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Keine Brötchen vom Apotheker

  • 2 Minuten Lesezeit
Johannes Schaack anwalt.de-Redaktion

Ein Päckchen Taschentücher, eine Schachtel Hustenbonbons oder vielleicht auch eine Tüte Gummibärchen: Solche kostenlosen Dreingaben an der Apothekenkasse kennt man zur Genüge. Eine findige Apothekerin dagegen steckte ihren Kunden, die Rezepte einlösten, Brötchengutscheine zu – und bekam dafür jede Menge Ärger vor Gericht.

Was hätten’s denn gerne zu Ihrem Antibiotikum oder Ihren hoch dosierten Migränekapseln? Zwei „Wasserweck” (so nennt man eine in Hessen beliebte Weizenbrötchenart) oder doch lieber ein krosses „Ofenkrusti“?

Diese Wahl bot man den Kunden einer Apotheke aus Darmstadt. Denn wenn dort verschreibungspflichtige Arzneimittel über den Ladentisch gingen, erhielt jeder Kunde unaufgefordert einen Brötchengutschein, der sich in einer Backstube in der Nähe einlösen ließ.

Gratis-Brötchengutscheine bei verschreibungspflichtigen Medikamenten sorgten für Zoff vor Gericht

Besagter Kniff erwies sich offenbar als beachtlicher Erfolg und fand bei den Kunden des Unternehmens regen Zuspruch – bis ein ungenannter gewerblicher Interessenverband darauf aufmerksam wurde und rotsah.

Der Fall landete wenig später vor Gericht und die findige Apothekerin erhielt durch die Richter eine klare Abfuhr. Denn das Oberlandesgericht Frankfurt sah in den „Brötchen-Boni“ trotz ihres geringen Werts einen unzulässigen wirtschaftlichen Vorteil. Die originelle Aktion musste somit auf der Stelle eingestellt werden.

Gutscheine als Verstoß gegen Arzneimittelpreisverordnung

Die Idee der geschäftstüchtigen Apothekerin klingt wie ein gelungener Marketing-Gag und das Gerichtsurteil nach Erbsenzählerei, finden Sie? Nun, wer das Arzneimittelgesetz und die sogenannte Arzneimittelpreisverordnung kennt, dürfte sich wohl eher auf die Seite der Frankfurter Richter schlagen. Denn bereits seit dem Ende der 1970er Jahre unterliegen verschreibungspflichtige Arzneimittel in Deutschland einer strengen Preisbindung, was nicht nur einen fairen Wettbewerb, sondern auch eine flächendeckende Versorgung mit Medikamenten gewährleisten soll.

Sämtliche Arten von Rabattierung auf verschreibungspflichtige Arzneimittel sind somit tabu. Und auch ein auf den ersten Blick harmloser Gutschein für ein paar Backwaren lässt sich nicht als „Peanuts“ abtun. Vielmehr ist und bleibt er ein Versuch, die gesetzlich vorgeschriebene Preisbindung auszuhebeln.

Apotheker müssen weiterhin mit der Preisbindung für Medikamente vorliebnehmen

Zugegeben – nicht nur unter Apothekern ist die Arzneimittelpreisbindung mittlerweile mehr als umstritten. Zudem wurde sie letztes Jahr durch den Europäischen Gerichtshof als mit dem geltenden EU-Recht unvereinbar empfunden.

Als Resultat dürfen ausländische Apotheken auf dem hiesigen Markt günstigere Preise verlangen. Für deutsche Apotheken gilt die streng vorgegebene Preisgestaltung für rezeptpflichtige Arzneimittel jedoch weiterhin – und Gesetz ist nun einmal Gesetz.

Da wir gerade dabei sind: Sollten Sie sich bereits einmal gefragt haben, weswegen Apotheken die eingangs genannten Dreingaben (Gummibärchen, Taschentücher) nur bei rezeptfreien Medikamenten verteilen – nun kennen Sie die Antwort!

Auch Kuschelsocken sind ein No-Go

Übrigens haben wir es hier nicht mit dem ersten Fall zu tun, bei dem originelle Zugaben zu verschreibungspflichtigen Medikamenten für Ärger vor Gericht sorgten. Vor einigen Jahren hatte eine Apotheke aus dem Raum Coesfeld ihre Kunden beim Einlösen von Rezepten mit Gutscheinen für Kuschelsocken und Geschenkpapier „belohnt“. Eine sicherlich kreative Idee – doch den Ausgang vor Gericht können Sie sich nun gewiss vorstellen.

(OLG Frankfurt, Urteil v. 02.11.2017, Az.: 6 U 164/16)

(JSC)

Foto(s): ©Shutterstock.com

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