Ich bin als Geschäftsführer Haftungsansprüchen ausgesetzt. Wie kann ich eine Privatinsolvenz verhindern?

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Die Ausgangssituation

Mit folgender Situation müssen sich Geschäftsführer einer GmbH oder anderer Gesellschaftsformen sehr oft auseinandersetzen:

Das von ihnen geführte Unternehmen gerät in die Insolvenz. Nach Einleitung der Insolvenz kommen die Finanzverwaltung, die Krankenkassen oder der Insolvenzverwalter auf den (ehemaligen) Geschäftsführer zu und machen gegen ihn persönlich Haftungsansprüche geltend. Das private Vermögen ist gefährdet. Die Privatinsolvenz droht.

Ein Blick zurück: Wie kommt es zu den Haftungsansprüchen und wie vermeide ich die Risiken

Gerade Juristen sind im Nachhinein immer schlauer. Trotzdem ist es wichtig, zu verstehen, warum Geschäftsführer im Fall der Krise eines Unternehmens sehr hohen Haftungsrisiken ausgesetzt sind. Dies liegt daran, dass bei Unternehmen, deren Haftung gegenüber Geschäftspartnern beschränkt ist, eine sogenannte Insolvenzantragspflicht besteht. Diese Insolvenzantragspflicht gilt beispielsweise bei einer GmbH,  einer AG (Aktiengesellschaft) einer GmbH & Co KG oder einer UG (Unternehmergesellschaft).

Die Pflicht zur Einreichung eines Insolvenzantrages besteht, wenn beim Unternehmen Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist. Dies ist der Fall, wenn im Rahmen eines sogenannten Liquiditätsstatus 10 % oder mehr der aktuell fälligen Verbindlichkeiten nicht mehr bezahlt werden können und diese Lücke auch nicht mehr kurzfristig geschlossen werden kann.

Ein weiterer Antragsgrund, der zur Antragspflicht des Geschäftsführers führt, ist die Überschuldung des Unternehmens. Überschuldung liegt vor, wenn für das Unternehmen keine Fortführungsperspektive mehr besteht – also innerhalb von zwölf Monaten Zahlungsunfähigkeit eintritt - und dann das Vermögen des Unternehmens die Schulden nicht mehr deckt.

Die Insolvenzantragspflicht ist von den Geschäftsführern einzuhalten. Wenn hiergegen verstoßen wird und die Insolvenz verschleppt wird, haftet der Geschäftsführer mit seinem Privatvermögen. Es bestehen auch strafrechtliche Risiken.

Damit frühzeitig erkennbar ist, wann Liquiditätsschwierigkeiten drohen und wann ggf. eine Insolvenzantragspflicht besteht, muss jeder Geschäftsführer ein Frühwarnsystem im Unternehmen installieren. Mittels einer hinreichenden Finanzplanung muss frühzeitig erkennbar sein, wenn Liquiditätsschwierigkeiten drohen. Wenn die Ampel auf gelb oder rot leuchtet, sollte umgehend rechtliche Beratung hinzugezogen werden. Unsere Kanzlei berät regelmäßig Unternehmen bzw. die betroffenen Geschäftsführer, um genau diese Risiken im Vorfeld auszuschließen.

Der Blick nach vorne: Entschuldung unter bestimmten Bedingungen auch ohne Insolvenz

In vielen Fällen versucht der Geschäftsführer die gegen ihn gerichteten Klagen mithilfe teurer Beratung gerichtlich abzuwehren. Stattdessen kann aber proaktives Handeln der bessere Weg sein.

Ein neues Sanierungsinstrument (StaRUG), das seit Anfang 2021 in Kraft ist, kann hier unter bestimmten Bedingungen helfen, dass sich der in Anspruch genommene Geschäftsführer von den Haftungsansprüchen befreit. Mit diesem Sanierungsinstrument können auch Privatpersonen ihre Verbindlichkeiten aus der unternehmerischen Tätigkeit restrukturieren und sich entschulden. Dafür muss der Betroffene aber selbständig sein. Dies wäre bei einem Geschäftsführer, der gleichzeitig als Gesellschafter zu mehr als 50 % am Unternehmen beteiligt ist, der Fall.

Vermeidung einer Insolvenz: Stufe 1 - Die Sanierungsmoderation

So kann nach dem neuen Sanierungsrecht (StaRUG) im Wege einer gerichtlichen Sanierungsmoderation eine Einigung mit den Gläubigern auf Zahlung einer Quote und Verzicht auf die restliche Forderung erzielt werden. Hierfür müssen dann aber auch alle Gläubiger dem sogenannten Sanierungsvergleich zustimmen. Wir haben hier bei der Begleitung von Sanierungsmoderationen festgestellt, dass dieses gerichtliche Verfahren viele Gläubiger überzeugt. Dies liegt daran, dass in diesem Sanierungsvergleich regelmäßig auch das Drohszenario einer Insolvenz mit einer dann geringeren Befriedigungsquote für die Gläubiger aufgezeigt wird.

Vermeidung einer Insolvenz: Stufe 2 – Der Restrukturierungsplan

Falls nicht alle Gläubiger dem Sanierungsvergleich zustimmen oder dies von vornerein absehbar ist, bietet sich der sogenannte Restrukturierungsplan nach dem neuen Sanierungsrecht an.

In einem Restrukturierungsplan nach dem neuen Recht müsste man die Befriedigungsquote dieser Haftungsgläubiger im Fall der Privatinsolvenz aufzeigen. Der Plan müsste dann eine höhere Alternativquote anbieten. Für den Restbetrag kann man einen Verzicht dieser Gläubiger vereinbaren. Damit kann eine Entschuldung erzielt werden. Wenn mehr als 75 % der durch den Plan betroffenen Gläubiger zustimmen, kann man damit auch die ablehnenden Gläubiger überstimmen. Die Regelungen im Plan gelten dann auch gegenüber den opponierenden Gläubigern. Anders als im Fall einer Privatinsolvenz ist dieses Verfahren geheim und wird nicht veröffentlicht. 

Unsere Kanzlei berät regelmäßig Betroffene bei der Abwehr von Haftungsansprüchen und hat mithilfe des neuen Sanierungsrechts in mehreren Fällen eine Lösung herbeigeführt. Zögern Sie nicht, uns anzusprechen.

Foto(s): ©Adobe Stock/MYDAYcontent

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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