Höhe des Schmerzensgeldes: spielen die Vermögensverhältnisse des Schädigers eine Rolle?

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Bei der Frage der Höhe des Schmerzensgeldes nach einem Verkehrsunfall ist natürlich in erster Linie die Schwere der erlittenen Verletzungen von Bedeutung. Es soll nämlich durch das Schmerzensgeld ein Ausgleich für erlittene körperliche - und ggf. auch seelische - Schmerzen erfolgen (sog. Ausgleichsfunktion).

Daneben ist nach einhelliger Rechtsprechung auch die Verwerflichkeit der Tat ein Kriterium: erfolgte die Verletzung zum Beispiel vorsätzlich oder aus niedrigen Beweggründen, so wird der Schädiger zu höheren Zahlungen verurteilt (sog. Genugtuungsfunktion). Als weiterer Faktor wird nun neuerdings diskutiert, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers zu berücksichtigen. Das Landgericht Dresden hat dies in seinem Urteil vom 17.12.2009 (A.Z. 7 O 1942/09) bei der Bemessung des Schmerzensgeldes für einen verletzten Fahrradfahrer in ganz erheblichem Umfang getan. Und zwar insofern, als es sich nach Auffassung des Gerichtes bei der Ermittlung der Höhe des angemessenen Schmerzensgeldes zugunsten des ebenfalls Fahrrad fahrenden Schädigers anspruchsmindern auswirkt, wenn dieser nur über eine geringe finanzielle Leistungsfähigkeit und keine Haftpflichtversicherung verfügt.

Aber kann dies richtig sein? Kann ich - im Umkehrschluss - nur hoffen, beim nächsten Mal von einem Millionär umgefahren zu werden? Zwar ist es für den Schädiger bitter, wenn wie im entschiedenen Fall von einem monatlichen Einkommen von 800,- € auch noch ein Schmerzensgeld zu zahlen ist. Aber es mutet doch stark willkürlich an, wenn mir als Geschädigten, vereinfacht formuliert, vorgeworfen wird, dass ich mir den falschen Schädiger ausgesucht habe. Denn ausgesucht habe ich mir diesen gerade nicht. Er hat mich doch schließlich verletzt. Zudem erfolgt die klageweise Geltendmachung der Schmerzensgeldsumme stets in Anlehnung an Tabellenwerte. Wenn aus den genannten Erwägungen nun eine teilweise Klageabweisung erfolgt hat der Kläger, wie in dem vom LG Dresden entschiedenen Fall, wirtschaftlich betrachtet den Rechtsstreit (zumindest teilweise) verloren. Dann hat er aber auch einen Teil der Kosten des Rechtsstreites zu tragen, was den zugesprochenen Betrag dahinschmelzen lässt.

Rechtsanwalt Dr. Henning Karl Hartmann, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltsverein (DAV).
Die Kanzlei Dr. Hartmann & Partner betreibt Büros in Berlin, Bielefeld und Oranienburg (Tel. 03301 - 53 63 00).


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