Haftung des Anlageberaters und Anlagevermittlers auf Schadensersatz - Das müssen Sie als Anleger wissen

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Haben Sie sich als Privatperson von einem Anlageberater oder Anlagevermittler im Zusammenhang mit dem Abschluss einer Kapitalanlage beraten lassen und stellt sich später heraus, dass die Anlage sich nicht so entwickelt wie gedacht oder gar ein Totalverlust eintritt, stellt sich die Frage, ob der Anlageberater und Anlagevermittler für einen fehlerhaften Rat oder eine falsche Auskunft auf Schadensersatz haftet. Was Sie als Anleger dazu wissen müssen und wann Sie anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen sollten, sagen wir Ihnen im nachfolgenden Artikel.

Anlageberater und Anlagevermittler sind nicht das Gleiche

Anleger sollten zunächst wissen, dass Anlageberater und Anlagevermittler nicht das Gleiche sind, sondern sich unterscheiden hinsichtlich ihrer Pflichten. Ob ein Anlageberatungs- oder nur Anlagevermittlungsvertrag vorliegt, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.

Der Bundesgerichtshof (BGH) versteht unter einem Anlageberater eine unabhängige Person, die der Kapitalanleger deshalb zur Beratung hinzuzieht, weil er selbst keine ausreichenden wirtschaftlichen Kenntnisse über die Wirkungsweise und Zusammenhänge im Hinblick auf die Geldanlage hat. Nach der Rechtsprechung darf der Anleger von einem Kapitalanlageberater eine fachkundige Bewertung und Beurteilung der von ihm angebotenen Kapitalanlagen erwarten.

Beim Anlagevermittler steht weniger die Unabhängigkeit und Beratung im Vordergrund als der Vertrieb von bestimmten Kapitalanlagen. Anleger müssen sich im Klaren darüber sein, dass bei einem Gespräch mit einem Anlagevermittler mehr der werbende und anpreisende Charakter seiner Aussagen im Zusammenhang mit der vermittelten Kapitalanlage im Vordergrund steht. Eine Beratung kann hier nicht erwartet werden, sondern lediglich eine Auskunftserteilung.

Anleger- und objektgerechte Beratung beim Anlageberatungsvertrag

Die Rechtsprechung sagt, dass ein Anlageberater immer zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet ist. Das heißt, er muss den Wissensstand, die Risikobereitschaft und die Anlageziele (z.B. Altersvorsorge) im Blick haben und bei seiner Auswahl der angebotenen Kapitalanlagen berücksichtigen. Gleichzeitig muss er die generellen und spezifischen Risiken der von ihm empfohlenen Kapitalanlagen sehr genau kennen und diese auch dem Anleger vor Abschluss einer Anlage vermitteln. Die Beratung hat der Anlageberater also sowohl an den Voraussetzungen des Kunden zu orientieren, aber auch an den konkreten Eigenschaft des Anlageobjekts. Der BGH geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Anleger als Kunde von ihm über alle Umstände im Zusammenhang mit der Kapitalanlage richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich unterrichtet werden muss. Generell gilt: Je unerfahrener der Anleger ist, desto höher sind die Beratungspflichten des Anlageberaters. Im Einzelfall ist es nicht immer leicht, die jeweiligen Pflichten des Anlageberaters herauszuarbeiten.

Fünf weitere wichtige Punkte zur Haftung, die Sie wissen müssen

  1. Risikoverteilung: War die Beratung anleger- und objektgerecht nach den Kriterien des BGH, dann trägt trotzdem der Anleger das Risiko dafür, dass sich die von ihm getroffene Anlageentscheidung später als falsch erweist. Eine Haftung des Anlageberaters kommt nur in Betracht, wenn ihm eine Beratungspflichtverletzung nachweisbar ist.
  2. Prospektübergabe: Die vom Anlageberater geschuldete Aufklärung über das Anlageobjekt kann durch die Übergabe des Kapitalanlageprospekts ersetzt werden, wenn der Prospekt alle nötigen Informationen hinreichend verständlich und inhaltlich korrekt vermittelt. Der Anleger muss aber den Prospekt auch tatsächlich gelesen und verstanden haben. Nur dann kann die Aufklärungspflicht im Einzelfall entfallen.
  3. Plausibilitätsprüfung: Der Anlagevermittler ist im Gegensatz zum Anlageberater nur zur richtigen und vollständigen Information des Anlegers über die tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Kunden von besonderer Bedeutung sind, verpflichtet. Wenn der Anlagevermittler beim Vertrieb einen Prospekt verwendet, muss er diesen aber auf Plausibilität prüfen, also ob er ein schlüssiges Gesamtbild über das Anlageobjekt gibt und ob die darin enthaltenen Informationen, soweit er das mit zumutbarem Aufwand überprüfen kann, sachlich richtig und vollständig sind. In der Praxis ergeben sich hier oftmals Ansatzpunkte für eine Pflichtverletzung mit entsprechender Haftungsfolge.
  4. Schadensberechnung: Kann ein Schadensersatzanspruch erfolgreich gegen den Anlageberater oder Anlagevermittler geltend gemacht werden, errechnet sich der Schaden durch einen Vergleich der infolge der Pflichtverletzung eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne die fehlerhafte Beratung oder Vermittlung eingetreten wäre. Das heißt, der Anleger ist so zu stellen wie er stehen würde, wenn er die Anlage nicht gezeichnet hätte. Im Ergebnis muss der Anlageberater oder Vermittler im Erfolgsfall das eingesetzte Kapital Zug um Zug gegen Rückgabe der Kapitalanlage zahlen.
  5. Verjährung: Wichtig ist schließlich, dass Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Anlageberatung oder -vermittlung innerhalb sehr kurzer Zeiträume verjähren können. Deshalb sollten betroffene Anleger nicht lange zögern und umgehend eine Fachanwaltskanzlei für Bank- und Kapitalmarktrecht kontaktieren, wenn die abgeschlossene Kapitalanlage sich nicht so entwickelt wie gedacht und der Verdacht einer Schlechtberatung besteht.
Foto(s): Bild von Wilfried Pohnke auf Pixabay

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