Kaufhof und Karstadt fusionieren – was tun bei Kündigungen?

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Nachdem die beteiligten Banken dem Zusammenschluss von Karstadt und Kaufhof zugestimmt haben, steht der Übernahme von Kaufhof durch Karstadt nun nichts mehr im Weg. Viele Arbeitnehmer müssen um ihre Arbeitsplätze bangen. Was sollten die Betroffenen eines möglichen Stellenabbaus im Voraus wissen?

In der kommenden Woche soll der Vertrag zwischen dem Karstadt-Eigentümer und der Kaufhof-Mutter HBC unterzeichnet werden, in dem Karstadt die Kaufhofkette übernimmt. Gleichzeitig wird über einen Stellenabbau nach der Fusion der Handelskonzerne spekuliert. Im Zuge des Zusammenschlusses der beiden Kaufhaus-Giganten könnten Medienberichten zufolge zwischen 4500 bis 5000 der knapp 20.000 Arbeitsplätze vor allem bei Kaufhof gestrichen werden. Diese Zahl ist zwar möglicherweise sehr hoch gegriffen. Trotzdem könnte eine große Anzahl an Stellen durch betriebsbedingte Kündigungen auf dem Spiel stehen. Der Stellenabbau soll Bereiche Logistik, Einkauf und die beiden Zentralen in Essen und Köln betreffen. Einen Automatismus für die Schließung jeweils eines Kaufhauses bei Doppelstandorten in bestimmten Städten soll es bisher nicht geben. Jedoch ist es wahrscheinlich, dass ein Hauptsitz, entweder von Kaufhof in Köln oder von Karstadt in Essen aufgelöst wird. Karstadt-Besitzer Benko soll laut einem Bericht bis zu 300 Millionen Euro für die Sanierung von Kaufhof und für Abfindungen eingeplant haben.

Der Arbeitgeber darf jedoch bei derartigen unternehmerischen Maßnahmen die Betriebsräte nicht außen vorlassen, sodass diese die Rechte der Arbeitnehmer weitestgehend sichern können. In der Regel sind dafür Interessensausgleichsverträge und Sozialpläne vorgesehen. Bei der Karstadt/Kaufhof – Fusion soll ein Sanierungstarifvertrag geplant sein. Doch was tun, wenn die Kündigung kommt?

Wie wehrt man sich als Betroffener gegen betriebsbedingte Kündigungen?

Wichtig ist, dass man innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung Kündigungsschutzklage einreicht. Versäumt man diese Frist, gilt die Kündigung als wirksam.

1. Es lag ein Betriebsübergang vor.

Kündigungen von Arbeitsverhältnissen wegen des Übergangs eines Betriebes oder Betriebsteils sind unwirksam.

Der sog. Betriebsübergang ist in § 613a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt und führt dazu, dass der Erwerber kraft Gesetzes in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen eintritt. Alle bereits erworbenen Rechte, wie etwa verlängerte Kündigungsfristen und Anwartschaften auf Betriebsrente, würden bestehen bleiben.

Auch die bestehenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen müssen mit dem neuen Inhaber fortgeführt werden und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil der Arbeitnehmer geändert werden.

Doch wann liegt ein solcher Betriebsübergang vor? Das Gesetz selbst äußert sich nicht ausdrücklich zu den Voraussetzungen. Die Gerichte haben hierzu aber einen Kriterien-Katalog entwickelt. Es muss eine Reihe von Merkmalen vorliegen, damit ein Betriebsübergang bejaht werden kann. Für einen Betriebsübergang kommt es danach darauf an, ob der neue Inhaber eine „wirtschaftliche Einheit“ übernimmt. Dafür müssen je nach Art des betreffenden Unternehmens die wirtschaftlich maßgeblichen Sach- und/oder Personalstrukturen übergehen, welche die Identität des jeweiligen Betriebes ausmachen. Bei den Dienstleistungsbetrieben kommt es entscheidend darauf an, ob ein wesentlicher Teil der Belegschaft vom Erwerber übernommen wurde. Zudem spielen auch Kriterien wie Übernahme des Kundenstamms, der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Betriebsübergang verrichteten Tätigkeiten, die Arbeitsorganisation sowie Betriebsmethoden maßgebliche Rolle.

Im Falle eines Betriebsübergangs hat der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber die von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang zwingend in Textform über den Zeitpunkt des Übergangs zu informieren. Den Grund für den Übergang, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen für die Arbeitnehmer und die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen sind ebenfalls darzulegen.

Das Kündigungsverbot gilt aber nur für Kündigungen wegen eines Betriebsübergangs. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt eine solche betriebsübergangsbedingte Kündigung vor, wenn das Motiv der Kündigung wesentlich durch den Betriebsübergang bedingt ist. Kündigungen aus anderen Gründen bleiben dagegen erlaubt. So kann der Arbeitgeber auch weiterhin aus verhaltens- und personenbedingten Gründen kündigen. Zu den anderweitigen Kündigungen zählen im Sinne des Gesetzes aber auch betriebsbedingte Kündigungen.

2. Die betriebsbedingte Kündigung ist sozial ungerechtfertigt.

Grundsätzlich kann der Arbeitgeber aufgrund „betrieblicher Erfordernisse“, wie der Schließung einer Filiale, in deren Folge künftig Arbeitsplätze wegfallen werden, eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen. Erste Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer solchen Kündigung ist aber, dass sie „dringlich“ ist. Das heißt: Es darf keine weitere Möglichkeit zur Beschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers auf einen andern Arbeitsplatz bestehen. Sollten sich also freie Stellen wiederfinden, die mit der bisherigen Stelle des Arbeitnehmers vergleichbar sind, ist die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht „dringlich“. Aber auch in dem Fall, dass kein vergleichbarer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, kann die Kündigung unwirksam sein. Sollten für den Arbeitnehmer zumutbare Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen bestehen oder eine Weiterbeschäftigung zu neuen Arbeitsbedingungen möglich sein, denen der Arbeitnehmer zustimmt, muss er weiter beschäftigt werden. Abschließend wird auch immer noch eine Interessenabwägung vorgenommen zwischen dem Kündigungsinteresse des Arbeitgebers und dem Interesse des Arbeitnehmers, am Arbeitsverhältnis festzuhalten.

3. Es wurden Fehler bei der Sozialauswahl gemacht.

Im Wesentlichen muss bei der sog. Sozialauswahl darauf geachtet werden, dass nur diejenigen Mitarbeiter gekündigt werden, die unter sozialen Gesichtspunkten am wenigsten schutzbedürftig sind. Maßgebliche Abwägungsgründe sind hier:

  • Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • Das Lebensalter des Mitarbeiters
  • Unterhaltspflichten
  • Eine etwaige Schwerbehinderung

Konkret bedeutet das, dass demjenigen, der seinen Arbeitsplatz noch nicht so lange innehat und besser in der Lage ist, eine neue Stelle zu finden, vorzugsweise zu kündigen ist.

Vorsicht bei Aufhebungsverträgen

Sollte ihnen nicht gekündigt, sondern ein Aufhebungsvertrag angeboten werden, sollten Sie diesen nicht blindlings unterschreiben. Ratsam ist es, ihn vorher von einem Anwalt prüfen zu lassen. Durch einen Aufhebungsvertrag kann der Arbeitnehmer beispielsweise eine Kündigungsfrist umgehen und den rechtlichen Unsicherheiten, die mit einer betriebsbedingten Kündigung einhergehen, zuvorkommen. Der Kündigungsschutz des Arbeitnehmers wird hier durch eine vertragliche Vereinbarung umgangen. Dies bringt dem gekündigten Arbeitnehmer jedoch keine bzw. kaum Vorteile.

Vorsicht sollte sogar in Bezug auf die im Aufhebungsvertrag häufig integrierte Abfindung walten lassen. Eine scheinbar „hohe“ Abfindung muss sich im Endeffekt nämlich nicht unbedingt für den Arbeitnehmer lohnen.

Denn der Arbeitnehmer muss mit Nachteilen durch den Aufhebungsvertrag rechnen. Da das Arbeitsverhältnis nicht einseitig vom Arbeitgeber aufgelöst wurde, kann die Agentur für Arbeit eine 12-wöchige Sperrzeit verhängen, in der kein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht. Auch besteht keine Möglichkeit, im Wege der Kündigungsschutzklage gegen einen solchen Aufhebungsvertrag vorzugehen, sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass er doch ungünstig für einen ist.

Rechtsschutzversicherung sinnvoll?

In Anbetracht der Lage bei Karstadt/Kaufhof könnte es sinnvoll sein, jetzt eine Rechtschutzversicherung abzuschließen, die Arbeitsrecht mit abdeckt. Hier sollte jedoch unbedingt bedacht werden, dass Rechtsschutzversicherungen nicht direkt bei Abschluss schon den vollen Versicherungsschutz gewähren. Bei Versicherungen für Arbeitsrecht beträgt diese so genannte „Wartezeit“ 3 Monate.

Medienberichten zufolge könnte es sein, dass erste Kündigungen bereits in zwei Monaten ausgesprochen werden. Doch da bisher jedoch noch keine Verhandlungen über Sozialpläne, Interessenausgleichsreglungen bzw. den angekündigten Sanierungstarifvertrag mit Karstadt/Kaufhof geführt wurden, könnte es auch sein, dass die ersten Kündigungen erst später rausgehen. Der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung kann sich noch lohnen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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