Ist das Fotografieren anderer Personen eine Straftat?

  • 5 Minuten Lesezeit

Auf Plattformen im Internet wimmelt es nur so von Fotos und Videos. Immer mehr Leute nehmen Bilder auch im öffentlichen Raum auf, sodass zwangsläufig fremde Personen auf den Aufnahmen zu sehen sind. Diese beschweren sich teilweise und fordern die Löschung der Aufzeichnungen oder drohen sogar mit rechtlichen Schritten. Doch wie sieht die juristische Lage tatsächlich aus? Wann sind Aufnahmen von anderen Personen gestattet und wann nicht? Und kann man sich sogar strafbar machen, wenn man Menschen ohne ihr Einverständnis fotografiert? Dieser Artikel ist ein Ratgeber zu all diesen Fragen.

1. Überblick

Wenn Sie häufig Film- oder Bildaufnahmen fertigen, werden Sie nicht selten damit konfrontiert, dass andere Menschen unfreiwillig darauf zu sehen sind. Es stellt sich die Frage, wie man als Hersteller der Aufnahmen damit umgehen sollte.

Die beste Lösung ist, die Aufnahme so zuzuschneiden, dass die andere Person nicht mehr zu sehen ist oder sie unkenntlich zu machen. Natürlich kann man auch bereits im Vorhinein die Leute bitten, zur Seite zu gehen, sofern sie nicht im Bild sein möchten. Doch das gelingt nicht immer und manchmal sind die Menschen im Hintergrund gerade wichtig für den unverfälschten Eindruck, den ein Bild machen soll. Somit gilt es, die Persönlichkeitsrechte der Abgebildeten ausreichend zu wahren, um nicht in juristische Bedrängnis zu geraten.

2. Grundlagen: Persönlichkeitsrechte

Anmerkung: Es ist rechtlich zwischen dem Strafrecht und dem Zivilrecht zu unterscheiden. Zivilrechtlich können Sie beispielsweise mit Unterlassungsklagen des Fotografierten oder mit Schadensersatzforderungen konfrontiert werden. In diesem Artikel möchten wir uns jedoch auf die strafrechtliche Sicht konzentrieren.

Das Fotografieren einer Person ohne ihre Einwilligung stellt eine potenzielle Straftat dar und kann eine Geld- oder Freiheitsstrafe nach sich ziehen. Besonders bei der Veröffentlichung von Fotos ist Vorsicht geboten, da dies unter Umständen als Verletzung der Persönlichkeitsrechte gewertet werden kann.

Tipp: Die Persönlichkeitsrechte sind disponibel, d.h. die gezeigte Person kann jederzeit in die Herstellung oder Veröffentlichung einwilligen. Wenn Sie Ärger vermeiden möchten, können Sie die betroffenen Personen also einfach ansprechen und nach ihrem Einverständnis fragen. (Achtung: Das Einverständnis zur Aufnahme stellt kein Einverständnis zur Veröffentlichung dar - dieses muss gesondert erteilt werden!)

3. Fotografieren ohne Einwilligung: Eine Straftat?

Das Fotografieren von Personen ohne deren Einwilligung kann in bestimmten Fällen als Straftat gewertet werden. Die Straftatbestände gelten dabei sowohl für das Herstellen als auch für das Verbreiten und Veröffentlichen der Aufnahmen. Grundsätzlich sind verschiedene Fälle zu unterscheiden:

Aufnahmen von Personen in bestimmten Situationen (§ 201a I, II StGB)

Hierunter fällt:

  • Die Aufnahme einer Person in einem geschützten Raum (zB. Privatwohnung, Umkleidekabine)

  • Die Aufnahme einer Person in einer hilflosen Lage

  • Die Aufnahme einer grob anstössigen Darstellung einer verstorbenen Person

  • Sonderfall: eine solche Aufnahme mit Einwilligung wird unbefugt einer dritten Person zugänglich gemacht

  • Aufnahmen, die dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich schaden können (zB. Krankheit, Alkoholeinfluss, Nacktheit)

Aufnahmen von Minderjährigen (§ 201a III StGB)
Hiervon werden erfasst:

  • Die Darstellung der Nacktheit von Minderjährigen zur entgeltlichen Verwendung

  • Der Erwerb solcher Darstellungen


Aufnahmen des Intimbereichs einer Person (§ 184k StGB)

Dabei werden unter Strafe gestellt:

  • Die Aufnahme des gegen Anblick geschützten Intimbereichesbzw. der Unterwäsche

  • Sonderfall: eine solche Aufnahme mit Einwilligung wird unbefugt einer dritten Person zugänglich gemacht


Das zufällige/ungewollte Aufnehmen von anderen Personen unterfällt dagegen keinem Straftatbestand, wenn die Personen lediglich „mit auf dem Bild“ sind und nicht das Motiv darstellen. Wenn die Person nicht identifizierbar ist, besteht ohnehin kein Problem. Sollte sie erkennbar sein, ist dies ebenfalls irrelevant, sofern die Aufnahme der Sozialsphäre entstammt. Dazu zählen beispielsweise öffentliche Veranstaltungen oder Versammlungen, große Konzerten und der Straßenverkehr. Hier müssen Personen regelmäßig davon ausgehen, auf Fotos oder Videos aufzutauchen.

4. Strafrechtliche Konsequenzen

Sollten Sie eine Aufnahme der eben bezeichneten Art angefertigt oder verbreitet haben, müssen Sie bei Strafantragstellung durch das Opfer mit einem Ermittlungsverfahren und gegebenenfalls einer Verurteilung zu Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren rechnen.

5. Sonderfall: Aufnahmen zu Beweiszwecken

Auch wenn Aufnahmen zu Beweiszwecken gemacht werden, verhält es sich wie oben erläutert. Denn der Zweck heiligt nicht immer die Mittel. Ausnahmen sind hier allerdings möglich bei Fotos und Videos, die lediglich in die Sozialsphäre der Abgebildeten eingreifen und nicht in deren Privat- oder Intimsphäre. Hierunter fallen beispielsweise Aufnahmen von Dashcams oder Überwachungskameras, da diese nur ein ohnehin öffentliches Geschehen abbilden.

Darüber hinaus kann bei besonders schweren Straftaten eine Abwägung vorgenommen werden, ob die Aufnahmen einem Beweisverwertungsverbot vorliegen oder womöglich doch als Beweis in das Verfahren eingeführt werden dürfen. Hierbei müssen die Interessen der heimlich aufgenommenen Person und das staatliche Interesse an der Strafverfolgung gegeneinander abgewogen.

6. Schutz für Opfer: Rechtliche Möglichkeiten

Opfer von unerlaubten Fotografien haben in Deutschland verschiedene Möglichkeiten, ihre Rechte durchzusetzen. Wenn Sie ohne Ihre Einwilligung fotografiert wurden oder ein Bild von Ihnen gegen Ihren Willen veröffentlicht wurde, können Sie rechtliche Schritte einleiten, wie zum Beispiel die Stellung einer Strafanzeige. Auch zivilrechtliche Schritte sind möglich.

Falls nur ein Missverständnis vorliegt, genügt es meist, den Täter zu kontaktieren und ihn zu bitten, die Inhalte zu löschen. Wenn die Aufnahmen im Internet veröffentlicht wurden, können Sie zudem auch den Betreiber der Plattform dazu auffordern, die Inhalte von der Seite zu nehmen und zu löschen.

Wenn Sie sich juristisch wehren wollen, denken Sie daran, Beweise zu sichern. Fertigen Sie zum Beispiel Screenshots an und stellen Sie diese Ihrem Rechtsanwalt beziehungsweise der Polizei zur Verfügung. Falls der Täter anonym ist, sichern Sie auch die Informationen zu dem Account, der die Daten veröffentlicht, um die Strafverfolgung möglichst effektiv zu unterstützen. Es ist außerdem wichtig, bei der Polizei ausdrücklich Strafantrag zu stellen, denn die besagten Delikte werden in den meisten Fällen nur verfolgt, wenn ein solcher Antrag vorliegt.

7. Fazit

Das Filmen und Fotografieren anderer Personen ist somit im Ergebnis nicht grundsätzlich als Straftat zu bewerten. Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalls an: Art der Aufnahme, abgebildete Person, Situation der Entstehung, Motiv des Bildes, ggf. die Entgeltlichkeit, Verwendungszweck, Einverständnis der dargestellten Personen und viel mehr sind ausschlaggebend dafür, ob die Aufnahme erlaubt ist oder nicht. Um eine Strafbarkeit zu vermeiden, ist ein sensibler Umgang mit dem Thema wichtig.

Falls Sie mit einer Strafanzeige wegen unbefugten Film- oder Fotoaufnahmen konfrontiert sind, suchen Sie sich umgehend rechtlichen Beistand. Dasselbe gilt für Opfer solcher Aufnahmen. Die Durchsetzung Ihrer Rechte kann durch einen erfahrenen Fachanwalt für Strafrecht effektiver vollzogen werden. Auch für Opfer ist die Unterstützung durch einen erfahrenen Anwalt hilfreich, um bei den Ermittlungsbehörden schneller Gehör zu erlangen und ernst genommen zu werden.

Zögern Sie daher nicht und vereinbaren noch heute eine kostenlose telefonische Ersteinschätzung zu Ihrem Anliegen unter https://termin.rechtsanwalt-erhard.de. Unsere Strafverteidiger und Fachanwälte für Strafrecht in München stehen Ihnen gerne mit Rat zur Seite.



Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Claus Erhard

Beiträge zum Thema