Horrorstreitwerte im Wettbewerbsrecht?

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Wettbewerbsrechtliche Gerichtsverfahren sind teuer. Regelmäßig geht der Streit darum, ob Sie auf eine bestimmte Art werben dürfen oder nicht. Dürfen Sie ein Wasser als „Biomineralwasser“ bezeichnen (ja)? Oder ein Bier als bekömmlich (nein)? Am Ende des Verfahrens gibt es dann ein Urteil, und Sie wissen, was Sie dürfen und was nicht. Um Geld geht es meistens nicht. Und das führt zu Problemen: Die Kosten des Verfahrens richten sich nach dem sog. Streitwert. Der kann aber nicht immer genau vorhergesagt werden.

Streitwerte

Wenn Sie von jemandem 1.000,00 EUR einklagen, ist die Sache einfach: Der Streitwert beträgt 1.000,00 EUR, danach werden die Kosten des Verfahrens für das Gericht und die beteiligten Anwälte berechnet, und Sie wissen von vornherein, mit welchen Kosten Sie rechnen müssen.

Streitwerte bei Unterlassungsklagen

Anders ist es, wenn es um Unterlassungsansprüche geht. Da wird der Streitwert nach § 51 GKG geschätzt. Er richtet sich dann nach der Bedeutung, die das Verfahren für den Kläger hat. Und der Kläger wird regelmäßig sagen, dass die Sache unheimlich wichtig sei. Er darf in der Klage einen Streitwert vorschlagen, muss dann aber auch die Gerichtskosten nach diesem Wert vorschießen. Die Gerichte freuen sich über hohe Werte, weil sie dann eher kostendeckend arbeiten können – wobei das wohl nur im Hintergrund mitschwingt. Regelmäßig setzen die Gerichte den Streitwert auch nicht niedriger an, als der Kläger vorschlägt.

Kostenrisiko

Die Kosten des Verfahrens trägt der, der verliert. Wenn Sie Pech haben und in einem wettbewerbsrechtlichen Klageverfahren verlieren, müssen Sie die Kosten tragen. Und die sind, wie gesagt, hoch: Streitwerte von 50.000,00 EUR oder mehr sind keine Seltenheit und werden endgültig erst im Urteil festgesetzt. Bei einem Streitwert von 50.000,00 EUR fallen in der ersten Instanz Kosten in Höhe von 9.460,66 EUR an, in der zweiten dann insgesamt 20.435,52 EUR. Das kann einem kleinen Unternehmer schon das Genick brechen und ihn in die Insolvenz zwingen.

Kann man dagegen nichts machen?

Zum Glück können Sie sich gegen die Festsetzung des Streitwerts festsetzen, wenn er Ihnen zu hoch erscheint. Nach § 68 GKG gibt es hierfür die Streitwertbeschwerde. Hiermit können Sie dem Gericht darlegen, warum seine Entscheidung falsch ist. Allerdings soll sich das Gericht nicht mit Kleinigkeiten abgeben müssen, deshalb können Sie sich nur beschweren, wenn Sie wegen der angegriffenen Entscheidung mindestens 200,01 EUR mehr zahlen müssten als mit einer korrekten Streitwertfestsetzung.

Und dann? Das Gericht schätzt doch immer noch?

Natürlich schätzt das Gericht auch dann den Streitwert, Sie können aber weitere Argumente für einen niedrigeren Wert vortragen. Und wenn Sie Beklagter waren, hilft Ihnen das Gesetz mit § 51 Abs. 3 GKG auch besonders weiter: Wenn die Bedeutung der Sache für Sie erheblich geringer ist als für den Kläger, muss der Streitwert herabgesetzt werden. Das kann so weit gehen, dass der Streitwert auf nur noch 1.000,00 EUR reduziert wird.

Auffangstreitwert 1.000,00 EUR

Aber das ist eher eine theoretische Möglichkeit, Streitwerte von 1.000,00 EUR sind Bereich des UWG sehr selten. Die Gerichte neigen dazu, diesen allenfalls bei Existenzgründern und Kleinunternehmen anzunehmen, damit durch eine Abmahnung oder eine nicht die ganze Existenz vernichtet wird. Andererseits sollen aber auch Wettbewerbsvereine, die gegen unlauteren Wettbewerb einschreiten, geschützt werden, denn nach Meinung mancher Gerichte könnten diese ihre Überwachungsfunktion nicht mehr wahrnehmen, wenn Streitwerte zu niedrig wären und nur geringe Beträge erstattet werden müssten. Sie müssten dann mangels Geld aufhören zu arbeiten.

Das dürfte jedoch kaum der Idee des Gesetzgebers entsprechen. Wenn die Sache für den Beklagten deutlich geringere Bedeutung hat als für den Kläger, ist das maßgeblich für die Streitwertfestsetzung. Und wenn es keine anderen Anhaltspunkte für einen höheren Streitwert gibt, ist das Gesetz eindeutig: Dann beträgt der Streitwert 1.000,00 EUR.

Was kann ich tun?

Die Streitwertfestsetzung im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ist eine komplexe Angelegenheit. Es gibt aber Möglichkeiten, hohe Streitwerte reduzieren zu lassen. Und es gibt ein kleines Detail, dass für Sie als betroffenen günstig ist:

Bei der Streitwertbeschwerde fallen keine Gerichtskosten an, denn sie gehört zum normalen Verfahren.

Auch die Kosten der Gegenseite müssen nicht getragen werden, wenn Sie mit der Streitwertbeschwerde keinen Erfolg haben.

Sie benötigen in Wettbewerbssachen aber einen Rechtsanwalt, weil sie nach § 14 Abs. 1 UWG immer an den Landgerichten geführt werden, und zwar unabhängig vom Streitwert. Und an Landgerichten herrscht Anwaltszwang, Sie dürfen dort nicht allein auftreten.

Bei weiteren Fragen hierzu rufen Sie uns gern an oder Schreiben Sie uns eine E-Mail. Gern können Sie auch die Homepage unserer Kanzlei, auf der es neben weiteren Informationen zum Wettbewerbsrecht auch andere interessante Dinge zu entdecken gibt.

Foto(s): Adobe Stock

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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