Internationale Zuständigkeit im Scheidungsverfahren Teil III – International divorce jurisdiction 3

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Internationale Zuständigkeit bei rechtmäßigem Umzug

Ein französisches Paar lebt in Berlin. Sie haben zwei Kinder. Die Ehe kriselt, die Ehefrau möchte sich vom Ehemann trennen und zurück nach Frankreich ziehen. Sie will die Kinder mitnehmen. Hiermit ist der Vater nicht einverstanden. Die Ehefrau erwirkt vor dem Amtsgericht eine Entscheidung, wonach das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf sie übertragen wird und ihr der Wegzug nach Frankreich ausdrücklich genehmigt wird. Vier Monate nach dem Umzug möchte der französische Vater nunmehr einen Antrag auf Abänderung der getroffenen Entscheidung stellen, da die Kinder sich seiner Meinung nach in Frankreich nicht wohlfühlen und ausdrücklich den Wunsch geäußert haben, beim Vater zu leben. Weiterhin gibt er an, dass seine Frau die Kinder geschlagen habe.

Ist hier eine internationale Zuständigkeit des deutschen Familiengerichts für die Abänderung der Sorgerechtsentscheidung gegeben?

Es bestehen hier Bedenken bezüglich der internationalen Zuständigkeit des hiesigen Familiengerichts, da die Kinder wieder in Frankreich leben. Bei einem rechtmäßigen Umzug der Kinder in einen anderen Mitgliedsstaat kann der gewöhnliche Aufenthalt schon unmittelbar nach dem Eintreffen dort angenommen werden. In diesem Zusammenhang wird auch auf das EuGH-Urteil vom 02.04.2009 C523/07, FamRBint3/2009, S. 53 verwiesen.

Der EuGH definiert den gewöhnlichen Aufenthalt wie folgt: 

„Der gewöhnliche Aufenthalt eines Kindes ist der Ort, der Ausdruck einer gewissen sozialen und familiären Integration des Kindes ist. Hierfür sind insbesondere die Dauer, die Regelmäßigkeit und die Umstände des Aufenthalts in einem Mitgliedsstaats sowie die Gründe für diesen Aufenthalt und den Umzug in diesen Staat, die Staatsangehörigkeit des Kindes, Ort und Umstände der Einschulung, die Sprachkenntnisse sowie die familiären und sozialen Bindungen des Kindes in dem betreffenden Staat zu berücksichtigen. Es ist Sache des nationalen Gerichts, unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände des Einzelfalls den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes festzustellen.“

Der EuGH führt auch aus, dass die Absicht der Eltern, sich mit dem Kind dauerhaft in einem anderen Mitgliedsstaat niederzulassen, hierzu zählen z. B. der Erwerb oder die Anmietung einer Wohnung, ein Indiz für die Verlagerung des gewöhnlichen Aufenthalts sein kann. Der EuGH weist auch darauf hin, dass es am Ende der Prüfung sein kann, dass es nicht möglich ist, den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes zu ermitteln. In einem solchen Ausnahmefall sollen nach Art. 13 Abs. 1 Brüssel IIa-VO die Gerichte des Mitgliedsstaates zuständig sein, in dem sich das Kind befindet.

Im vorliegenden Fall fehlt es an einer internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte, denn der Umzug nach Frankreich war durch den Beschluss des Amtsgerichts rechtmäßig. Die Kinder leben zudem schon seit 4 Monaten in Frankreich und sind französische Staatsangehörige.

Wenden Sie sich in Ihrem Anliegen an unsere Anwältin.

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English Version:

International jurisdiction in case of legal move

A French couple lives in Berlin. They have two common children. The wife wants to separate from the husband and move back to France and wants to take the kids with her. The father does not agree with this. The wife obtained a decision before the local court according to which the right of residence of the Children was transferred to her and her move to France was expressly approved. Four months after the move, the French father would now like to make an application to change the decision since he believes that the children do not feel comfortable in France and have expressly expressed their wish to live with the father. He also states that his wife hit the children.

Does the German family court have international jurisdiction to amend the custody decision?

There are concerns about the international jurisdiction of the local family court as the children are back in France. If the children legally move to another member state their habitual residence can be accepted as soon as they arrive there. In this context, reference is also made to the ECJ judgment of 02.04.2009 C523 / 07, FamRBint3 / 2009, p. 53.

The ECJ defines habitual residence as follows:

„The habitual residence of a child is the place that is an expression of a certain social and family integration of the child. For this, in particular, the duration, the regularity and the circumstances of the stay in a member state as well as the reasons for this stay and the move to that state, the nationality of the child, place and circumstances of the enrollment, the language skills as well as the family and social ties of the child in the country in question. It is for the national court to determine the child's habitual residence, taking into account all the factual circumstances of the individual case.“

The ECJ also states that the parents' intention to permanently settle with the child in another member state includes e.g. the purchase or rental of an apartment can be an indication of a relocation. The ECJ also points out that at the end of the exam it may not be possible to determine the child's habitual residence. In such an exceptional case, the courts of the member state in which the child is located should be responsible under Article 13 (1) Brussels IIA Regulation.

In the present case, there is no international jurisdiction of the German courts because the move to France was lawful by the decision of the local court. The children have also been living in France for 4 months and are French nationals.

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