Ist die Erstberatung kostenlos?

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Es ist allgemein bekannt, dass Anwälte arbeiten, um Geld zu verdienen. Trotzdem taucht diese Fragestellung immer wieder auf. – Warum ist das so?


Zunächst einmal haben die Klienten beim ersten Kontakt mit dem Anwalt nicht unbedingt das Bewusstsein, damit eine kostenpflichtige Tätigkeit auszulösen. Schließlich ist im Fachhandel die Kundenberatung auch kostenlos.

Dabei gibt es allerdings einen entscheidenden Unterschied: Der Fachhandel erwirtschaftet seinen Umsatz durch den Verkauf von Waren. Die Produktberatung ist eine Nebenleistung zur Vorbereitung des eigentlichen Geschäfts.

Beim Anwalt ist die Beratung keine Nebenleistung, sondern die Hauptsache. Seine Hauptleistung ist seine Zeit und Expertise. Diese Ressourcen werden oft schon beim ersten Gespräch beansprucht. Damit ist eigentlich schon klar, dass und warum der Anwalt auf die Erstberatung berechnen darf und ggf. auch berechnen muss.


Viele Klienten haben keine klare Vorstellung davon, was eine Erstberatung überhaupt ist. Daher will ich etwas Licht in die Dunkelheit bringen:


Keine Beratung ist das reine Abfragen von Daten und Fakten. Das ist einmal Fakt.


Grenzwertig wird es bei der Frage, ob sich eine weitere Prüfung der Sache lohnt.

Da einmal Hand aufs Herz:  Der Anwalt ist auch Unternehmer und wird deshalb nur selten von vornherein ein angetragenes Mandat als aussichtslos abtun. Meiner Ansicht nach wird damit der Bereich der Erstberatung nach meiner Meinung noch nicht tangiert.


Anders sieht es aus, wenn dem Anwalt ein Sachverhalt zur Prüfung vorgelegt wird (vielleicht sogar mit Urkunden, Zeugenaussagen, Gutachten, Bildaufnahmen usw.).

Werden solche Informationen bei oder nach der Kontaktaufnahme übermittelt, kann sich der Auftrag an den Anwalt nur noch schwer im Rahmen der Erstberatung halten. In aller Regel wird dann eine qualifizierte Expertise verlangt, sodass die Erstberatungsgebühr schon gar nicht mehr in Rede steht.

Das bedeutet, er muss Zeit und Fachwissen einsetzen, um die Lage zu beurteilen. Hier beginnt definitiv eine zusätzliche Leistung, die auch die Vergütungspflicht auslöst. Dabei spielt es keine Rolle, ob es zuvor zu einem Erstberatungsgespräch gekommen ist oder nicht. Die Anforderung verlässt den Abgeltungsbereich der Erstberatungsgebühr.

Gleichwohl verzichten viele Anwälte auf die Erhebung von Gebühren. Das kann verschiedene Gründe haben, nämlich hauptsächlich:


Marketing / geringer Aufwand / Kundenpflege

Die Sache führt sowieso zu einer vergütungpflichtigen Tätigkeit

Die Befassung mit dem Fall war extrem unangenehm


Dabei handelt es sich aber immer um den Verzicht auf Gebühren, die nach den gesetzlichen Regelungen verdient sind und normalerweise auch erhoben werden müssen. Wenn Anwälte darauf verzichten, verschaffen sich einen unlauteren Wettbewerbsvorteil. Wenn das nachgewiesen wird (schwierig, aber nach einem Anwaltswechsel durchaus möglich), dann kann das sehr unangenehme Konsequenzen haben.


Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass eine kostenlose Erstberatung nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt, etwa bei Gesprächen bis maximal 15 Minuten. Dann lohnt sich der Aufwand bei der Rechnungsstellung nicht oder die Tätigkeit geht sowieso in weiteren Gebührentatbeständen auf.


Der Begriff der Erstberatung ist also wörtlich zu nehmen. Der Bereich der Erstberatung wird definitiv schon dann verlassen, wenn es nicht mehr um die erste Beratung geht, sondern um eine Folgeleistung. Das Fenster für eine kostenlose Leistung ist also relativ klein.


Wollen Sie eine rechtsverbindliche Auskunft mit Anwaltshaftung oder nur einen Small-Talk mit juristischem Hintergrund? Das eine ist eine Unterhaltung, das andere eine Leistung.


Wie kann man das abgrenzen?


Fragen Sie den Anwalt, ob das erste Gespräch kostenfrei bleibt! 


In aller Regel wird Ihnen der Anwalt die Kostenfreiheit bestätigen und reagieren, wenn er den relevanten Bereich als erreicht ansieht. Und selbst dann sind die Gebühren auf maximal 190,00 € netto begrenzt und werden von einer Rechtsschutzversicherung normalerweise auch in voller Höhe übernommen.


Der bundesweite Durchschnitt der anwaltlichen Stundenvergütung liegt bei etwa 180,00 € - 250,00 € Die Kosten für Datenerfassung, Aktenanlage und Rechnungsstellung belaufen sich auf schätzungsweise 50,00 €. Irgendwo in diesem Bereich dürfte sich das Segment bewegen, wo der Anwalt auf die Kosten der Erstberatung verzichtet.

Das bedeutet: Sobald Sie den Anwalt mehr als 15 Minuten in Anspruch nehmen, stellt sich die Honorarfrage. Aber selbst dann können Sie in der Regel mit großer Kulanz rechnen.


Sobald der Anwalt aber nach dem ersten Gespräch mit weiteren Aufgaben betraut wurde, haben Sie den Bereich der möglichen Kostenbefreiung längst verlassen.  Im Normalfall befinden sie sich dann im Bereich der Beratungs- oder Geschäftsgebühr.


Fazit:


Bei einer kurzen (telefonischen) Anfrage von weniger als 15 Minuten dürfen Sie von Kostenfreiheit ausgehen. – Aber fragen Sie lieber vorher nach.


Sobald Sie irgendwelche Dokumente oder Dateien übermittelt und zur Prüfung vorlegen, sind Sie aus dem Bereich der Erstberatung heraus. Der nächste Schritt erfordert nämlich die Auswertung der Unterlagen und damit einen weiteren Arbeitsvorgang.


Bitte beachten Sie in diesem Zusammenhang auch, dass der Anwalt für das Ergebnis seiner Auswertung in vollem Umfang haftet. Jede falsche Auskunft löst also entsprechende Schadensersatzansprüche aus. Die Übernahme eines Haftungsrisikos darf man aber nur gegen Vergütung erwarten. 


Das ist wohl klar. Sollte es aber sein.









Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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