Warum gerade das Schutzschirmverfahren für Krankenhäuser ein sinnvolles Sanierungsinstrument ist

  • 3 Minuten Lesezeit



Inzwischen häufen sich die Nachrichten über Kliniken, die sich in einem Schutzschirmverfahren befinden. Dies ist die Folge eines immer stärkeren ökonomischen Wettbewerbsdrucks in der Krankenhauslandschaft, der mehrere Ursachen hat. So sinken seit der Corona-Pandemie die Fallzahlen. Personal wandert ab und Nachfolger sind schwer zu finden. Zudem steigen die Kosten für Energie und Sachleistungen. Viele Kliniken stehen mit dem Rücken zur Wand.

Insolvenzantragspflicht wird sich ab September 2023 verschärfen

Hinzu kommt eine Verschärfung der Insolvenzantragspflicht, die insbesondere für die Geschäftsführung mit ganz erheblichen persönlichen Risiken verbunden ist. Neben den Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit (Liquiditätslücke von 10 Prozent oder mehr) tritt der Insolvenzgrund der Überschuldung.

Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen die bestehenden Verbindlichkeiten nach Auflösung stiller Reserven nicht mehr deckt (§ 19 Abs. 2 Satz 1 InsO), es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich (positive Fortbestehensprognose). Insofern schließt das Vorliegen einer positiven Fortbestehensprognose die Überschuldung aus. Liegt keine positive Fortbestehensprognose vor, sind die Vermögenswerte des Unternehmens den Verbindlichkeiten zu Zerschlagungswerten gegenüberzustellen, was in den allermeisten Fällen zu einer Überschuldung führt.

Die positive Fortbestehensprognose setzt neben der tatsächlichen Fortführungsfähigkeit (Unternehmenskonzept mit integrierter Finanzplanung) und dem Fortführungswillen eine gesicherte Finanzierung  für einen bestimmten Prognosezeitraum voraus. Angesichts der Unsicherheiten durch den Ukraine-Krieg und die Energiekrise hat der Gesetzgeber Ende 2022 diesen Prognosezeitraum auf vier Monate verkürzt, um den Unternehmen hier Erleichterungen zu verschaffen. Diese Privilegierung entfällt jedoch ab September 2023, so dass dann wieder der ursprüngliche Prognosezeitraum von 12 Monaten gilt. Dies ergibt sich aus der Gesetzesbegründung zu § 4 Abs.2 Nr.1 SanInsKG.

Konkret bedeutet dies, dass die Geschäftsführung eines Krankenhauses ab September dieses Jahres eine Liquiditätsplanung erstellen und regelmäßig aktualisieren muss, in der für die folgenden 12 Monate keine Liquiditätslücke entstehen darf. Andernfalls ist mangels positiver Fortführungsprognose das Vermögen zu Zerschlagungswerten gegenüberzustellen, was zu einer Überschuldung führen dürfte. In diesem Fall besteht bereits im Betrachtungszeitraum die Pflicht, einen Insolvenzantrag wegen Überschuldung zu stellen.

Ergibt sich also beispielsweise aus der Planung im September 2023, dass das Krankenhaus im Februar 2024 oder Juni 2024 eine nicht zu behebende Liquiditätslücke haben wird, muss der Insolvenzantrag bereits im September 2023 von der Geschäftsführung gestellt werden. Wird der Insolvenzantrag verspätet eingereicht, kann die Geschäftsführung für alle Zahlungen, die nach Ablauf der Insolvenzantragsfrist geleistet werden, persönlich haften und auch strafrechtlich belangt werden.

Das Schutzschirmverfahren als Sanierungsverfahren

Weist die Planung eine nicht zu behebende Liquiditätslücke aus, die innerhalb der nächsten 12 Monate nicht geschlossen werden kann, und ist das Unternehmen noch nicht zahlungsunfähig, kann anstelle eines Regelinsolvenzverfahrens auch ein Schutzschirmverfahren eingeleitet werden. Dies hat den Vorteil, dass das Verfahren in den Händen der Geschäftsführung bleibt. In der Regel wird die Geschäftsführung für die Dauer des Verfahrens durch einen sanierungserfahrenen Generalbevollmächtigten ergänzt. Daneben bestellt das Gericht einen sogenannten Sachwalter. 

Die Vorteile eines Schutzschirmverfahrens 

Mit dem Schutzschirmverfahren hat der Gesetzgeber ein Sanierungsverfahren geschaffen, das es in vielen Fällen ermöglicht, das Krankenhaus zu sanieren und zu restrukturieren. Eine Neuaufnahme in den Krankenhausplan ist nicht erforderlich. Da im Schutzschirmverfahren die besonderen Regelungen der Insolvenzordnung gelten, können Sanierungsmaßnahmen zügig umgesetzt werden. Insbesondere kann sich das Krankenhaus mit einer Frist von drei Monaten von nachteiligen Verträgen trennen. Dazu gehören beispielsweise Miet- oder Leasingverträge. Bei Maßnahmen der Personalanpassung gelten Kündigungsfristen von höchstens drei Monaten und die Sozialplankosten sind auf maximal 2,5 Monatsgehälter begrenzt. Pensionsverpflichtungen werden anteilig erfüllt.

Ein weiterer Vorteil ist der Erhalt der Zulassung durch die Sozialversicherungsträger. Über einen Zeitraum von drei Monaten erhält das Krankenhaus das sogenannte Insolvenzgeld bis zur Beitragsbemessungsgrenze. Dadurch entsteht ein Liquiditätsvorteil, der für weitere Sanierungsmaßnahmen genutzt werden kann.

Was ist im Vorfeld der Einleitung eines Schutzschirmverfahrens zu beachten?

Ein Schutzschirmverfahren über das Vermögen eines Krankenhauses erfährt regelmäßig ein großes Medienecho und geht oft mit einer Verunsicherung der Mitarbeitenden einher. Umso wichtiger ist es, dass die Geschäftsführung bereits im Vorfeld eines Schutzschirmverfahrens sowohl ein klares Kommunikationskonzept als auch ein konkretes Sanierungskonzept erarbeitet.

Unsere Erfahrung aus der Begleitung und Beratung mehrerer Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen hat gezeigt, dass eine gute und intensive Vorbereitung maßgeblich zum Erfolg eines Schutzschirmverfahrens beiträgt.

Gerne unterstützen und beraten wir Sie und zeigen Ihnen auf, welche Möglichkeiten das Krankenhaus in der Krise hat, und wie Sie als Geschäftsleiter Haftungsrisiken vermeiden können.



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Jasper Stahlschmidt

Beiträge zum Thema