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Kind mit Punsch verbrüht – Haftung des Erziehers?

  • 3 Minuten Lesezeit

Die kalte Jahreszeit ist da und damit steigt bei Kindern und Erwachsenen das Verlangen nach heißen Getränken wie Kinderpunsch, Kakao oder Glühwein. Daher werden bei vielen Arten von Veranstaltungen diese Getränke ab sofort wieder vermehrt verkauft, beispielsweise auf Advents- oder Weihnachtsmärkten. Dass mit solchen heißen Flüssigkeiten auch Gefahren verbunden sind, darüber sind sich die meisten Menschen nicht bewusst, was ein kleines Mädchen am eigenen Körper schmerzhaft erfahren musste.

Adventsmarktbesuch mit Folgen

Ein fünfjähriges Mädchen besuchte mit seinen Eltern einen Adventsmarkt in einer Jungendbetreuungseinrichtung. Dort gab es besondere Bastelangebote und Spiele für Kinder. Während die Eltern sich noch mit Bekannten unterhielten, rannte das Kind mit ausgebreiteten Armen durch die Räume und spielte Flugzeug. Zu diesem Zeitpunkt kam ein Erzieher aus der Küche und trug einen Topf mit heißem Kinderpunsch vor sich, um diesen zum Verkaufsstand zu bringen. Es kam, wie es kommen musste – das Mädchen stieß mit voller Wucht gegen den Topf und der heiße Kinderpunsch schwappte auf das Kind. Folgen waren Verbrühungen im Gesicht, am Hals, den Ohren und am Unterarm, die zehn Tage stationär im Krankenhaus und anschließend noch ambulant behandelt werden mussten.

Keine Haftung des Erziehers

Die Eltern verklagten den Erzieher im Namen ihrer Tochter auf Zahlung von 5000 Euro Schmerzensgeld und Ersatz der Behandlungskosten nach §§ 823 Abs. 1, 253 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – allerdings ohne Erfolg.

Verkehrssicherungspflichten beachtet

Die Richter am Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart stellten in ihrem Urteil fest, dass der Mann alles getan hatte, um einen solchen Unfall zu verhindern.
Er war verkehrssicherungspflichtig, d. h. er musste alles tun, damit sich beim Transport des heißen Apfelpunsches keine Gefahr für die Gesundheit anderer Menschen, besonders Kinder, verwirklicht. Dazu gehört, dass er die nach den gegebenen Umständen im Verkehr erforderlichen, rechtlich gebotenen Vorsichtsmaßnahmen getroffen hat, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angestellter in einer Einrichtung für Kinder in der gegebenen Situation für ausreichend halten durfte, um Verbrühungen durch herausschwappende Flüssigkeit aus dem Topf zu verhindern.

Der Erzieher hatte den großen und schweren Topf mit dem heißen Getränk höchstens zur Hälfte gefüllt und zusätzlich einen Deckel auf den Topf gesetzt, der nicht nur lose auflag, sondern der fest in eine ringförmige Führung eingelassen war. Dieses Vorgehen bot soweit hinreichende Sicherheit, dass selbst beim Zusammenstoß mit einem Hindernis in Gehgeschwindigkeit oder bei einem eventuellen Stolpern kein Apfelpunsch aus dem Topf herausschwappen konnte.

Schaden aufgrund eines ungewöhnlichen Geschehens

In ihrem Urteil stellten die Richter klar, dass das Mädchen nur durch einen ganz ungewöhnlichen, so nicht einzuplanenden Geschehensablauf zu Schaden kam. Das Kind spielte unmittelbar vor dem Unfall Flugzeug und rannte dafür sehr schnell durch die Räume. Dabei prallte es mit außergewöhnlicher Wucht von vorne gegen den Erzieher. Zusätzlich wollte sich auch noch mit den Händen am heißen Topf abstützen.

Dies stellt ein sehr ungewöhnliches Geschehen dar, dessen Gefährlichkeit sich erst durch die Kombination aus mehreren Faktoren ergeben hat. Aus diesem Grund konnte der Mann schon gar keine weitergehende Vorsorge treffen als die Maßnahmen, die er schon im Vorfeld des Unfalls getroffen hatte. Aus diesem Grund war ihm kein schuldhaftes Verhalten vorzuwerfen und er musste weder Schmerzensgeld noch Schadensersatz für die Behandlungskosten zahlen.

Fazit: Bestehen Verkehrssicherungspflichten, so müssen diese eingehalten werden. Es besteht aber keine Pflicht alle möglichen Schäden zu verhindern.

(OLG Stuttgart, Urteil v. 18.06.2016, Az.: 2 U 140/14)

(WEI)

Foto(s): ©Adobe Stock/karepa

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