Kausalität: Zur Kenntnis des Anlegers vom Testat

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In der BGH-Entscheidung vom BGH v. 12.3.2020 - VII ZR 236/19 -  war einem Anleger Schadensersatz aufgrund eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerkes in einem Prospekt aus den Gründen des § 826 BGB zugesprochen worden. Auf die Kenntnis des unrichtigen Bestätigungsvermerkes durch den Anleger kommt es hiernach im Ergebnis nicht an.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hätte der Anleger die Bestätigungsvermerke des Prüfers zwar nicht eigenständig zur Kenntnis genommen. Jedoch sei die Zeichnung der Orderschuldverschreibungen über die Vermittlerin erfolgt, die eine prospektgestützte Beratung durchgeführt hätte und Kenntnis von den Basisprospekten nebst Jahresabschlüssen, Lageberichten und Bestätigungsvermerken des Beklagten hatte.

Ob dem Anleger durch die Vermittlerin der Basisprospekt für Orderschuldverschreibungen 2011/2012 zugänglich gemacht wurde, darauf komme es nicht an. In dem Urteil wurde ausgeführt:

Vielmehr greifen die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten Grundsätze über die Beeinflussung der Anlageentscheidung durch Prospektfehler ein, die unabhängig davon gelten, ob das Schadensersatzbegehren auf vertragliche oder deliktische Ansprüche gestützt wird (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2013 - III ZR 139/12 Rn. 15, NJW 2013, 1877; Urteil vom 29. Mai 2000 - II ZR 280/98, NJW 2000, 3346, juris Rn. 10; Kessen, jurisPRBKR 7/2013 Anm. 3). Es entspricht der Lebenserfahrung, dass ein Prospektfehler auch ohne Kenntnisnahme des Prospekts durch den Anleger für die Anlageentscheidung ursächlich wird, wenn der Prospekt entsprechend dem Vertriebskonzept der Fondsgesellschaft von den Anlagevermittlern als Arbeitsgrundlage verwendet wird, weil dann die Anleger auf andere als die im Prospekt genannten Risiken nicht hingewiesen werden konnten (BGH, Urteil vom 17. Juli 2018 - II ZR 13/17 Rn. 16, NJW-RR 2018, 1202; Urteil und Versäumnisurteil vom 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06 Rn. 16, WM 2008, 391; Urteil vom 14. Juli 2003 - II ZR 202/02, NJW-RR 2003, 1393, juris Rn. 18). Zwar geht es im Streitfall nicht um die Haftung eines Prospektverantwortlichen für Prospektfehler (vgl. BGH, Beschluss vom 21. November 2018 - VII ZR 3/18 Rn. 21 ff.), sondern um die Haftung eines Wirtschaftsprüfers für unrichtige Bestätigungsvermerke, die in Prospekten Verwendung gefunden haben. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die mit Kenntnis des Beklagten im Prospekt abgedruckten Bestätigungsvermerke aufgrund der Verwendung des Prospekts entsprechend dem Vertriebskonzept der F. durch die Anlagevermittler auch Grundlage der Anlageentscheidung des Klägers geworden sind“, BGH v. 12.3.2020 - VII ZR 236/19.

Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden habe, greife daher auch in einem solchen Fall die auf Tatsachenerfahrung beruhende Vermutung für die Ursächlichkeit eines fehlerhaften Bestätigungsvermerks (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2013 - III ZR 139/12 Rn. 14 f., NJW 2013, 1877; Kessen, jurisPR-BKR 7/2013 Anm. 3), BGH v. 12.3.2020 - VII ZR 236/19.

Fazit: Es sei nicht erforderlich, dass der unrichtige Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers zum Scheitern der Anlage geführt habe, weil der Anlageentschluss des Anlegers regelmäßig das Ergebnis einer Gesamtentscheidung darstelle, bei der alle Vor- und Nachteile sowie Chancen und Risiken der betreffenden Anlage gegeneinander abgewogen worden seien und durch unzutreffende Informationen des Prospekts in das Recht des Anlegers eingegriffen worden sei, in eigener Entscheidung und Abwägung darüber zu befinden, ob er in die Anlage investieren wolle oder nicht (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2003 - II ZR 202/02, NJW-RR 2003, 1393, juris Rn. 18), BGH v. 12.3.2020 - VII ZR 236/19.



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