Gutachten bei Restwertermittlung entscheidend - Geschädigter muss nicht auf Angebot des Schädigers warten

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Nutzt ein Geschädigter sein Fahrzeug im Falle eines Totalschadens nach einer Reparatur weiter, muss er sich lediglich den von seinem Sachverständigen angesetzten Restwert anrechnen lassen. Das entschied das Amtsgericht (AG) München in einem Urteil vom 24. Januar 2014 (AZ: 345 C 26345/13).

Im vorliegenden Fall hatte der Kläger sein Fahrzeug nach einem Totalschaden repariert und weitergenutzt. Ein von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten ermittelte einen Restwert in Höhe von 300 Euro, auf dessen Basis er Schadenersatzansprüche gegen die Schädigerin geltend machte. Die Beklagte unterbreitete daraufhin ein Restwertangebot in Höhe von 1.430 Euro.

Der Kläger bestand darauf, den niedrigeren Restwert, den der von ihm beauftragte Sachverständige vorgeschlagen hatte, abzuziehen. Das Gericht gab ihm vollumfänglich Recht.

Die Urteilsbegründung

Das AG München urteilte, dass der vom Kläger beauftragte Gutachter den Restwert ordnungsgemäß auf dem allgemeinen Markt auf der Grundlage von drei Angeboten ermittelt hatte. Dem Geschädigten verbleibt im Rahmen der Schadenminderungspflicht nur dann ein Risiko, wenn er den Restwert ohne hinreichende Absicherung durch ein eigenes Gutachten realisiert und der Erlös sich später als zu niedrig erweist.

Das Gutachten lieferte für den Kläger keinen Anlass, an seiner Richtigkeit zu zweifeln. Er durfte auf dieser Grundlage disponieren. Der BGH hat festgestellt, dass diese Dispositionsfreiheit nicht nur für den Fall der Veräußerung gilt, sondern auch für den Fall einer Reparatur, wobei es auf die Qualität dieser Reparatur nicht ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 13.10.2009, AZ: VI ZR 318/08).

Auch auf ein Restwertangebot der Schädigerin musste der Kläger nicht warten. Der Geschädigte darf zügig mit der Reparatur seines Fahrzeugs beginnen (vgl. LG München I, AZ: 17 S 6667/12).

Das Urteil in der Praxis

Nutzt der Geschädigte sein Fahrzeug trotz eines wirtschaftlichen Totalschadens (teil-)repariert weiter, darf der Haftpflichtversicherer des Schädigers nur den Restwert in Ansatz bringen, der im vom Geschädigten beauftragten Schadengutachten ermittelt wurde (vgl. auch LG Duisburg, Urteil vom 30.01.2015, AZ: 2 O 142/14). Diese Rechtsprechung folgt den vom BGH hierzu aufgestellten Grundsätzen unter der Voraussetzung, dass der Restwert mit drei regionalen Angeboten belegt ist.



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