Kann man den Unterhaltstitel des Kindes befristen?

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Wer seinem minderjährigen Kind unterhaltspflichtig ist, möchte seine Unterhaltszahlungen oft im Vorhinein zeitlich begrenzen. In der unterhaltsrechtlichen Praxis ist dies mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, eine Befristung durchzusetzen und damit umzugehen. Tendenziell stehen die Interessen des bedürftigen Kindes im Vordergrund. Eine Befristung von Titeln ist selten, allerdings hält das Gesetz selbst eine indirekte Entfristung mit Erreichen der Volljährigkeit vor. Bei unbefristeten Unterhaltstiteln lohnt sich deswegen fast immer eine Neuberechnung des Unterhalts ab dem 18. Geburtstag Ihres Kindes.

Befristung beim Kindesunterhalt bis zum 18. Lebensjahr möglich?

Schulden Sie Ihrem leiblichen Kind Unterhalt, hat das Kind Anspruch darauf, dass der Unterhaltsanspruch rechtsverbindlich festgestellt, spricht tituliert wird. Titulieren bedeutet, dass aus dem Dokument die Zwangsvollstreckung betrieben werden kann, falls Sie mit den Unterhaltszahlungen in Verzug kommen. Ein typischer Unterhaltstitel ist die Jugendamtsurkunde, in der der unterhaltspflichtige Elternteil den Anspruch des Kindes auf Kindesunterhalt gegenüber dem Jugendamt anerkennt. Diese Titulierungspflicht besteht auch dann, wenn Sie

  • den Unterhalt immer unstreitig und fristgerecht gezahlt haben und
  • dies auch in der Zukunft tun wollen.

Sind Sie Ihrem minderjährigen Kind unterhaltspflichtig, ist es naheliegend, die Unterhaltszahlungen bis zum 18. Lebensjahr des Kindes zeitlich befristen zu wollen. Dies lässt sich damit begründen, dass das volljährige Kind ab dem 18. Lebensjahr nur dann noch Anspruch auf Unterhalt hat, wenn es sich in der Schul- oder Berufsausbildung befindet und insoweit auf die Unterstützung der Eltern angewiesen ist. Einige Jugendämter lassen sich durchaus auf dieses Argument ein und befristen den Titel bis zum 18. Lebensjahr des Kindes.

Unterhaltstitel über Vereinfachtes Verfahren immer unbefristet

Aus Sicht des Kindes besteht der Nachteil darin, dass mit Eintritt der Volljährigkeit kein vollstreckbarer Unterhaltstitel mehr besteht. Es wäre darauf angewiesen, seinen Unterhaltsanspruch erneut geltend zu machen und gegebenenfalls gerichtlich einzufordern. Sollte der unterhaltspflichtige Elternteil die Unterhaltszahlungen eingestellt haben, hätte das Kind keine oder nicht ausreichend Liquidität, um seine Lebensbedarf abzudecken.

Das Oberlandesgericht Hamm hat deshalb entschieden, dass der unterhaltspflichtige Elternteil zur Vorlage eines Unterhaltstitels verpflichtet sei, der unbefristet und ohne zeitliche Einschränkung ausgestellt ist (OLG Hamm, Beschluss v. 9.2.2011, Az. 8 WF 37/11). Es wird damit argumentiert, dass das Gesetz keine Befristung des Kindesunterhalts vorsieht. Es sei dem Kind auch nicht zuzumuten, sich sofort mit Eintritt seiner Volljährigkeit einen neuen Unterhaltstitel beschaffen zu müssen.

Insbesondere, wenn der Unterhalt für das Kind im sogenannten vereinfachten Unterhaltsverfahren festgesetzt wird, lehnt die Rechtsprechung grundsätzlich eine Befristung ab. Hier wird argumentiert, dass der Unterhaltsanspruch des minderjährigen Kindes auch über das 18. Lebensjahr hinaus bestehen könne, ungeachtet dessen, dass die mit Eintritt des 18. Lebensjahres bestehende Unterhaltspflicht beider Elternteile die unterhaltsrechtliche Situation verändert (OLG Brandenburg, Beschluss v. 26.7.2006, Az. 9 UF 118/06).

Befristung aus Sicht des unterhaltspflichtigen Elternteils (Unterhaltsschuldner)

Sollte das Kind mit Erreichen des 18. Lebensjahres trotz alledem und nach wie vor den vollen, zuvor titulierten Unterhalt fordern, haben Sie als Unterhaltsschuldner gute Aussichten, Ihre bestehende Unterhaltspflicht infrage zu stellen. Bis zum 18. Lebensjahr hängt Ihre Unterhaltspflicht ausschließlich von Ihrem Einkommen ab. Das Einkommen des betreuenden Elternteils spielt im Regelfall keine Rolle. Sie zahlen den nach der Düsseldorfer Tabelle zu bemessenden Kindesunterhalt.

Ab 18. Geburtstag schulden (meistens) beide Eltern Cash

Ab dem 18. Lebensjahr ändert sich diese unterhaltsrechtliche Situation. Wird das Kind volljährig, werden beide Elternteile barunterhaltspflichtig. Der Umstand, dass ein Elternteil das Kind weiterhin betreut, rückt in den Hintergrund. Ab diesem Zeitpunkt haben Sie als unterhaltspflichtiger Elternteil auch Anspruch auf Auskunft und Belegvorlage gegenüber dem bislang betreuenden Elternteil. Es empfiehlt sich, diese Ansprüche bereits einige Zeit vor der Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes geltend zu machen. Ergibt sich eine wesentliche Abweichung von wenigstens 10 %, haben Sie Anspruch darauf, dass der bestehende Unterhaltstitel abgeändert wird. Gegebenenfalls muss der Änderungswunsch im Wege der Abänderungsklage gerichtlich geltend gemacht werden.

Als weiteres Argument lässt sich anführen, dass Sie nur verpflichtet sind, den tatsächlich bestehenden Unterhaltsanspruch anzuerkennen und zu titulieren. Wird das Kind volljährig, ändert sich der Berechnungsmodus, weil auch die Barunterhaltspflicht das bislang betreuenden Elternteils Berücksichtigung findet. Beide Elternteile sind jetzt anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen barunterhaltspflichtig.

Gesetz enthält indirekt selbst eine Befristung

Sollten Sie verpflichtet werden, über die Volljährigkeit hinaus einen unbefristeten Unterhaltstitel zu titulieren, würde dies bedeuten, dass Sie in jedem denkbaren Fall auch über die Volljährigkeit hinaus unterhaltspflichtig bleiben. Sie können schlecht verpflichtet werden, einen Unterhaltstitel zu errichten, der sachlich falsch ist. Der Hinweis in der Rechtsprechung, dass das Gesetz keine Befristung für den Unterhalt vorsehe, betrifft nur den Unterhalt des minderjährigen Kindes. Da die Minderjährigkeit mit Eintritt der Volljährigkeit endet, enthält das Gesetz eigentlich indirekt selbst eine Befristung. Daraus lässt sich ableiten, dass der Unterhalt des minderjährigen Kindes durchaus einer Befristung zugänglich ist.

Unterhaltsneuberechnung ab dem 18. Lebensjahr

Sollten Sie die Unterhaltszahlungen mit Eintritt der Volljährigkeit des Kindes einstellen wollen, müssen Sie damit rechnen, dass das Kind aus dem bestehenden Unterhaltstitel die Zwangsvollstreckung betreibt, obwohl der Unterhaltsanspruch sachlich möglicherweise gar nicht mehr begründet ist.

Deswegen: Wird Ihr Kind volljährig, sollten Sie den Unterhalt neu berechnen lassen. Ihr Kind hat jetzt nur noch Anspruch auf Unterhalt, wenn es sich in der Schul- oder Berufsausbildung befindet. Um den Unterhalt zu berechnen, wäre sowohl das Kind als auch der bislang betreuende Elternteil aufzufordern, Auskunft über deren Lebenssituation und Einkommensverhältnisse zu erteilen. So wird beispielsweise BAföG und Kindergeld voll auf den Unterhalt angerechnet und reduziert die Barunterhaltspflicht beider Elternteile.

Befristung aus Sicht des Unterhaltsgläubigers

Sind Sie als vertretungsberechtigter Elternteil Ihres minderjährigen Kindes der- oder diejenige, der Kindesunterhalt fordert, ist Ihr Anspruch auf einen unbefristeten Unterhaltstitel nachvollziehbar. Wird das Kind volljährig, sollte ein bestehender Unterhaltstitel jedoch nicht als Hebel benutzt werden, den festgesetzten Unterhalt ungeachtet der Entwicklung der Lebenssituation des Kindes unverändert einzufordern. Zu leicht würde man damit

  1. den unterhaltspflichtigen Elternteilprovozieren, die Unterhaltszahlungen einzustellen oder
  2. Abänderungsklage beim Familiengericht einreichen zu müssen.

Wenn jeder die Situation des anderen angemessen berücksichtigt, sollte es möglich sein, eine einvernehmliche Regelung zu finden, die nicht zuletzt auch den Interessen des volljährigen Kindes dienlich ist.

Alles in allem

Auch wenn die Dinge einfach erscheinen, erfordern die gegensätzlichen Interessen von unterhaltsberechtigtem Kind und unterhaltspflichtigem Elternteil eine Abwägung, aus der sich unterhaltsrechtliche Grundsätze ableiten lassen. Als unterhaltspflichtiger Elternteil stehen Sie vor der Herausforderung, Ihrer Unterhaltspflicht einerseits gerecht zu werden, andererseits aber nur Unterhalt zahlen zu müssen, wenn und solange das Kind finanziell bedürftig ist. 

Sind Sie interessiert daran, eine aktuelle Höhe Ihrer oder der Unterhaltspflicht des anderen Elternteils/beider Elternteile in Erfahrung zu bringen, senden Sie uns über das untenstehende Kontaktformular eine unverbindliche Nachricht!

Foto(s): iurFRIEND

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