Kein Ende der Diskussion um Blitzer des Typs PoliScan speed

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Das Messgerät PoliScan speed der Firma Vitronic steht seit seiner Einführung in der Kritik durch Sachverständige. Das Für und Wider dieses Messverfahrens wird in der Fachliteratur heftig diskutiert und auch auf die Fehleranfälligkeit des Verfahrens hingewiesen.

Die Oberlandesgerichte sahen sich hierdurch jedoch bislang nicht daran gehindert, das Verfahren als sogenanntes standardisiertes Messverfahren anzusehen. Die simple Argumentation: Das Messverfahren sei von der Physikalisch-Technischen-Bundesanstalt (PTB) zugelassen und damit standardisiert.

Unter „standardisierten Messverfahren" versteht man infolge einer grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 1993 ein durch Normen vereinheitlichtes (technisches) Verfahren, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgesetzt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind.

Für die Bußgeldrichter führt der Grundsatz des „standardisierten Messverfahrens" zu einer erheblich vereinfachten Beweisführung. Beruft sich der Richter auf ein standardisiertes Messverfahren, muss er Tatsachen, die Zweifel an der Zuverlässigkeit der Geschwindigkeits- oder Abstandsmessung erwecken, in den Urteilsgründen nur erörtern, wenn der Einzelfall dazu Veranlassung gibt. Das hat in der Praxis zu einer Art Beweislastumkehr zu Lasten der Betroffenen geführt. Der Tatrichter muss sich nur von der Zuverlässigkeit der Messung überzeugen, wenn ihm konkrete Anhaltspunkte für Messfehler  dargetan werden. Es obliegt somit dem betroffenen Verkehrssünder darzulegen, dass die zum Teil sehr komplizierte Messung in seinem Fall nicht ordnungsgemäß erfolgt ist.

Damit gibt sich die amtsgerichtliche Rechtsprechung in Fällen von  PoliScan speed- Messungen zum Glück aber nicht immer zufrieden.

Einige Amtsrichter haben insbesondere die fehlende Möglichkeit der Überprüfung der Messung beanstandet und Betroffene deshalb freigesprochen.

So konnte beispielsweise das Amtsgericht Aachen seine Zweifel an der Standardmäßigkeit des Messverfahrens nicht überwinden, weil es nicht einmal für den gerichtlich bestellten Sachverständigen die Möglichkeit gab, die Grundlagen der PTB-Zulassung des Messsystems zu überprüfen, insbesondere dessen exakte Funktionsweise bei der PTB. Andererseits wollte das Gericht auch nicht annehmen, dass die PTB über jeden Zweifel erhaben wäre.

Weil weder die PTB noch die Herstellerfirma Vitronic dem gerichtlich bestellten Sachverständigen unter Berufung auf patenrechtliche Bestimmungen Zugang zu den relevanten Daten gewährt habe, war das Gerät aus Sicht des Gerichts als „black box" anzusehen. Da der Wahrheitsfindung im Bußgeldprozess, unter Berücksichtigung der erheblichen Folgen für den Betroffenen, der Vorrang gegenüber dem wirtschaftlichen Geheimhaltungsinteresse der Hersteller-Firma eingeräumt werden müsse, war der Betroffene folgerichtig freizusprechen (Urteil vom 10.12.2012 - Az.: 444 OWi 606 Js 31/12-93/12).

Ähnlich argumentierte auch schon das Amtsgericht Herford, das an der Gerichtsverwertbarkeit des Messverfahrens erhebliche Zweifel äußerte (Urteil vom 24.01.2013, Az.: 11 OWi-502 Js 2650/12-982/12).

Nun hat sich auch das Amtsgericht Tiergarten den Zweifeln den Einwänden gegen dieses Messverfahren angeschlossen (Urteil vom 13.6.2013, Az.: (318 OWi) 3034 Js-OWi 489/13 (86/13)).

Fazit:

Das Argument, die Zulassung der PTB liegt vor und daher gibt es keine Bedenken, reicht meines Erachtens bei PoliScan speed nicht aus. Die Amtsgerichte stellen sich nicht ohne Grund gegen die OLGs. Es bleibt zu hoffen, dass endlich auch mal ein Obergericht sich deren Sichtweise anschließen wird.  

Hinweis in eigener Sache:

Der Verfasser des Beitrags, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Christian Demuth, vertritt und verteidigt Menschen in Bußgeldverfahren und Strafverfahren aus dem Bereich des Straßenverkehrs - bundesweit. Geschwindigkeitsmessungen mit den Messgerät PoliScan Speed, ES3.0 und Riegl LR90, Traffipax-Speedophot, Multanova. Traffiphot-S und Riegl FG21-P stellen dabei einen Schwerpunkt dar.

Weitere Infos: http://www.cd-recht.de


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