Haftung von Eltern, Pferdehalterin und Reitturnierveranstalter (Reitverein)

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Vielen dürfte der Fall von letztem Jahr bekannt sein, als auf einem Reitturnier ein kleines Kind in einen Pferdeanhänger krabbelte und hierbei sehr schwer verletzt wurde, als sich das Pferd erschreckte. Es kann einfach sehr schnell zu unnötigen Verletzungen kommen, wenn gewisse Vorsichtsmaßnahmen nicht beachtet werden.

Nachdem die Unfallfolgen sehr schlimm und weitreichend und vor allem dem Kind ein Leben lang anhaften, verklagte das Kind, vertreten durch dessen Eltern, die Pferdehalterin und den Reitverein als Veranstalter des Reitturniers. Gegen das erstinstanzliche Urteil wurde durch die Pferdehalterin Berufung beim Oberlandesgericht Freiburg eingelegt, was im Ergebnis jedoch für sie persönlich nichts änderte.

Die erste Instanz, das Landgericht Freiburg entschied, dass die Pferdehalterin zu einem Drittel und im Übrigen die Eltern zu zwei Drittel haften, da diese ihre Pflicht, das Kind ständig zu beaufsichtigen, verletzt hätten. Auf einem Reitturnier gäbe es zahlreiche drohende Gefahren auf einem Turnier, weshalb es einer besonderen Aufsicht bedarf. Bezüglich des Reitvereins (Turnierveranstalter) wurde die Klage hingegen abgewiesen. Die Argumentation war: Die Verkehrssicherungspflichten hat der Verein vorliegend nicht verletzt, da dieser darauf vertrauen dürfe, dass vor allem Kleinkinder jeder Zeit beaufsichtigt werden und daher besondere „Gefahrenstellen, die nur im Zusammenspiel mit der besonderen Unerfahrenheit von Kleinkindern wirksam werden“, nicht gesondert bzw. besonders abgesichert werden müssen. Auch wurde eine Abwägung vorgenommen und festgestellt, dass durch die vernachlässigte Aufsichtspflicht der Eltern die konkreten Verkehrssicherungspflichten des Vereins abgewogen worden sind.

Das OLG sah den Fall jedoch etwas anders und differenzierte und verteilte die Haftungsquoten entgegen der Ansicht des Landgerichtes. Es wurde nochmals ausdrücklich festgestellt, dass die Pferdehalterin den Pferdehänger nicht unbeaufsichtigt stehen lassen darf. Dies hat das OLG als grundsätzliche Handlungsobliegenheit dargestellt und darüber hinaus die Ansicht vertreten, dass die Pferdehalterin sich nur entfernen darf, wenn sie sich darauf hätte verlassen können, dass seitens des Turnierveranstalters bspw. eine Aufsicht dafür sorgen würde, dass sich Unbefugte den Anhängern nicht nähern.

Im Ergebnis entschied das OLG nach nochmaliger Prüfung des Sachverhaltes, dass neben den Eltern des Kindes und der Pferdehalterin auch der Veranstalter jeweils zu einem Drittel hafte.

Bezüglich der konkreten Verkehrssicherungspflichten eines Turnierveranstalters kann im Ergebnis nicht nur auf Erwachsene abgestellt werden, da Kinder sich regelmäßig ebenfalls auf einem Turniergelände befinden. Der Turnierveranstalter muss wirksame Schutzmaßnahmen und Vorkehrungen treffen, um gerade Kinder bzw. Kleinkinder vor ihrer Unerfahrenheit und Unbesonnenheit zu schützen. Im vorliegenden Fall hatte dies der haftende Reitverein nicht eingehalten. Weder gab es Absperrung zwischen dem öffentlich zugänglichen Turnierplatzbereich mit verschiedenen Landmaschinen und Pferdeanhängern, noch seien Helfer damit beauftragt worden, in diesen Bereichen nach „dem Rechten“ zu sehen, dies zu überwachen und ggf. Besucher anzuweisen, dass bestimmte Bereich nicht betreten werden dürfen. Gerade an heißen Tagen, an welchen fast alle Pferdehalter ihre Rampen am Anhänger/LKW offenlassen, sei es noch weniger nachzuvollziehen, dass der Veranstalter den Platz nicht besonders beaufsichtigte. Der Veranstalter (hier: Reitverein) muss die Möglichkeit einkalkulieren, dass sich Kleinkinder der Aufsicht ihrer Eltern entziehen können und bspw. auch ältere Kinder nicht lückenlos beaufsichtigt werden.

Mit einem geringen Aufwand hätten schlimme Folgen verhindert bzw. zumindest eingegrenzt werden können. Diese Vorkehrungen sind auch auf ländlichen Turnieren zumutbar und daher einzuhalten. Eine eingeteilte Aufsichtsperson, welche den Standort regelmäßig wechselt und den Platz beaufsichtigt und kontrolliert, hätte einer Haftung entgegengewirkt.

Es gibt leider nicht nur diesen Fall als „Einzelfall“, sondern auch andere Konstellationen wie bspw. Verletzungen auf dem Abreiteplatz, oder verwendeter ungeeigneter Fangständer und vieles mehr.

Wird bspw. ein 9 ½-jähriges Mädchen als Zuschauerin eines ländlichen Reitturniers auf einem Abreiteplatz durch einen Pferdetritt verletzt, so haftet nach dem OLG Oldenburg ein ländlicher Reitverein als Veranstalter des Reitturniers für die Verletzungsfolgen nicht unter dem Gesichtspunkt der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, wenn er den Abreiteplatz bei offenem Ein- und Ausgang im Übrigen durch einen Zaun abgegrenzt hat. Es haftete vorliegend die Pferdehalterin in voller Höhe, da ein Mitverschulden des verletzten Kindes nicht festzustellen war.

Achtung: Ganz wichtig ist immer zu beachten, dass es sich um Einzelfallentscheidungen handelt, bei denen der konkrete Sachverhalt (die Geschichte dahinter) untersucht und bewertet wird. Es heißt daher nicht, „ah der Pferdehalter haftet zu 100 % und der Veranstalter nicht“. Also bitte wenden Sie Fälle niemals konkret auf andere Sachverhalte an.

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Rechtsanwältin Jasmin Lisa Himmelsbach



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