Kann man angeklagt und verurteilt werden, weil man Empfänger einer abgefangenen Postsendung mit Drogen ist?

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Die Zahl der Ermittlungsverfahren und der Anklageschriften ,welche nur auf einer abgefangenen Postsendung mit Drogen beruhen, nehmen gegenwärtig ständig und stark zu. Dies beruht insbesondere auf zahlreichen neu geschaffenen Ermittlungseinheiten vom Zoll und der Polizei. 

Das besondere an diesen Ermittlungsverfahren ist, dass es in der Regel keine Ermittlungsergebnisse bezüglich einer Bestellung oder Bezahlung gibt. Wobei die Polizei örtlich sehr unterschiedlich Finanzermittlungen überhaupt durchführt, teilweise werden solche Ermittlungen gar nicht durchgeführt und teilweise werden alle Kontobewegungen (einschließlich paypal) der letzten Jahre kontrolliert. In der Regel ergeben die Finazermittlungen aber nichts Belastendes.

Ebenfalls örtlich sehr unterschiedlich werden in solchen Verfahren Durchsuchungen durchgeführt, dies hängt unter anderem von der Menge der Drogen ab. 

Wenn aber die Ermittlungen der Polizei keine weiteren Indizien bzw. Beweismittel ergeben, ist es leicht für Beschuldigte zu behaupten, sie hätten weder die Sendung noch deren Inhalt bestellt oder auch gar bezahlt . Die Staatsanwaltschaft wird dies dann  nur schwerlich widerlegen können.


Anders ist die Lage immer dann, wenn es zusätzlich belastende Indizien gibt. Hierzu zählt unter anderem der nachweislich feststehende Besitz, Konsum oder Erwerb entsprechender Substanzen in der Vergangenheit. Dann wird die zuständige Staatsanwaltschaft das im Einzelfall als ausreichend ansehen, um die abgefangene Postsendung als (versuchten) Erwerb von Betäubungsmiteln anzuklagen. Aus Verteidigersicht ist es natürlich zweifelhaft, dass jemand, der in der Vergangenheit eine bestimmte Droge mal konsumiert oder besessen hat, jetzt eine größere Menge online bestellt haben soll. Deshalb ist es in solchen Fällen manchmal sinnvoller, nicht vollständig als Beschuldigter oder Angeklagter zu schweigen sondern eine geschickte Einlassung mit dem Verteidiger zu erarbeiten. 

Bei mehrenen Familienmitgliedern oder Bewohnern einer Wohnung muss auch immer problematisiert werden, wer Zugang zum Briefkasten hat. In der Regel dürfte jedes Familienmitglied oder jeder Bewohner der Wohnung den Zugang und damit die Leerungsmöglichkeit des Briefkastens haben. 

Es gibt noch einige andere Verteidigungsansätze bei entsprechenden Verfahren; man muss aber zu Kenntnis nehmen, dass es jedes Jahr zahlreiche entsprechende Verurteilungen gibt. 



Ulli H. Boldt

Fachanwalt für Strafrecht

Berlin-Dresden-Erfurt-Leipzig

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