Haftung beim Immobilienkaufvertrag? Liability in real estate purchase contract? – GER/ENG version

  • 9 Minuten Lesezeit

Haftung beim Immobilienkaufvertrag

Die niedrigen Finanzierungskosten führen derzeit vermehrt zum An- und Verkauf von Immobilien. Leider kommt das böse Erwachen für den Käufer erst später. Ist der Kaufpreis erst einmal gezahlt, das Objekt übergeben, so wird der Käufer nicht selten von Mängeln überrascht, die er zuvor nicht für möglich gehalten hätte. Ein Blick in den Kaufvertrag führt meist schnell zur Ernüchterung. So erhält nahezu jeder notarielle Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung oder eine sonstige Immobilie einen umfangreichen Haftungsausschluss. Demnach wird durch den Verkäufer sämtliche Haftung für Sach- oder Rechtsmängel ausgeschlossen.

Auf diesen Haftungsausschluss beruft sich in aller Regel der Verkäufer und weist daher sämtliche Beschwerden des Käufers zurück.

Ist der Käufer also völlig rechtlos gestellt?

Ganz so dramatisch stellt sich die Rechtslage für den Käufer nicht dar. Ansatzpunkt für Ansprüche des Käufers ist die Vorschrift in § 444 BGB. Diese bestimmt, dass sich ein Verkäufer dann nicht auf einen Haftungsausschluss berufen kann, wenn der Verkäufer entweder eine bestimmte Beschaffenheit garantiert oder aber den Käufer arglistig getäuscht hat.

Verkäufer haftet für die im Kaufvertrag gemachte Beschaffenheitsvereinbarung

Eine ausdrückliche Garantie enthält der Kaufvertrag jedoch selten. Meist achten die Verkäufer darauf, die Angaben zu der Immobilie recht allgemein zu halten und daher auf konkrete Angaben zu verzichten. Gleichwohl finden sich an manchen Stellen auch besondere Beschaffenheitsvereinbarungen, die sodann auch trotz Haftungsausschluss einzuhalten sind. In Betracht kommen zum Beispiel Angaben zur Wohnungsgröße, dem Baujahr oder auch dem bisherigen Zahlungsverhalten eines Mieters, der übernommen werden soll.

Problem: Beweisbarkeit eines arglistigen Verhaltens des Verkäufers

Die meisten Auseinandersetzungen werden allerdings über die Frage geführt, ob dem Verkäufer ein arglistiges Verhalten vorzuwerfen ist. Ein solches Verhalten wird hierbei von der Rechtsprechung nicht nur dann angenommen, wenn der Verkäufer bestimmte Fragen des Käufers falsch beantwortet hat oder in sonstiger Weise bewusst falsche oder irreführende Informationen gegeben hat. Diese Fehlinformationen sind in der Regel stets geeignet, ein arglistiges Verhalten zu entlarven – das Problem liegt hier häufig eher darin, die konkreten Äußerungen auch nachweisen zu können.

Muss sich der Verkäufer Angaben des Maklerexposés zurechnen lassen?

In diesem Zusammenhang kann allerdings auch ein Maklerexposé Bedeutung erlangen. Denn nach verschiedenen Entscheidungen muss sich ein Verkäufer Angaben aus einem entsprechenden Exposé zurechnen lassen, wenn er den Makler mit der Vermittlung des Objekts beauftragt hat und Kenntnis von dem Exposé hatte bzw. die dort enthaltenen Informationen von dem Verkäufer stammen. Falsche Informationen, die sich dort wiederfinden, sind in der Regel von dem Käufer gut nachweisbar und stellen daher einen guten Ansatzpunkt für eine Aushebelung eines Haftungsausschlusses dar.

Bei schweren Mängeln muss der Verkäufer auf diese Mängel hinweisen

Fehlt es an konkreten Äußerungen des Verkäufers, so kann ein arglistiges Verhalten dennoch bejaht werden, wenn dem Verkäufer der Vorwurf gemacht werden kann, dass er den Käufer nicht ungefragt über das Bestehen von Mängeln informiert hat. Natürlich wird der Verkäufer hierbei nicht über sämtliche Mängel aufzuklären haben, da grundsätzlich jede Partei ihre eigenen Interessen wahren darf und soll. Gleichwohl soll – so die Rechtsprechung – eine Aufklärung dort erfolgen, wo ersichtlich eine besondere Bedeutung für die Kaufentscheidung des Käufers besteht. Je wesentlicher ein Mangel daher ist, desto eher wäre der Verkäufer auch verpflichtet gewesen, über den Mangel aufzuklären.

Die Entscheidungen in der Rechtsprechung hierzu sind zahlreich. Häufig anzutreffen ist ein Ungezieferbefall (z. B. auch Hausbock, Holzwurm) oder auch Feuchtigkeitsschäden. Hier besteht grundsätzlich eine Aufklärungspflicht, sofern der Schaden einen gewissen Umfang annimmt.

Problem: Käufer muss Verkäufer Kenntnis des Mangels beweisen

Um Ansprüche mit Erfolg anmelden zu können, muss der Käufer hierbei stets nachweisen, dass der Verkäufer Kenntnis des Mangels hatte. Dies ist bei sichtbaren Mängeln sicherlich einfacher als bei eher verborgenen Mängeln. Gerade wenn ein Verkäufer allerdings selbst in einem Objekt gelebt hat, kann in der Regel Kenntnis von einem schwerwiegenden Mangel unterstellt werden.

Bei Unwirksamkeit des Haftungsausschlusses hat Käufer alle kaufrechtlichen Ansprüche gegen den Verkäufer

Hat der Käufer die Hürde des Haftungsausschlusses übersprungen, so steht ihm die gesamte Palette der kaufrechtlichen Ansprüche zur Verfügung. Der Käufer kann daher grundsätzlich von dem Kaufvertrag zurücktreten, sofern der Mangel eine gewisse Bedeutung aufweist. Möglichst ist stattdessen oder auch daneben die Geltendmachung eines konkreten Schadensersatzanspruches, der zum Beispiel in den Kosten der notwendigen Instandsetzungsmaßnahme besteht.

Ebenfalls denkbar ist die Minderung des Kaufpreises, der insbesondere dort in Betracht kommt, wo eine Instandsetzung konkret nicht zu beziffern oder nicht möglich ist (z. B. falsches Baujahr).

Je schwerer der Mangel desto einfacher kann Verkäufer i. d. R. die Kenntnis des Mangels nachgewiesen werden

Insgesamt kann man festhalten, dass die Chancen für den Käufer so schlecht nicht sind. Je schwerwiegender ein Schaden, umso eher wird man davon ausgehen müssen, dass der Verkäufer den Mangel hätte offenlegen müssen.

Rechtsschutzversicherung übernehmen normalerweise derartige Fälle

Käufer, die über eine Rechtsschutzversicherung verfügen, kommen in der Regel in den Genuss einer Übernahme der Kosten durch ihre Versicherung, da es sich insofern um eine „normale“ kaufvertragliche Streitigkeit handelt. Es lohnt sich daher, bei etwaigen Schwierigkeiten auf eine Rechtsschutzversicherung zurückzugreifen. Fehlt eine solche Versicherung, kann der Anspruch allerdings mit Erfolg durchgesetzt werden, so hat der Verkäufer allerdings ohnehin sämtliche Kosten der Rechtsverfolgung zu tragen. Hierzu gehören auch die Kosten der anwaltlichen Vertretung.


English version:

Liability in the real estate purchase contract

The low financing costs are currently increasingly leading to the purchasing and selling of real estate. Unfortunately, the rude awakening comes later on for the buyer. Once the purchase price has been paid and the object has been handed over, the buyer is often surprised by defects that he would not previously have thought would be possible. A glance at the purchase contract usually quickly leads to disillusionment. Thus, almost every notarized purchase contract for a condominium or other property receives a comprehensive disclaimer. Accordingly, the seller excludes all liability for material or legal defects. As a rule, the seller refers to this disclaimer and rejects all complaints of the buyer.

So, is the buyer completely without rights?

The legal situation for the buyer is not quite as dramatic. Starting point for claims of the buyer is the regulation in § 444 BGB. It states that a seller cannot then invoke a disclaimer if the seller either guarantees a certain condition or has fraudulently deceived the buyer.

Seller is liable for the quality agreement made in the purchase contract

However, an express guarantee rarely gets the purchase contract. Usually the sellers are careful to keep the information about the property quite general and therefore to refrain from specific information. At the same time, there are also special conditions of agreement in places that must be complied with despite the exclusion of liability. For example, information about the size of the apartment, the year of construction or even the previous payment history of a tenant which has to be taken over.

Problem: provability of a malicious behavior of the seller

Most disputes, however, are led to the question of whether the seller is to blame a malicious behavior. Such behavior is not only assumed by the case law if the seller has answered certain questions of the buyer incorrectly or has deliberately given false or misleading information in any other way. This misinformation is usually always capable of exposing a malicious behavior – the problem here is often more in being able to prove the concrete utterances.

Does the seller have to give information of the broker exposé?

In this context, however, a broker expose can gain meaning. Because after various decisions a seller must be credited with information from a corresponding exposé if he has instructed the broker with the mediation of the object and had knowledge of the exposé or the information contained therein from the seller. Wrong information that is found there is usually well documented by the buyer and therefore represents a good starting point for the invalidation of a disclaimer.

In case of serious defects, the seller must point out these defects

If there is a lack of concrete statements by the seller, a malicious behavior can nevertheless be affirmed if the seller can be accused of not informing the buyer about the existence of defects without being asked. Of course, the seller will not have to clarify all the shortcomings, since in principle, each party may and should protect its own interests. Nevertheless, according to the case law a clarification should take place where there is obviously a special significance for the purchase decision of the buyer. The more important a defect is the sooner the seller would have been obliged to explain the defect.

The decisions in the case law on this are numerous. Frequently encountered is a pest infestation (for example, also house buck, woodworm) or even moisture damage. In principle, there is an obligation to inform provided that the damage takes on a certain extent.

Problem: buyer must prove to seller's knowledge of the defect

In order to be able to successfully register claims the buyer must always prove that the seller was aware of the defect. This is easier with visible deficiencies than with more hidden deficiencies. However, if a seller has lived in an object himself, knowledge of a serious defect can usually be assumed.

In case of ineffectiveness of the disclaimer the purchaser has all rights under the commercial law against the seller

If the buyer has skipped the hurdle of disclaimer, he has the full range of commercial claims available. The buyer can therefore in principle withdraw from the purchase contract provided the defect has a certain significance. As far as possible, however, or next to it the assertion of a concrete claim for damages, for example consists in the cost of the necessary repair work.

It is also conceivable to reduce the purchase price which is particularly relevant where repair can not be specifically quantified or is not possible (for example, incorrect year of construction).

The more severely the lack, the easier the knowledge of the defect can be proven in general

Overall, one can state that the chances for the buyer are not so bad as it might seem in advance. The more serious a loss, the more likely it is to assume that the seller should have disclosed the defect.

Legal expenses insurance usually covers such cases

Buyers with a legal protection insurance usually benefit from being covered by their insurance because this is a „normal“ sales contract dispute. It is therefore worthwhile in case of any difficulties to resort to a legal expenses insurance.

If such an insurance is lacking and the claim can be enforced successfully, however, the seller has to bear all legal costs anyway. This includes the costs of the legal representation.



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Vera Zambrano née Mueller

Beiträge zum Thema