Immobilien: Abzug von Zins- und Tilgungsleistungen Wohnwert Altersvorsorge Unterhalt

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Unterhalt- Abzug von Zins- und Tilgungsleistungen- Immobilien- Altersvorsorge


Vorbemerkung


Seit der BGH-Entscheidung Ende 2021 (BGH-Beschluss vom 15.12.2021 XII ZB 557/20) ist die bisherige Rechtsprechung zur Abzugsfähigkeit von Zins- und Tilgungsleistungen für vermietete Immobilien beim Unterhalt modifiziert worden. Der BGH erörtert in diesem Zusammenhang die Frage, welcher Teil der Tilgung als zusätzliche, sekundäre Altersvorsorge abgezogen werden kann. Dazu im Folgenden:


Grundsatz der Abzugsfähigkeit von Altersvorsorgeaufwendungen


Die Abzugsfähigkeit von primärer und sekundärer Altersvorsorge für rentenversicherungspflichtige Beschäftigte liegt bei 23%, davon sind 4 % für die sekundäre Altersvorsorge vorgesehen. Für nicht rentenversicherungspflichtige Beschäftigte und Selbständige liegt die Summe der zulässigen Altersvorsorgeaufwendungen bei einem Prozentsatz von 24 % des Bruttogehalts bzw. des Gewinns (Schnitt der letzten 3 Jahre). Davon ist 20% für die primäre Altersvorsorge und 4% für die sekundäre Altersvorsorge vorgesehen.


Zins- und Tilgungsleistungen bei vermieteten Immobilien


Steuerlich abzugsfähige Positionen bei Vermietung


Steuerlich können im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung die Hauskosten, die nicht auf den Mieter umgelegt werden können, die notwendigen Erhaltungsaufwendungen sowie Zinsleistungen und die AfA abgezogen werden. Die Tilgung ist steuerlich nicht abzugsfähig.


Unterhaltsrechtlich abzugsfähige Positionen bei Vermietung


Unterhaltsrechtlich dürfen ebenfalls nicht umlagefähigen Hauskosten, die notwendigen Erhaltungsaufwendungen und die Zinsen abgezogen werden. Nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen ist die AfA. Bezüglich der Abzugsfähigkeit der Tilgung ist zu differenzieren:


2.1.

Bei einer gemeinsamen Immobilie sind Tilgungen stets einkommensmindernd zu beachten, da diese beiden Eheleuten zugute kommt.


2.2.

Bei Alleineigentum einer die Ehe prägenden Immobilie durch einen Ehegatten gilt folgendes:


Bis zur Zustellung des Scheidungsantrages dürfen auch die Tilgungsleistungen vom unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen des Eigentümerehegatten abgezogen werden, da der Unterhaltsberechtigte bis dahin an der Vermögensbildung des anderen Ehegatten über den Zugewinnausgleich beteiligt ist.


Für den Abzug von Tilgungsleistungen nach Zustellung des Scheidungsantrages galt bisher folgender Grundsatz:


Nach Zustellung des Scheidungsantrages fällt die Vermögensbildung aus einer vermieteten Immobilie allein dem Unterhaltsverpflichteten zu. Die Tilgung durfte ab diesem Zeitpunkt unterhaltsrechtlich nicht mehr abgezogen werden. Der Unterhalt des berechtigten Ehegatten erhöhte sich.


In der vorliegenden BGH-Entscheidung ist diese Vorgehensweise modifiziert worden:

Der Unterhaltsverpflichtete darf auch nach Zustellung des Scheidungsantrages bis zur Höhe der Mieteinnahmen die Tilgung vom unterhaltsrechtlichen Einkommen abziehen! 

Die Mieteinnahmen prägen den Bedarf des anderen Ehegatten und sind daher als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dem unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen des unterhaltspflichtigen Ehegatten zuzurechnen. Die Mieteinkünfte wären aber nicht ohne das dazugehörige Darlehen erzielt worden. Daher darf die Tilgung zusätzlich zu den Zinsen bis zur Höhe der Miete abgezogen werden.

2.3.

Bei Alleineigentum einer die Ehe nicht prägenden Immobilie, also z. B. nach der Zustellung des Scheidungsantrages angeschafften Immobilie, werden die Mieteinkünfte bei der Bedarfsberechnung für den Unterhaltsberechtigten nicht berücksichtigt, somit stellt sich die Frage der Abzugsfähigkeit der Zins- und Tilgungsleistungen bei der Unterhaltsberechnung nicht.


Zins- und Tilgungsleistungen bei eigengenutzten Immobilien


Die o.g. Grundsätze sind auf die Wohnwertanrechnung bei selbst genutzter Immobilie nach Trennung und Scheidung zu übertragen. Der in der Immobilie verbliebene Ehegatte darf die Zins- und Tilgungsleistungen, die er erbringt, vom Wohnwert (bis zur Höhe des positiven Wohnwertes) abziehen.


Abzug der Tilgung als zusätzliche Altersvorsorge

Eine über die Miete hinausgehende Tilgungsleistung kann in Einzelfall als zulässige Altersvorsorge anerkannt werden, wenn sich diese im Rahmen der 4 % des Jahresbruttoerwerbseinkommens bewegt. Nur die Mieteinnahmen übersteigende Tilgung wird dem Unterhaltsverpflichteten als Vermögensbildung und damit als mögliche zusätzliche Altersvorsorge angerechnet.

Sollte die übersteigende Tilgung nicht im Rahmen der 4% zusätzliche Altersvorsorgeaufwendungen „untergebracht“ werden, ist sie nicht zu berücksichtigen.

Fazit

1.

Steuerliche Abschreibungen für die Abnutzung von Gebäuden (AfA) berühren das unterhaltsrechtlich maßgebende Einkommen nicht.

2.

Darlehenstilgungen für vermietete, eheprägende Immobilien, sind auch nach Zustellung des Scheidungsantrages bis zur Höhe der Mieteinnahmen beim unterhaltsrechtlich anzusetzenden Einkommen des Alleineigentümerehegatten abzugsfähig.

3.

Das gilt auch bei Eigennutzung (Weiternutzung) der prägenden Immobilie durch einen Ehegatten. Dieser darf von dem ihm unterhaltsrechtlich zuzurechnenden Wohnwert sowohl die Zinsen- als auch auch die Tilgung abziehen.

4.

Unterhaltspflichtige können in der Summe 23% oder 24 % ihres Bruttoeinkommens (s.o.) des jeweiligen Jahres für die Altersvorsorge aufwenden und damit von ihrem unterhaltsrelevanten Einkommen absetzen.

Bis zur Höhe der Miete berücksichtigte Tilgungsleistungen sind auf diese Altersvorsorgequote nicht anzurechnen. In dieser Höhe reduzieren sie nicht den für Altersvorsorge abziehbaren Höchstbetrag. Überschießende Tilgungsleistungen sind bis zur 4%-Grenze zusätzliche Altersvorsorge zu berücksichtigen. Darüberhinausgehende Tilgung ist unterhaltsrechtlich irrelevant.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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