INSOLENZVERSCHLEPPUNG und Bankrott: Verteidigung im Ermittlungsverfahren und Verständigung

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I. Verhalten im Ermittlungsverfahren

Die Mode GmbH geriet in die Insolvenz. Die Bank konnte nicht mehr bedient werden.
Die Mieten wurden wegen Mängeln um 50 Prozent reduziert. 50 Prozent wurden bezahlt.
Der Vermieter war wohl deshalb nicht gut auf die  Mode GmbH zu sprechen. 


Eine leitende Mitarbeiterin der Moder GmbH hat im selben Komplex ein Konkurrenzgeschäft aufgemacht und alle Mitarbeiter weggelockt. Im Insolvenzverfahren wurde von der Staatsanwalt-schaft wegen Insolvenzverschleppung und Bankrott ermittelt.

Der Geschäftsführer kam zu mir und bat um Hilfe.

Der Vermieter hat im Insolvenzverfahren die volle offene Miete angemeldet. Wenn man nur die Anmeldung betrachtet, sieht das Bild ungünstig aus. Man könnte glauben, die Gesellschaft war schon viel früher zahlungsunfähig. Wenn allerdings die Einwendungen und die Minderung berechtigt waren, dann sind die nicht bezahlten Mieten auch nicht im Status zur Prüfung der Zahlungsfähigkeit anzusetzen.
Es macht Sinn, Einwendungen gegen Forderungen schon im Ermittlungsverfahren ausführlich darzustellen und zu belegen, soweit sich aus der Darstellung keine anderweitigen negativen Schlüsse gezogen werden können. Der Strafverteidiger stellt daher dar, welche Mängel vorlagen und welche Minderung berechtigt war. Wenn er dies nicht macht, wird von der Staatsanwalt--schaft die volle offene Miete im Status zur Prüfung der Zahlungsunfähigkeit angesetzt.  Auskünfte wären für eine erfolgreiche Verteidigung sehr hilfreich, um möglichst eine Einstellung, ersatz-weise eine Einstellung gegen Geldauflage oder eine geringe Strafe zu erreichen. Nach meiner Erfahrung als Verteidiger in Insolvenzstrafsachen, ist eine abgestimmte Einlassung sinnvoll und notwendig zur Bewältigung der Komplexität der Wirtschaftsstaffälle.  

II. Verteidigung im Strafverfahren: Verständigung als eine Möglichkeit 

In einen anderen Fall wurde der Angeklagte A mit dem Vorwurf des Bankrotts (27 Fälle) konfrontiert in Tateinheit mit Betrug und Urkundenfälschung. Das Ziel des A war: 
Keine Haft.  Das erzielte Ergebnis: 1 Jahr auf Bewährung.

1. Sachverhalt 

  • Vorstrafe: A war bereits vorbestraft wegen Betrugs und erhielt damals eine Strafe von 2 Jahren auf Bewährung.
  • Bankrottvorwurf: A eröffnete ein Prepaid-Konto, auf das er Zahlungen leitete, die er an der Insolvenzmasse vorbei für sich nutzen wollte. Von 60.000 Euro, die auf das Konto geleitet wurden, waren später - als das Konto zufällig entdeckt wurde - nur noch 30.000 Euro vorhanden, die der Insolvenzverwalter zur Insolvenzmasse zog.
  • Akteneinsicht durch den Verteidiger
  • Stellungnahme zum Vorwurf in Absprache mit dem Beschuldigten
  • Es kommt zur Anklage
  • Verhandlung im Strafprozess
  • Der Verteidiger bat zu Beginn der Verhandlung um ein Verständigungsgespräch: Was bringt ein Geständnis? Der Verteidiger bot ein Geständnis an und fragte nach der Bestrafung
  • Vorläufige Auffassung des Richters: Bei einem reuigen Geständnis sollte maximal 1 Jahr Strafe auf Bewährung verhängt werden, mit einer Bewährungszeit von 3 Jahren
  • A stimmte - nach der Beratung mit seinem Verteidiger - zu und räumte den Anklagevorwurf vollständig ein. 
  • Das Gericht verhängte eine Bewährungsstrafe von einem Jahr.
  • Der Prozess dauerte 1 Stunde. 

    2. Verständigung im Strafprozess 

    Die Verständigung ist eine Alternative zur Durchführung einer normalen Strafverhandlung, die manchmal Tage dauert, oft auf Konflikte mit Staatsanwaltschaft und dem Gericht hinaus-läuft. Das Ergebnis ist offen. Es kann schlechter laufen als bei einer Verständigung.

    Verständigung ist eine Verfahrensweise, bei der sich das Gericht mit den Verfahrens-beteiligten über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigt.
    Hier sind eine Punkte zur Verständigung:
    a. Rechtliche Grundlage: § 257c StPO.
    b. Ablauf einer Verständigung:
     Angebot und Zustimmung:  Das Gericht schlägt eine Verständigung vor
    c. Inhalt der Verständigung:
    Es geht um die Rechtsfolgen, die im Urteil und den dazugehörigen Beschlüssen festgelegt werden können, sowie um verfahrensbezogene Maßnahmen und das Prozessverhalten der Beteiligten. Ein Geständnis des Angeklagten ist Bestandteil der Verständigung.
    d. Strafmaß:
    Verständigungen finden oft in der Hauptverhandlung statt.
    Durch das Geständnis des Angeklagten wird das angemessene Strafmaß ermittelt.
    e. Voraussetzungen und Folgen:
    Kein Schuldeingeständnis:
    Der Angeklagte muss kein Schuldeingeständnis ablegen, aber es kann zu einer günstigeren Strafe führen. Keine Änderung des Schuldspruchs:
    Der Schuldspruch darf nicht Gegenstand der Verständigung sein. Der Angeklagte wird über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung vom in Aussicht gestellten Ergebnis belehrt.

    Fazit: 
    Verständigungen können in geeigneten Fällen den Strafprozess effizient gestalten und Zeit und Kosten sparen. Im Fall oben war für den Mandanten eines wirklich wichtig:
    Keine Haft. Das wurde erreicht.  
    Es gibt andere Fälle, bei denen die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Insolvenzstraftat hinsichtlich der Folgen (kein Geschäftsführeramt mehr, drohende persönliche Haftung für Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife)  so einschneidend wären, dass man keine Verständigung vornimmt, sondern das Verfahren normal durchführt und auf Freispurch plädieren muss.

    Hermann Kulzer MBA
    Fachanwalt InsR, GesR, HR
    Wirtschaftsstrafverteidiger




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