Iranisches ​Familienrecht - Iranisches Sorgerecht versus Frauenrechte als Menschenrechte

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Angesichts der iranischen Staatsangehörigkeit der Eheleute ist gemäß Artikel 8 Absatz 3 des Niederlassungsabkommens zwischen dem deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien vom 17.02.1929 (RGBl 1930 II 1002), das durch das deutsch-iranische Protokoll vom 4.11.1954 ausdrücklich bestätigt worden (BGBl 1955 II 829) iranisches Sorgerecht anzuwenden. Da die Beteiligten dem islamischen Glauben angehören und damit der schiitischen Mehrheit angehören, kommt hier das ZGB zur Anwendung.

Danach hätte der Kindesvater bei der Trennung der Beteiligten bereits primär die elterliche Sorge. Nach Art. 1169 ZGB hat der Vater die Personensorge, da das Kind bereits älter als 7 Jahre alt ist:

„Die hezanat und negahdari eines Kindes, dessen Eltern getrennt leben, obliegt primär der Mutter, bis die Kinder das 7. Lebensjahr erreicht haben, danach dem Vater“.

Das iranische ZGB benutzt den persischen Begriff negahdari und den arabischen Begriff hezanat als Synonyme. Beides kann mit dem Begriff Personensorge wiedergegeben werden. Man versteht darunter die Erziehung und Pflege des Kindes, die Aufsicht über das Kind, die Ordnung seiner gesellschaftlichen Verhältnisse und die Regelung und Berücksichtigung seines Umgangs mit seinen nahen Verwandten. Sie beinhaltet den körperlichen Schutz und die geistige und moralische Pflege. Die Entscheidung über den Wohnort des Kindes sowie die Umgangs- und Besuchsregelung gehört inhaltlich zur Personensorge (OLG Koblenz, Urteil vom 26.11.2008 – 9 UF 653/06, Rn. 82 ff. juris).

Art 1169 ZGB enthält eine Prioritätsregelung für die Personensorge der Kinder. Danach steht die Personensorge bis zur Vollendung des 7. Lebensjahres des Kindes (nach dem Sonnenkalender) primär der Mutter, danach dem Vater zu. Eine Unterscheidung nach dem Geschlecht des Kindes findet seit 2002 nicht mehr statt. Der Vorrang der Mutter beruht auf der Annahme, dass das Kindeswohl auf diese Weise am besten berücksichtigt wird, da Mütter zur Betreuung von Säuglingen und Kleinkindern als besser geeignet erachtet werden (Henrich/Dutta/Ebert, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderteil Iran S. 92).

Aber auch aus Gründen des Kindeswohls, woraus auch die Anmerkung zu Art. 1169 ZGB anspielt, kann das Sorgerecht auf den Kindesvater zu übertragen, diese Anmerkung lautet:

„Sollten die Eltern eines Kindes, das das 7. Lebensjahr erreicht hat, über die Sorgerechtsfrage nicht einigen können, so entscheidet das Gericht darüber unter Berücksichtigung des Wohles des Kindes“.

Die Anmerkungen zu den einzelnen Paragraphen sind Bestandteile des Originaltextes. Der iranische Gesetzgeber zieht es offensichtlich vor, nach einer Vorschrift eine Anmerkung einzufügen, um nicht einen Paragraphen mit einer alphabetischen Ziffer einfügen zu müssen (OLG Koblenz, Urteil vom 26.11.2008 – 9 UF 653/06, Rn. 83 juris). Streiten sich demnach die Eltern über die Personensorge, trifft das Gericht die Entscheidung über die Zuteilung der Personensorge unter Berücksichtigung des Wohles des Kindes (Henrich/Dutta/Ebert, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderteil Iran S. 92).

Foto(s): dr dr iranbomy iranisches recht

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