Keine Bindungswirkung grob rechtswidrigen Verweisungsbeschlusses

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Die Verweisung eines Rechtsstreits nach § 17 a GVG ist grundsätzlich unabänderlich und bindend, sobald sie unanfechtbar worden ist. Eine Durchbrechung dieser Bindungswirkung kommt ausnahmsweise dann in Betracht, wenn die Verweisung nach objektiven Maßstäben sachlich unter keinem Gesichtspunkt mehr zu rechtfertigen, daher willkürlich und der Rechtsfehler als extremer Verstoß gegen die den Rechtsweg und seine Bestimmung regelnden materiell- und verfahrensrechtlichen Vorschriften zu qualifizieren ist, oder wenn der Beschluss jedweder Grundlage entbehrt oder dazu führt, dass die Verweisung bei Auslegung und Anwendung der maßgeblichen Normen sich in einer nicht mehr hinnehmbaren Weise von dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des gesetzlichen Richters entfernt hat.


Mit dieser Begründung hat der BGH mit Beschluss vom 08.12.2016 – 2 ARs 196/16, 2 AR 138/16 -

im vorliegenden Fall das Verwaltungsgericht zuständig erklärt. Vorangegangen war eine Verweisung des vom Kläger angerufenen Verwaltungsgerichtes an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichtes und damit ein Gericht eines anderen Gerichtszweiges. Dem lag die Klage des damals in Sicherungsverwahrung befindlichen Klägers gegen seine präventiv-polizeiliche Einstufung durch das LKA in eine bestimmte Risikogruppe zu Grunde, aufgrund deren eine betreute Wohneinrichtung ihre vorläufige Zusage im Rahmen der Entlassungsvorbereitung widerrufen hatte. Hiergegen hatte der Kläger seine verwaltungsgerichtliche Klage gegen das Land, vertreten durch das Ministerium des Inneren, gerichtet. Das Oberverwaltungsgericht hatte die Beschwerde des Klägers gegen die Verweisung an die Strafvollstreckungskammer mit der – nicht haltbaren - Begründung zurückgewiesen, dass keine Maßnahme der Gefahrenabwehr vorläge, sodass die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts zuständig sei. Dieses legte indes die Frage dem BGH zur Entscheidung über den zulässigen Rechtsweg entsprechend  § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO vor.


Diese Regelung betrifft zwar unmittelbar nur Kompetenzkonflikte zwischen verschiedenen ordentlichen Gerichten im zivilprozessualen Verfahren, ist nach Auffassung des BGH jedoch bei negativen Kompetenzkonflikten zwischen Gerichten verschiedener Gerichtszweige entsprechend anwendbar, wenn dies, wie vorliegend, zur Wahrung einer funktionierenden Rechtspflege und der Rechtssicherheit notwendig ist. Gemessen an dem vorstehenden Maßstab war die Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht eine schwerwiegende, nicht mehr hinnehmbare Verletzung der Rechtswegordnung, die mit Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG schlichtweg nicht mehr zu vereinbaren ist.


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