn die Aktionäre haben für diese Aktien kein Stimmrecht mehr.

Der Aktiensplit galt bildlich gesprochen einem Wechsel von Geldscheinen; hatte der Aktionär vorher einen 1.000,00 €-Schein, erhielt er nach dem Split zwei 500,00 €-Scheine. Im vorauseilendem Gehorsam belasteten die Banken ihren Kunden auf die so neu gebildeten Aktien Kapitalertragsteuer i.H.v. 25 %, zzgl. 5,5 % Solidaritätszuschlag.

Die Steuer wurde damalig abgeführt an das Betriebsstättenfinanzamt der Banken und die Aktionäre konnten sehen, wo sie bleiben, bildlich gesprochen.

Aktionäre die sich an das Betriebsstättenfinanzamt wandten, die der Erhebung der Steuer widersprachen und eine Rückbuchung verlangten, wurden durch einen langen zeitlichen Bearbeitungszeitraum im Jahr 2015 darauf verwiesen, daß sie die zuviel erhobene Kapitalertragsteuer im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung zurückverlangen sollen oder teilweise wurden die Einsprüche als erledigt betrachtet, nach einem weiteren BMF-Schreiben aus dem Mai 2015.

Wie wird derzeit verfahren?

Nach dem BMF-Schreiben vom 08.07.2015-IV C 1-S 225209/10004 bestätigt die Finanzbehörde, daß es sich in dem Fall Google Inc. um eine steuerneutrale Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln handelt und daß der ursprüngliche Steuerabzug durch die Kreditinstitute zu korrigieren sei. Die Korrektur soll erfolgen im Wege einer so genannten Deltakorrektur.

Deltakorrektur bedeutet jedoch nichts anderes, als daß die Banken die Abrechnungen aus dem Jahr 2014 im Jahr 2015 stornieren und neu abrechnen und daß das verbleibende Delta (negativer Kapitalertrag) in einen Verlustverrechnungstopf gebucht wird. Die Aktionäre haben dann, wenn sie mit weiteren Aktienverkäufen beispielsweise Gewinne erzielen, die Möglichkeit diese mit den Verlusten zu verrechnen.

Beseitigt dieses den Aktionären entstandenen Schaden?

Wir meinen Nein. Dieses BMF-Schreiben dient de jure nur dazu, die Finanzämter von der Rückzahlung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer, zuzüglich Solidaritätszuschlag, zu entbinden. Unseres Erachtens beseitigt jedoch die Deltakorrektur nicht die fehlerhaft und zu Unrecht, durch die Depotbanken abgeführte Kapitalertragsteuer, bzw. führt nicht zu einer Rückerstattung. Wenn ein Aktionär beispielsweise seine Aktiengeschäfte im Jahr 2015 aufgibt oder in den nachfolgenden Jahren – aufgrund der Kapitalmarktentwicklung – nicht entsprechende Gewinne erwirtschaftet oder bereits einen Verlustverrechnungstopf hat, nützen ihm die eingebuchten Verluste in dem Verlustverrechnungstopf gar nichts.

Wo setzt man an?

Unseres Erachtens sollte eine Inanspruchnahme der Depotbanken auf Schadensersatz geprüft werden. Jeder Aktionär/Anleger hat mit der depotführenden Bank einen Depotvertrag abgeschlossen. Aus diesem Depotvertrag ergeben sich Rechte und Pflichten. Für die Depotbank ergibt sich die Pflicht zur Verwaltung und Verwahrung. Beide Pflichten stehen gleichwertig nebeneinander.

Die Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte regeln zwar an mehreren Stellen, daß die Bank ihre Überwachungs- und Verwaltungspflichten anhand der Wertpapiermitteilungen zu erfüllen hat. Grundsätzlich bleibt es jedoch dabei, daß die Bank, die sich anhand der Wertpapiermitteilungen informiert, nicht von der Haftung gemäß § 19 Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte freisprechen bzw. exkulpieren kann.

Auch gehört die Abführung von Kapitalertragsteuer nicht zu den gesetzlich begründeten Verwaltungspflichten aus dem Depotvertrag. Selbst wenn die Wertpapiermitteilungen (WM-Datenbank) eine neue ISIN für die neugebildeten Gattungen/Aktien vergeben hat, folgt daraus nicht automatisch eine Steuerbarkeit des Vorgangs mit der Folge, daß Kapitalertragsteuer im vorauseilendem Gehorsam durch die Depotbanken abgeführt werden kann.

Wir gehen davon aus, daß die Depotbanken bei ordnungsgemäßer Erfüllung ihres Depotvertrages und Anwendung der erforderlichen kaufmännischen Sorgfalt hätten erkennen können, daß der Aktiensplitt nicht dazu führt, daß ein zu versteuernder Gewinn im Sinne von § 20 Abs. 2 EStG entsteht. Darüber hinaus gibt es Rechtsprechung, die in Analogie für einen Spin-Off gleichfalls die Erhebung von Kapitalertragsteuer verneint.

Für die Banken war aus den für sie öffentlich zugänglichen Quellen (Homepage Google) erkennbar, daß das Eigenkapital der Gesellschaft durch den Aktiensplit unverändert blieb und Google selbst diese Maßnahme auch nicht als Kapitalerhöhung deklarierte.

Sollten Sie rechtsschutzversichert sein, prüfen wir gern für Sie, ob die Rechtsschutzversicherung die Inanspruchnahme der Depotbank auf Schadensersatz, gemäß § 280 ff. BGB übernimmt.

Sie haben Fragen?

Gern sind wir für Sie da.

Anwaltskanzlei Bontschev

Rechtsanwältin Kerstin Bontschev

Fachanwältin für Steuerrecht

Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Kerstin Bontschev

Beiträge zum Thema