Grober Fehler bei Schulter-OP: 8000 Euro Schmerzensgeld

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Mit Urteil vom 18.02.2014 hat das OLG Hamm einen Chefarzt eines Krankenhauses in Wickede-Wimbern verpflichtet, an meinen Mandanten ein Schmerzensgeld in Höhe von 8.000 Euro zu zahlen. Ebenso muss der Chirurg sämtliche Zukunftsschäden ersetzen.

Der am 03.03.1989 geborene Auszubildende fiel im Mai 2010 beim Fußballspielen auf die linke Schulter und zog sich dadurch eine Verletzung des linken Schultereckgelenkes zu. Bei der Aufnahmeuntersuchung zeigte sich ein Hochstand des äußeren Schlüsselbeinendes. Am 02.05.2010 setzte der Operateur eine Schraube mit Metallunterlegscheibe vom Schlüsselbein in die Basis des Rabenschnabelfortsatzes des Schulterblattes (Coracoid). Eine Kontrolle der richtigen Lage der Schraube führte er während der Operation nicht durch. Einen Tag später wurde eine Röntgenkontrollaufnahme gefertigt, welche zeigte, dass die Schraube fehlerhaft eingebracht worden war. Eine ärztliche Reaktion erfolgte nicht. Am 07.05.2010 sollte der Mandant aus der stationären Behandlung entlassen werden. Beim Abholen aus dem Krankenhaus riss die Schraube aus. Der Hobby-Fußballer musste in einem anderen Krankenhaus am 20.05.2010 erneut operiert werden.

Der Senat in Hamm hat das klageabweisende Urteil des Landgerichtes Arnsberg abgeändert. Die Berufung sei begründet. Entgegen der Auffassung des Landgerichtes sprach er dem Kläger ein Schmerzensgeld sowie die Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz materieller und weiterer nicht vorhersehbarer immaterieller Schäden zu. Nach den Ausführungen des Sachverständigen läge ein grober Befunderhebungsfehler vor. Der Sachverständige hatte bei seiner erneuten Anhörung bestätigt, dass sich auf dem postoperativen Röntgenbild bereits ein fehlerhafter Schraubensitz gezeigt hätte. Das Gewinde der Schraube habe zu nah am Schulter-Gelenk gelegen. Eine solche Lage hätte man nicht tolerieren dürfen, insbesondere nicht bei einem jungen Menschen. Der Positionsfehler, der bei der Bohrung zunächst auch einem erfahrenen Chirurgen passieren könne, sei zu vermeiden gewesen. Der Operateur hätte intraoperativ eine notwendige Überprüfung durch eine Bildgebung in zwei Ebenen vornehmen müssen. Diese sei nicht erfolgt. Die vorgenommene Bildgebung sei nicht geeignet gewesen. Sie bilde keine zwei Ebenen ab. Vielmehr habe es sich lediglich um zwei Aufnahmen aus zwei unterschiedlichen Winkeln gehandelt, die zu dicht beieinander lagen.

Es sei mehr als mutig und stelle eine reine Selbstüberschätzung dar, wenn ein Operateur sich lediglich auf seine eigenen Augen und seine Erfahrung verlasse und auf eine ordnungsgemäße Überprüfung des Schraubensitzes verzichte. Die ordnungsgemäße Überprüfung hätte umgehend dazu geführt, entweder eine erneute Bohrung vorzunehmen oder auf ein anderes operatives Verfahren der Verletzung umzuschwenken. Der Sachverständige konnte nicht ausschließen, dass dem Mandanten eine erneute Operation erspart worden wäre. Er hat dies vielmehr als durchaus vorhandene Chance gesehen, was beim groben Behandlungsfehler für eine Haftung aufgrund der Umkehr der Beweislast beim Kausalitätsnachweis ausreichend sei.

Der Senat hielt den Betrag von 8.000 Euro für das Erleiden der Revisionsoperation angemessen, zumal es sich um einen jungen und sportlichen Mann handele, dessen Genesung durch den Ausriss der Schraube und die Zweitoperation verzögert worden sei. Angesichts des Behandlungsfehlers und des Umstandes, dass weitergehende Schäden bei einem Gesundheitsschaden niemals ausgeschlossen seien, wäre auch der Feststellungsantrag zulässig und begründet.

(OLG Hamm, Urteil vom 18.02.2014, AZ: I-26 U 152/13)

Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht


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