Häufige Fehler in Widerrufsbelehrungen - Volksbanken, Sparkassen, Wüstenrot, ING DiBa, Dresdner Bank

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Nach Untersuchungen von Verbraucherverbänden sind die meisten Widerrufsbelehrungen bei Darlehens- und Bausparverträgen aus der Zeit ab 2002 – 2014 fehlerhaft. Kreditnehmer, die ab der Einführung des Widerrufsrechts im November 2002 einen Darlehensvertrag abgeschlossen haben, können diesen mit hoher Wahrscheinlichkeit noch heute widerrufen.

Im Fall einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung kann das Widerrufsrecht grundsätzlich unbefristet geltend gemacht werden, also auch dann, wenn der Abschluss des Darlehensvertrags bereits mehrere Jahre zurückliegt: Das Widerrufsrecht verjährt nicht.

Häufig reichen schon geringfügige Abweichungen zwischen der verwendeten Widerrufsbelehrung und dem jeweils gültigen amtlichen Muster (der sog. „Musterbelehrung“) aus, um von einer „fehlerhaften Widerrufsbelehrung“ im Sinne der Rechtsprechung auszugehen. Mit dem folgenden Beitrag möchten wir einen kurzen Überblick über häufige Fehler in den Widerrufsbelehrungen geben:

Beispiel 1 (z. B. verwendet von Volks- und Raiffeisenbanken, Wüstenrot):

„Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angaben von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-mail) widerrufen. Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem Ihnen ein Exemplar dieser Widerrufserklärung und die Vertragsurkunde oder eine Abschrift der Vertragsurkunde zur Verfügung gestellt wurden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.“

Diese Widerrufsbelehrung weicht hinsichtlich des Beginns der Frist von der amtlichen Musterbelehrung (gemeint sind die Muster der Jahre 2002 – 2010) ab. Eine solche Abweichung wird durch den Bundesgerichtshof regelmäßig als problematisch angesehen. In einem entsprechenden Fall hat der BGH entschieden, dass durch diese Formulierung für den Verbraucher nicht klar erkennbar ist, ob die Widerrufsfrist bereits mit dem Erhalt des mit der Widerrufsbelehrung versehenen Darlehensangebots beginnt, oder erst mit dem Erhalt des unterzeichneten Darlehensvertrags (BGH, Urteil vom 10.03.2009 – XI ZR 33/08). Dem Verbraucher stand dementsprechend ein (unbefristetes) Widerrufsrecht zu.

Beispiel 2 (z. B. verwendet von Sparkassen, ING DiBa, Dresdner Bank):

„Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“

Grundsätzlich ist diese – z. B. von den Sparkassen und der ING Diba überwiegend in dem Zeitraum von 2006 – 2008 verwendete – Formulierung zwar zutreffend, besagt ab nur, bis wann die Widerrufsfrist nicht begonnen hat. Der BGH hat bereits mehrfach entschieden, dass diese Belehrung unzureichend ist und den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht (Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.12.2009 – VIII ZR 219/08; Urteil vom 01.12.2010 – VIII ZR 82/10; Urteil vom 02.02.2011 – VIII ZR 103/10; Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.06.2011 – XI ZR 349/10).

Beispiel 3 (z. B. verwendet von ING DiBa):

„Der Lauf der Frist beginnt erst, wenn Ihnen diese Belehrung ausgehändigt worden ist, jedoch nicht bevor uns die von Ihnen unterschriebene Ausfertigung des Darlehnsvertrags zugegangen ist.“

Anhand dieser Belehrung können die Kunden nicht ermitteln, wann die Widerrufsfrist beginnt. Sie können schließlich nicht wissen, wann die unterschriebene Ausfertigung des Darlehensvertrags bei der Bank eingeht (BGH, Urteil vom 24.03.2009 - XI ZR 456/07). Auch in diesem Fall ist ein Widerruf auch Jahre nach dem Abschluss des Darlehensvertrags noch möglich.

Beispiel 4 (Dresdner Bank):

Die Widerrufsbelehrung trägt die Überschrift „Nach Muster gemäß § 14 der BGB-Informationspflichten-Verordnung“ und ist am Ende der allgemeinen Kreditbedingungen abgedruckt.

Hier ist für den durchschnittlichen Kunden nicht erkennbar, dass es sich überhaupt um die Widerrufsbelehrung nach dem Verbraucherdarlehnsrecht handelt; es besteht dementsprechend auch hier ein unbefristetes Widerrufsrecht (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.07.2014 – I-14 U 59/14).

Beispiel 5:

„Im Falle des Widerrufs müssen Sie die erhaltene Sache zurück- und gezogene Nutzungen herausgeben. Ferner haben Sie Wertersatz zu leisten, soweit [...] die Rückgewähr nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist [...].

Mit Urteil vom 12.04.2007 (Az.: VII ZR 122/06) hat der Bundesgerichtshof insofern entschieden, dass eine Widerrufsbelehrung, die den Verbraucher lediglich über dessen Pflichten im Fall des Widerrufs, nicht jedoch über dessen wesentliche Rechte informiert, nicht den Anforderungen des Gesetzes genügt. Ohne ausreichende Widerrufsbelehrung beginnt der Lauf der zweiwöchigen Widerrufsfrist auch in diesem Fall nicht. Dem Kunden stand folglich ein (unbefristetes) Widerrufsrecht zu.

Der Vorteil eines Widerrufs für den Bausparer bzw. Darlehensnehmer ist, dass er ohne Vorfälligkeitsentschädigung aus dem Vertrag herauskommt und seine bisherigen Zahlungen mit dem Darlehen verrechnet werden. Ferner darf die Bank für die Rückabwicklung nur einen marktüblichen Zinssatz verlangen; auch die bisher geleisteten Zinszahlungen des Kunden werden mit einem marktüblichen Zinssatz verzinst.

Mit anderen Worten: Die Bank erhält den Kredit zurück und der Kunde muss für die (beendete) Laufzeit marktübliche Zinsen zahlen; im Gegenzug erhält der Kunde die bereits geleisteten Zinszahlungen zurück, diese Zinszahlungen werden ebenfalls mit einem marktüblichen Zinssatz für die (beendete) Laufzeit verzinst. Im Ergebnis muss der Kunde also nur die Differenz zurückzahlen. Allerdings sollte vor jedem Widerruf eine Anschlussfinanzierung über eine andere Bank vorbereitet werden; im Fall des Widerrufs besteht nämlich in der Regel eine Rückzahlungsfrist von 30 Tagen.

Sollte die Bank sich trotz fehlerhafter Widerrufsbelehrung weigern, die Rückabwicklung durchzuführen, sollte anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden.

Autor:

Rechtsanwalt Dr. Christoph Sieprath


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