Kinder Unterhalt fordern oder Unterhalt reduzieren, weniger zahlen, Mangelfall Pflichten

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I. Unterhalt aktuelle Lage

Unterhalt spielt im Familienrecht eine zentrale Rolle, wenn es um die finanzielle Absicherung von Kindern oder (ehemaligen) Ehepartnern geht. Daraus ergeben sich viele Fragen: Wer muss zahlen? Wie berechnet man den Unterhalt? Welche Rolle spielen Kindergeld und Selbstbehalt? Und welche Besonderheiten gelten ab 2025?

In diesem Artikel werden verschiedene Unterhaltsformen erläutert – insbesondere der Kindesunterhalt und der Ehegattenunterhalt. Außerdem erfahren Sie, wie die sogenannte Düsseldorfer Tabelle auszulesen ist, worauf es beim Selbstbehalt ankommt und wie sich die Zahlung ggf. reduzieren lässt. Am Ende folgt ein Überblick zum Mangelfall. 


1. Überblick über die Unterhaltsarten

1.1 Kindesunterhalt

Kindesunterhalt betrifft alle Kinder, egal ob minderjährig oder volljährig (solange sie sich noch in der Erst­ausbildung bzw. Studium befinden). Bei getrenntlebenden Eltern muss derjenige Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, Barunterhalt zahlen. Der andere Elternteil leistet durch die tägliche Betreuung Naturalunterhalt.

Wesentliche Eckpunkte:

  • Bemessung nach der Düsseldorfer Tabelle (siehe unten).
  • Ab einem bestimmten Alter (i. d. R. ab 18) sind beide Eltern proportional an den Kosten zu beteiligen, wobei das Kindergeld komplett abgezogen wird.
  • Zu beachten ist immer der sogenannte Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen.

1.2 Ehegattenunterhalt

Der Ehegattenunterhalt teilt sich in zwei Stadien:

  1. Trennungsunterhalt (zwischen Trennung und rechtskräftiger Scheidung).
  2. Nachehelicher Unterhalt (nach der Scheidung), sofern einer der geschiedenen Ehegatten sich nicht (mehr) eigenständig versorgen kann und bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

Klassische Beispiele, wann nachehelicher Unterhalt zu zahlen ist:

  • Ein Ehegatte betreut noch kleine Kinder.
  • Erkrankungen oder lange Ehedauer, bei der eine eigenständige Existenzsicherung nicht möglich oder unzumutbar ist.

Beide Ehepartner sind gesetzlich gehalten, nach Kräften den eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Besteht jedoch beispielsweise durch Kindererziehung oder gesundheitliche Gründe eine eingeschränkte Erwerbsfähigkeit, kann ein Unterhaltsanspruch entstehen.

1.3 Elternunterhalt

Unterhaltspflichten bestehen grundsätzlich auch zwischen Verwandten in gerader Linie (z. B. Eltern und erwachsene Kinder). In der Praxis spielt jedoch umgekehrt häufig der Elternunterhalt eine Rolle, wenn Eltern pflegebedürftig werden und das Sozialamt gegebenenfalls Regress bei den (erwachsenen) Kindern nimmt. Dieser Punkt soll hier nur als Hinweis genannt werden, da er ebenfalls ein Teilgebiet des Unterhaltsrechts ist.


2. Die Düsseldorfer Tabelle als Maßstab für den Kindesunterhalt

Die Düsseldorfer Tabelle ist eine bundesweit anerkannte Richtlinie zur Berechnung des Kindesunterhalts. Sie wird jährlich angepasst und bildet den sogenannten Mindestunterhalt für minderjährige und – in eigenen Abschnitten – volljährige Kinder ab. Einige Kernpunkte aus den Neuregelungen und dem Kontext:

  • Ab 1. Januar 2025 gilt laut aktueller Fassung für Kinder unter 6 Jahren ein Mindestbetrag von 482 Euro pro Monat.
  • Für Kinder zwischen 6 und 11 Jahren steigt der Mindestbetrag auf 554 Euro.
  • Für Kinder ab 12 bis 17 Jahre sind 653 Euro vorgesehen.
  • Studierende, die nicht mehr zuhause wohnen, haben im Jahr 2025 einen Richtwert von 990 Euro pro Monat.

Die Tabelle ist in verschiedene Einkommensstufen unterteilt. Das relevante Einkommen (nach Abzug aller zulässigen Posten) wird in die passende Stufe einsortiert. Der in der Tabelle angeführte Betrag ist der sogenannte Tabellenbetrag (Bedarf). Vom Tabellenbetrag eines minderjährigen Kindes darf die Hälfte des Kindergelds abgezogen werden, um den Zahlbetrag zu ermitteln.

Beispiel:
• Liegt das unterhaltsrelevante Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen bei 3.400 Euro (Einkommensstufe 5) und das Kind ist acht Jahre alt, sieht die Düsseldorfer Tabelle (2025) 665 Euro Tabellenbetrag vor. Zieht man das halbe Kindergeld (aktuell 127,50 Euro) ab, ergibt sich ein Zahlbetrag von 537,50 Euro monatlich.


3. Selbstbehalt und Bedarfskontrollbetrag

Ein wichtiger Grundsatz im Unterhaltsrecht ist, dass der Pflichtige seine eigene Existenz bestreiten können muss. Für arbeitende Unterhaltspflichtige liegt der notwendige Selbstbehalt (auch Eigenbedarf genannt) für ein minderjähriges oder privilegiert volljähriges Kind 2025 bei 1.450 Euro. Ist der Pflichtige nicht erwerbstätig, fallen 1.200 Euro an. Diese Beträge sind so kalkuliert, dass darin mehrere Positionen wie Wohnung, Nebenkosten und Heizung enthalten sind.

Bei höheren Einkommensgruppen ist neben dem Selbstbehalt noch der sogenannte Bedarfskontrollbetrag relevant. Er soll dem Unterhaltspflichtigen oberhalb bestimmter Einkommensschwellen ein angemessenes Existenzminimum sichern, wenn er in einer höheren Stufe der Düsseldorfer Tabelle landet.


4. Kindergeld und seine Bedeutung beim Unterhalt

Das Kindergeld erhalten regelmäßig die Elternteile vollständig ausbezahlt, die das Kind überwiegend betreuen (z. B. die Mutter oder der Vater, bei dem das Kind lebt). Gesetzlich steht das Kindergeld aber beiden Elternteilen zur Hälfte zu (§ 1612 b BGB). Konsequenz: Der barunterhaltspflichtige Elternteil darf die Hälfte des Kindergelds vom Tabellenbetrag abziehen. Damit verringert sich die Unterhaltssumme. Ab 1. Januar 2025 steigt das Kindergeld erneut auf 255 Euro für jedes Kind (unabhängig vom Einkommen der Eltern), sodass sich das hälftige Kindergeld auf 127,50 Euro beläuft.

Volljährige Kinder: Hier wird das Kindergeld in voller Höhe angerechnet, sodass sich der Tabellenwert entsprechend reduziert. Allerdings tragen ab der Volljährigkeit grundsätzlich beide Eltern anteilig den Unterhalt, je nach Leistungsfähigkeit und Einkommensverhältnissen.


5. Mehrbedarf und Sonderbedarf

Die in der Düsseldorfer Tabelle festgelegten Regelsätze bzw. Tabellenbeträge decken die Kosten für Ernährung, Kleidung, Schulbedarf, Freizeit und Alltagskosten ab. Allerdings können darüber hinaus Mehr- oder Sonderbedarf entstehen:

  • Mehrbedarf: wiederkehrende, meist monatliche Sonderposten, z. B. Kosten für eine spezielle Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Studiengebühren oder dauerhaft notwendige Nachhilfe.
  • Sonderbedarf: einmalige, außergewöhnliche und nicht vorhersehbare Aufwendungen. Beispiele sind besonders teure Klassenfahrten oder hohe Kosten durch einen Kieferorthopäden.

Beide Eltern tragen Mehr- oder Sonderbedarf anteilig im Verhältnis ihrer Einkommenshöhe.


6. Unterhaltsvorschuss, wenn der Pflichtige nicht zahlt

Zahlt ein unterhaltspflichtiger Elternteil gar nicht oder zu wenig, kann sich der betreuende Elternteil an das Jugendamt wenden und einen sogenannten Unterhaltsvorschuss beantragen. Diese Leistung springt bis zu einer gewissen Altersgrenze für den fehlenden Unterhalt ein. Der Staat (das Jugendamt) fordert später den geleisteten Betrag vom säumigen Unterhaltspflichtigen zurück.


7. Ehegattenunterhalt – Trennung und Scheidung

7.1 Trennungsunterhalt

Der Trennungsunterhalt setzt formell ab dem Zeitpunkt der Trennung ein – sofern ein Partner bedürftig ist und der andere leistungsfähig. Die Faustregel: Wer während der Ehe mehr verdient hat, muss bei Bedürftigkeit des anderen Partners bis zur Scheidung und unter bestimmten Voraussetzungen auch darüber hinaus Unterhalt zahlen.

7.2 Nachehelicher Unterhalt

Nach der rechtskräftigen Scheidung setzt der Grundsatz der Eigenverantwortung ein. Nur wenn besondere Unterhaltstatbestände erfüllt sind (z. B. Betreuung gemeinsamer minderjähriger Kinder, Krankheit, Gebrechen, lange Ehedauer etc.), kommt der nacheheliche Unterhalt in Betracht.

Die Höhe richtet sich ebenfalls nach den eheprägenden Lebensverhältnissen und den beidseitigen Einkommensverhältnissen. Hier wird oft geprüft, ob der unterhaltsberechtigte Ex-Ehepartner eine angemessene Erwerbstätigkeit aufnehmen kann.


8. Praktische Tipps zur Geltendmachung von Unterhalt

  1. Auskunfts- und Belegpflicht
    Der Unterhaltsberechtigte (z. B. der Elternteil, bei dem das Kind wohnt) hat einen Anspruch auf Auskunft über das Einkommen des Pflichtigen. Umgekehrt sollte jeder Unterhaltspflichtige nur das offenlegen, was rechtlich tatsächlich verlangt werden kann.

  2. Titel und Sicherheit
    Wer regelmäßig Unterhalt erhält, sollte oft einen sogenannten Titel (z. B. Jugendamtsurkunde oder gerichtlichen Beschluss) anstreben. Dieser erleichtert die Durchsetzung, wenn es einmal zu Zahlungsverzögerungen kommt.

  3. Keine dauerhaften Absprachen gegen das Gesetz
    Eltern dürfen in Deutschland keine Abrede treffen, die das Kind dauerhaft schlechterstellt als den gesetzlichen Mindestunterhalt. Ein gänzlicher Verzicht auf Kindesunterhalt ist nicht möglich.

  4. Regelmäßige Überprüfung
    Änderungen im Einkommen oder neue Familienkonstellationen (z. B. weitere Kinder, Heirat, Arbeitslosigkeit) rechtfertigen oft eine Überprüfung oder Anpassung des titulierten Unterhalts.


9. Ausblick

Die Düsseldorfer Tabelle wird seit einigen Jahren in kürzeren Abständen, meist jährlich, angepasst. Die finanzielle Entwicklung, die allgemeine Preissteigerung und das Existenzminimum für Kinder haben direkten Einfluss auf die Mindestunterhaltsverordnung. Aufgrund der Kürze der Aktualisierungszeiträume lohnt es sich, Änderungen im Auge zu behalten und bei wesentlichen Einkommens- oder Lebensveränderungen eine konkrete Neuberechnung des Unterhalts vorzunehmen.


10. Fazit

Unterhalt ist ein komplexes, aber für Kinder und Ex-Ehepartner sehr wichtiges Thema. Die Düsseldorfer Tabelle bietet eine wertvolle Richtschnur, um die monatlichen Unterhaltsbeträge zu bestimmen und fair auf beide Elternteile zu verteilen. Themen wie Kindergeldanrechnung, Selbstbehalt und Sonderbedarf machen deutlich, dass bei der Unterhaltsberechnung sehr individuelle Faktoren eine Rolle spielen.

Wer Unterhaltsansprüche erfolgreich durchsetzen oder den eigenen Zahlpflichten sicher nachkommen möchte, sollte die Grundlagen kennen. Änderungen der Einkommensverhältnisse, steigende Lebenshaltungskosten und persönliche Entwicklungen müssen stets berücksichtigt werden, um den Unterhalt bedarfsgerecht anzupassen.

Der Kinderschutz steht dabei an oberster Stelle – das Gesetz und die Gerichte sorgen dafür, dass Kinder bekommen, was sie für eine angemessene Lebensführung benötigen. Gleichzeitig wird gewährleistet, dass dem zahlenden Elternteil genügend Mittel für die eigene Existenz übrigbleiben.


II. Unterhalt reduzieren?

Wenn Väter weniger Unterhalt zahlen möchten, ist stets zu prüfen, worauf sich der Unterhaltsanspruch konkret stützt und welche Punkte eine Verringerung rechtfertigen können. Entscheidend sind dabei regelmäßig:

  • Das unterhaltsrelevante Einkommen des Unterhaltspflichtigen (also des Vaters).
  • Die Anzahl der Kinder und ihr Alter.
  • Eventuell bestehende weitere Unterhaltsverpflichtungen (z. B. gegenüber einem (Ex-)Ehepartner).
  • Das Betreuungsmodell (Residenzmodell vs. Wechselmodell).

Die Düsseldorfer Tabelle dient als richtungsweisende Richtschnur für die Höhe des Kindesunterhalts. Sie besitzt zwar keinen Gesetzesrang, wird jedoch bundesweit von Gerichten und Jugendämtern als Berechnungsgrundlage herangezogen. Dabei kann man – je nach persönlicher Situation – durch verschiedene Abzugspositionen das unterhaltsrelevante Nettoeinkommen senken oder (im Wechselmodell) die Unterhaltsbeträge anpassen.


2. Abzugspositionen beim unterhaltsrelevanten Einkommen


2.1 Berufsbedingte Aufwendungen

Nach den unterhaltsrechtlichen Leitlinien einzelner Oberlandesgerichte dürfen Eltern eine Pauschale für berufsbedingte Kosten ansetzen. Meist sind dies 5 % des Nettoeinkommens (mindestens 50 €, höchstens 150 € monatlich). Wer höhere Ausgaben hat (z. B. Fahrtkosten, Fortbildungen), darf diese oft auch konkret nachweisen, wenn sie außergewöhnlich hoch sind.

2.2 Zusätzliche Altersvorsorge

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat anerkannt, dass sowohl Unterhaltspflichtige als auch Unterhaltsberechtigte neben der primären Altersversorgung bis zu 4 % des Bruttoeinkommens des Vorjahres für eine zusätzliche Altersvorsorge abziehen dürfen. Dies mindert das verfügbare Einkommen und wirkt sich senkend auf den Unterhaltsbetrag aus. 

2.3 Schulden

Nicht jede Schuld vermindert das unterhaltsrelevante Einkommen automatisch. Es ist zu unterscheiden zwischen (älteren) Schulden, die bereits bei Entstehen der Unterhaltspflicht vorlagen und sogenannten „eheprägenden“ Schulden (z. B. gemeinsame Anschaffungen während einer Ehe). Neue Schulden zur Finanzierung aufwendiger Konsumgüter werden oft nicht berücksichtigt. Elternteile, die also ihren Kredit (z. B. Immobilienkredit aus Ehezeiten) bedienen müssen und diesen bereits vor Geburt des Kindes oder innerhalb einer früheren Ehe aufgenommen haben, können gelegentlich Tilgungsraten im Rahmen des Zumutbaren ansetzen, was das unterhaltsrelevante Einkommen verringert.

2.4 Wohnvorteil

Wer im Eigenheim mietfrei lebt, muss sich den sogenannten Wohnvorteil meist als Einkommen anrechnen lassen. Umgekehrt können tatsächliche hohe Wohnkosten nicht immer in vollem Umfang vom Einkommen abgezogen werden – auch wenn der Vater beteuert, ihm bleibe dann kaum etwas übrig. Die Gerichte schauen genau auf Angemessenheit der Wohnkosten.


3. Selbstbehalt und Mangelfall

Damit Väter ihren eigenen Lebensunterhalt sicherstellen können, steht ihnen laut der sogenannten Düsseldorfer Tabelle ein notwendiger Selbstbehalt zu. Nach aktuellen Richtlinien  sind das bei erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen in der Regel 1.450 € (ab 2025) für minderjährige bzw. privilegiert volljährige Kinder. Wird dieses Existenzminimum unterschritten, sind Kürzungen beim Kindesunterhalt grundsätzlich möglich. Dennoch genießen minderjährige Kinder Vorrang: Der Vater oder die Mutter muss sich intensiv um einen besser bezahlten Job oder Zusatzverdienste bemühen, um den Mindestunterhalt zu gewährleisten. Nur bei nachweisbarer Unmöglichkeit kann der Unterhalt gekürzt werden.


4. Wechselmodell und verringerter Unterhalt

Wer weniger Unterhalt zahlen möchte, sollte das Betreuungsmodell prüfen. Das klassische Residenzmodell (Kind lebt überwiegend bei einem Elternteil) führt meist zu einer klaren Barunterhaltspflicht für den Vater.

Beim Wechselmodell (kindnahe Betreuung durch beide Eltern zu annähernd gleichen Anteilen) wird hingegen häufig eine beiderseitige Barunterhaltspflicht berücksichtigt. Jeder Elternteil trägt den Kindesunterhalt anteilig am jeweiligen Einkommen; dabei wird oft individuell geprüft:

  • Wie hoch ist das Einkommen beider Eltern?
  • Wie erfolgt die genaue Aufteilung der Betreuungszeiten (nahezu 50:50)?
  • Wer übernimmt welche Kosten (Versicherung, Freizeit, Schulbedarf etc.)?

In einem echten 50:50-Wechselmodell wird der Unterhalt nicht mehr ausschließlich vom Vater als Barleistung erbracht, da beide Elternteile nahezu gleich viel Zeit und Kosten übernehmen. Dadurch reduziert sich die reine Zahlpflicht an den anderen Elternteil, sofern das Nettoeinkommen der Eltern ähnlich hoch ist oder anteilig verrechnet wird.

Allerdings ist zu beachten, dass bei erheblichen Einkommensunterschieden eine Ausgleichszahlung vom „besserverdienenden“ Elternteil an den anderen Elternteil erfolgen kann. Unterm Strich kann sich das Gesamtvolumen an Unterhaltszahlungen für den Vater oder die Mutter dennoch verringern, weil ein Teil des Unterhalts durch eigene Betreuungsleistung (Verpflegung, Wohnraum, etc.) abgedeckt wird.

Beispiel: Lebt das Kind 14 Tage beim Vater und 16 Tage bei der Mutter, ohne dass es offiziell ein Wechselmodell ist, wird trotzdem meist das Residenzmodell angewendet. Ein echtes Wechselmodell setzt annähernd paritätische Betreuung und abgestimmte Organisation voraus.


5. Weitere Tipps und Strategien

  • Rechtzeitig Auskunft geben und verlangen: Unterhaltsberechtigte haben Anspruch auf Auskunft über das Einkommen. Unterhaltspflichtige Väter sollten ihre tatsächlichen Einkommensverhältnisse offenlegen und auf Abzugsposten (z. B. Berufsaufwand, zusätzliche Altersvorsorge) bestehen.
  • Mehr- und Sonderbedarf: Größere Einzelposten (z. B. Klassenfahrten) gelten oft als Mehr- oder Sonderbedarf. 
  • Titulierung prüfen: Wenn ein Jugendamtstitel (Urkunde) oder ein Gerichtstitel vorliegt, muss der Vater eine formelle Abänderung beantragen, sofern sich die Einkommens- oder Betreuungsverhältnisse geändert haben. Ohne Abänderungstitel gelten die alten Beträge fort.
  • Angleichung bei geringer Leistungsfähigkeit: Wer objektiv nicht in der Lage ist, den vollen Tabellenbetrag zu leisten, kann unter Umständen in den sogenannten Mangelfall geraten. Dann findet eine Berechnung statt, wie viel Unterhalt mit dem verbleibenden Einkommen maximal gezahlt werden kann, ohne den Selbstbehalt zu unterschreiten.

6. Fazit

Väter oder Mütter, die ihren Kindesunterhalt reduzieren wollen, sollten vor allem folgende Punkte konkret überprüfen:

  1. Einnahmeseite: Welche Einkünfte (Gehalt, Sonderzahlungen, geldwerte Vorteile, Mieteinnahmen) sind tatsächlich vorhanden?
  2. Ausgabenseite: Welche abzugsfähigen Positionen (Altersvorsorge, Berufsausgaben, alte Kredite) reduzieren das unterhaltsrelevante Nettoeinkommen?
  3. Changierende Betreuungszeiten: Besteht ein nahezu paritätisches Wechselmodell oder zumindest eine sehr weitreichende Betreuung? Dann kann der Barunterhalt sinken.
  4. Selbstbehalt: Liegt das Einkommen nach Abzug des Unterhalts über oder unter dem Selbstbehalt?

Gerade das Wechselmodell kann einen erheblichen Unterschied bewirken, da nicht mehr nur ein Elternteil (meist der Vater) reiner Barunterhaltspflichtiger ist, sondern beide im gleichen Umfang Betreuungsleistungen erbringen und jeweils anteilig barunterhaltspflichtig werden. Wenn Väter – etwa durch hohe legitime Abzüge oder eine relativ ausgeglichene Kinderbetreuung – ihr bereinigtes Einkommen reduzieren oder die Barunterhaltspflicht teilen, lässt sich die monatliche Belastung verringern.

Allerdings genießen Kinder im Unterhaltsrecht einen hohen Schutz. Das Gesetz und die Rechtsprechung verlangen daher regelmäßige Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse und eine weitgehende Ausschöpfung der Erwerbsmöglichkeiten. Eine pauschale oder ungerechtfertigte Reduktion wird von den Gerichten sehr schnell zurückgewiesen.

III. Was ist ein Mangelfall?

1. Mangelfall

Spricht man von einem Mangelfall, so liegt dieser vor, wenn das Einkommen des unterhaltspflichtigen Vaters (oder allgemein: des Unterhaltspflichtigen) nicht ausreicht, um den gesamten geschuldeten Unterhalt vollständig zu zahlen, ohne dass sein eigener angemessener Selbstbehalt unterschritten wird.
In der Praxis heißt dies, dass das monatliche (bereinigte) Einkommen nach Abzug bestimmter Posten (z.B. Sozialabgaben, anerkannte Schulden, berufsbedingte Aufwendungen) nicht groß genug ist, um den vollen Tabellen-Unterhalt zu schulden – es entsteht eine Unterdeckung.

1.1 Bedingte Leistungsfähigkeit

Zentraler Begriff im Mangelfall ist die „bedingte Leistungsfähigkeit“. Das Unterhaltsrecht verlangt, dass niemand gezwungen wird, den eigenen notwendigen Lebensunterhalt zu gefährden. Der sogenannte Selbstbehalt (Existenzminimum) darf im Regelfall nicht unterschritten werden. Sobald das Nettoeinkommen – nach Abzug legitimer Posten – diesen Selbstbehalt unterschreitet, muss der Unterhalt entsprechend gekürzt werden.
Allerdings sind Väter verpflichtet, ihre Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen. Wer vorsätzlich weniger verdient, um den Unterhalt zu drücken, läuft Gefahr, dass ein sogenanntes fiktives Einkommen angerechnet wird (vgl. Abschnitt 5).

1.2 Selbstbehalt als Schutzgrenze

Der Selbstbehalt (oder Eigenbedarf) definiert die Summe, die dem Vater notwendigerweise verbleiben muss. Unterhalb dieses Betrags ist er nicht leistungsfähig. Für minderjährige Kinder wird nach der Düsseldorfer Tabelle (bzw. regionalen Unterhaltsleitlinien) häufig ein Selbstbehalt von 1.450 € (ab 2025 für Erwerbstätige) genannt. Der Betrag kann je nach Oberlandesgerichtsbezirk oder aktualisierten Tabellen etwas variieren.


2. Vorgehen bei zu geringem Einkommen

2.1 Berechnung des bereinigten Einkommens

Um den Unterhalt korrekt zu berechnen, wird das durchschnittliche Monatsnetto-Einkommen ermittelt, bei dem z.B. die folgenden Abzugspositionen in Betracht kommen:

  • Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung, Lohnsteuer
  • Berufsbedingte Aufwendungen (pauschal oft 5 % des Nettoeinkommens, mindestens 50 € bis maximal 150 €)
  • Angemessene Schulden, sofern sie bereits vor der Unterhaltspflicht bestanden
  • Tatsächlich geleistete zusätzliche Altersvorsorge (bis zu 4 % des Bruttoeinkommens

Erst nach diesen Abzügen ergibt sich das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen. Reicht dieses dann – nach Berücksichtigung des Selbstbehalts – nicht mehr aus, um den Mindestunterhalt (bzw. den titulierten Betrag) komplett zu zahlen, liegt ein Mangelfall vor.

2.2 Quotenverteilung bei mehreren Unterhaltsberechtigten

Hat ein Vater mehrere Unterhaltspflichten (z.B. zwei Kinder aus verschiedenen Beziehungen, ggf. noch Ehegatten-Unterhalt), kann es passieren, dass der Mangelfall eingreift. In diesem Fall werden die vorhandenen Mittel nach einer Rangfolge verteilt. Insbesondere minderjährige Kinder genießen hohen Vorrang (§ 1609 BGB), sodass zuerst ihr Bedarf gedeckt wird. Reicht das Geld nicht einmal für den vollen Mindestunterhalt der Kinder, muss anteilig gekürzt werden.


3. Möglichkeiten, den Unterhalt zu reduzieren

3.1 Mangelfallberechnung

Liegt ein Mangelfall vor, kann der Vater beantragen (beispielsweise beim Familiengericht oder im Gespräch mit dem Jugendamt), den titulierten Unterhalt herabzusetzen. Das setzt voraus,

  1. dass er Auskunft über seine aktuellen Einkünfte vollständig erteilt,
  2. dass bestehende Schulden, Ausgaben und Aufwendungen glaubhaft gemacht werden,
  3. dass ersichtlich ist, dass nach Abzug des Selbstbehalts nicht genug bleibt, um den bisherigen Unterhalt zu zahlen.

So kann die Herabsetzung gerichtlich oder per Einigung („Abänderungsklage“ bzw. Abänderungsverfahren gegen den bestehenden Titel) durchgesetzt werden.

3.2 Abzug legitimer Ausgaben (Berufsaufwand, Schulden)

Väter sollten überprüfen, ob in ihrer Berechnung bestimmte Kosten noch nicht eingerechnet sind – etwa Fahrtkosten zum Arbeitsplatz. Auch Altschulden, die vor der Unterhaltspflicht eingegangen wurden, können das Nettoeinkommen mindern, sofern sie angemessen und unvermeidbar sind. Je höher die anerkannten Abzüge, desto geringer das bereinigte Einkommen und damit auch der Unterhalt.



4. Darf der Vater „nicht mehr arbeiten“, um weniger zu zahlen?

In den meisten Fällen: nein, zumindest nicht folgenlos. Wer seine vollschichtige Erwerbstätigkeit aufgibt oder bewusst weniger verdient, um den Unterhalt zu drücken, riskiert die Anrechnung eines sogenannten fiktiven Einkommens. Das bedeutet, das Familiengericht setzt beim Vater jene Einkünfte an, die er eigentlich verdienen könnte, wenn er sich ausreichend um Arbeit bemühen würde. Damit bleibt die Unterhaltspflicht so hoch wie zuvor, obwohl das reale Einkommen sinkt.

Fiktives Einkommen wird insbesondere dann angesetzt, wenn:

  • Der Vater die Arbeitszeit mutwillig reduziert.
  • Die Arbeitsstelle gekündigt wird, ohne ausreichenden Grund.
  • Ein deutlich höherer Verdienst möglich wäre (z.B. durch Nebenjob, angemessene Vollzeit).

Wer also schlicht „nicht mehr arbeiten“ will, um möglichst wenig Unterhalt zu haben, wird sich regelmäßig vor Gericht nicht durchsetzen können. Es droht weiterhin Unterhalt auf Basis eines höheren fiktiven Verdienstes.


5. Besonderheiten beim Mangelfall

5.1 Rangfolge

Minderjährige Kinder stehen an erster Stelle. Kann nicht einmal deren Mindestunterhalt gezahlt werden, spricht man vom absoluten Mangelfall. Dann erfolgt eine prozentuale Kürzung – z.B. beide Kinder bekommen vom rechnerisch verfügbaren Betrag einen Anteil entsprechend ihres jeweiligen Bedarfs.

5.2 Konsequenzen bei Leistungsunfähigkeit

Ist der Vater komplett außerstande, auch nur den Mindestunterhalt zu zahlen, kommt ggf. der Unterhaltsvorschuss (Jugendamt) für das Kind in Betracht. Der Vater verbleibt allerdings in der Pflicht, sobald er (wieder) mehr verdient.

5.3 Auskunftspflicht

Väter haben die fortdauernde Pflicht, bei Unterhaltsberechnungen über ihre Einkommensverhältnisse wahrheitsgemäß Auskunft zu erteilen. Wer Änderungen verschweigt, macht sich potenziell strafbar (§ 170 StGB), wenn absichtsvoll zu wenig Unterhalt gezahlt wird.



Disclaimer:

Ich hoffe der Artikel hat Ihnen einen ersten Überblick geben können. Dabei erhebe ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder inhaltliche Aktualität und Richtigkeit. Der Artikel stellt keine Rechtsberatung dar. 

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Foto(s): Mathias Schulze

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