Immobilienbewertung, AfA-Laufzeit und Kaufpreisaufteilung auf Gebäudewert und Bodenwert
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- Steuerrechtstipp Immobilien -
Wenn Sie eine vermietete und bebaute Immobilie besitzen, dann können Sie alljährlich Abschreibungen auf den Gebäudewert steuerlich geltend machen und damit Ihre Steuerlast und Ihre Liquiditätssituation deutlich verbessern.
Ich bin eine erfahrene Rechtsanwältin und langjährige Fachanwältin für Steuerrecht in Berlin. Ich betreue Mandanten aus dem gesamten Bundesgebiet in allen steuerrechtlichen Fragen rund um Immobilien.
Als Fachanwältin informiere ich Sie in diesem Artikel über wichtige Rechtsfragen zu Abschreibungen auf Immobilien.
Absetzung für Abnutzung (AfA, Abschreibungen) bei Immobilien
Die Absetzung für Abnutzung (AfA) bezeichnet die in Form von Abschreibungen steuerlich geltend gemachte Wertminderung von Wirtschaftsgütern innerhalb deren gewöhnlicher Nutzungsdauer. Bei Immobilien dienen die Anschaffungs- und Herstellungskosten als Grundlage für die Berechnung der jährlichen Abschreibungshöhe.
Zulässig sind Abschreibungen allerdings nur bei nicht selbst genutzten (vermieteten) Immobilien und ausschließlich auf den Gebäudewert, nicht aber auf den Bodenwert.
Abschreibungen auf Immobilien: Einspruch gegen Einkommensteuerbescheid
Ein Mandant von mir hatte ein bebautes Grundstück erworben. In der folgenden Einkommensteuererklärung setzte der Mandant Abschreibungen auf seine Immobilie an.
Das Finanzamt wich jedoch im Einkommensteuerbescheid in wesentlichen Punkten von der Einkommensteuererklärung zulasten des Immobilieneigentümers ab.
a.) Anstelle des vom Mandanten zur Bewertung der Immobilie gewählten Ertragswertverfahrens legte das Finanzamt das Vergleichswertverfahren zugrunde.
b.) In Abweichung von den Ergebnissen eines Wertgutachtens ging das Finanzamt von einer längeren Nutzungsdauer der Immobilie aus und ließ folgerichtig nur eine geringere jährliche Abschreibungshöhe zu.
c.) Zudem wich das Finanzamt von der im Wertgutachten und im Kaufvertrag vorgesehenen Aufteilung des Kaufpreises auf das Gebäude einerseits sowie auf Grund und Boden andererseits ab.
Diese Abweichungen des Einkommensteuerbescheids von der Einkommensteuererklärung waren für den Immobilieneigentümer mit deutlich geringeren Abschreibungsmöglichkeiten und daher mit erheblichen steuerlichen Nachteilen verbunden.
Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid
Eine sorgfältige Prüfung des Einkommensteuerbescheids durch mich ergab, dass dem Finanzamt offenbar Rechtsfehler unterlaufen waren. Daher legte ich im Auftrag des Mandanten Einspruch gegen den Bescheid ein.
a. Wertermittlungsverfahren
Zur Ermittlung des (auch steuerrechtlich relevanten) Wertes einer Immobilie stehen das Vergleichswertverfahren, das Ertragswertverfahren und das Sachwertverfahren zur Verfügung (§ 6 Absatz 1 ImmoWertV**).
Die Auswahl des Wertermittlungsverfahrens steht dem Steuerpflichtigen grundsätzlich frei. § 6 Absatz 1 ImmoWertV schreibt lediglich vor, dass bei der Verfahrenswahl die «Art des Wertermittlungsobjekts», die «im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten» und die «sonstigen Umstände des Einzelfalls» zu berücksichtigen sind. Außerdem ist eine Begründung für die Auswahl des Wertermittlungsverfahrens erforderlich.
Da die erwirtschafteten Erträge bei vermieteten Objekten von besonderer Bedeutung sind, wählte der Sachverständige, der mit der Erstellung des Immobilienwertgutachtens beauftragt worden war, das Ertragswertverfahren – in völliger Übereinstimmung mit den «im Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten».
Auch der Bundesgerichtshof hatte in einem Urteil entschieden, dass der Immobilienwertermittlung die «tatsächlich erzielbare Nettomiete zugrunde zu legen ist», selbst wenn diese von der marktüblichen Miete abweicht (BGH-Urteil vom 21.02.2018, Aktenzeichen XII ZR 104/17).
Das Finanzamt hingegen legte das Vergleichswertverfahren zugrunde – mit der Folge eines niedrigeren Immobilienwertes und daher auch einer geringeren Abschreibungsmöglichkeit.
b. Nutzungsdauer der Immobilie
Der Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid bezog sich auch auf die im Einkommensteuerbescheid zugrunde gelegte Nutzungsdauer der Immobilie.
Das Finanzamt ging im Einkommensteuerbescheid von einer längeren gewöhnlichen Nutzungsdauer aus (und damit auch von einer längeren Abschreibungsdauer und geringeren jährlichen Abschreibungssätzen) als der fachkundige Gutachter in seinem Wertgutachten.
Die gewöhnliche Nutzungsdauer einer Immobilie entscheidet über die Höhe der jährlich möglichen Abschreibungen. Die vom Finanzamt unterstellte längere Nutzungsdauer war gleichbedeutend mit einem Liquiditätsnachteil für den Immobilieneigentümer, da sich die Abschreibungen auf die Immobilie damit auf einen deutlich längeren Zeitraum verteilten.
c. Aufteilung des Kaufpreises auf Gebäudewert und Bodenwert
Das Verkehrswertgutachten wies aus, dass 80 Prozent des Immobilienwertes auf das auf dem Grundstück errichtete Gebäude und 20 Prozent auf Grund und Boden entfallen. Diese Kaufpreisaufteilung wurde auch in den notariellen Kaufpreis übernommen.
Abschreibungen dürfen nicht auf den Bodenwert, sondern nur auf den Immobilienwert vorgenommen werden. Da das Finanzamt einen anteilig höheren Boden- und einen geringeren Gebäudewert annahm, reduzierten sich die Abschreibungsmöglichkeiten des Immobilieneigentümers zusätzlich.
Die vom Finanzamt vorgenommenen Abweichungen von Gutachten und Kaufvertrag nahm ich zum Anlass, auch insoweit gegen den Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes vorzugehen.
Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids
Ein Einspruch gegen einen Einkommensteuerbescheid hemmt nicht dessen Wirkung (§ 361 Absatz 1 Abgabenordnung, AO). Beispiel: Sieht ein Bescheid eine Steuerzahlung vor, so bleibt der Steuerpflichtige grundsätzlich auch dann zur Zahlung verpflichtet, wenn er den Bescheid mit einem Einspruch angefochten hat.
Daher beantragte ich die Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids (§ 362 Absatz 2 AO).
Ich unterstütze als Fachanwältin für Steuerrecht bundesweit Mandanten bei allen Immobilien-Steuerfragen
Die gegenüber Wertgutachten und notariellem Kaufvertrag durch das Finanzamt vorgenommenen Veränderungen hinsichtlich Wertermittlungsverfahren, Abschreibungsdauer und Kaufpreisaufteilung erschienen mir sachlich unangemessen und rechtsfehlerhaft, so dass ich im Auftrag meines Mandanten Einspruch einlegte.
Sollte das Finanzamt dem Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid nicht stattgeben, so werde ich meinen Mandanten auch bei einer Klage vor dem Finanzgericht tatkräftig unterstützen.
Wichtiger Hinweis:
Bei der Beurteilung jedes Rechtsfalls kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalls an. Daher ersetzt dieser Rechtstipp keinesfalls eine individuelle Rechtsberatung durch einen Rechtsanwalt.
**) «Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Immobilien und der für die Wertermittlung erforderlichen Daten»
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