Kirchliches Arbeitsrecht: Kündigung nach Wiederverheiratung

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Das kirchliche Arbeitsrecht ist durch das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen geprägt. Dem kirchlichen Arbeitsrecht unterfallen z. B. auch die Mitarbeiter von kirchlichen Krankenhäusern oder Kindergärten.

Bislang war es so, dass ein Verstoß gegen die kirchlichen Loyalitätsplichten als Kündigungsgrund im kirchlichen Arbeitsrecht in Betracht kam. Die Arbeitsgerichte hatten dann die kirchlichen Maßstäbe für die Bewertung der Loyalitätsobliegenheiten zugrunde zu legen. Das ist seit der nachfolgenden Entscheidung nicht mehr uneingeschränkt der Fall.

Der Chefarzt eines katholischen Krankenhauses war zunächst nach katholischem Glauben verheiratet. Nach seiner Scheidung heiratete er ein zweites Mal standesamtlich. Diese Wiederverheiratung stellt nach katholischen Glauben einen schwerwiegenden Loyalitätsverstoß dar, da die Zweitehe nach kirchlichen Regeln ungültig ist. Der Arbeitgeber kündigte deshalb das Arbeitsverhältnis wegen des schwerwiegenden Loyalitätspflichtverstoßes.

Die Kündigung war jedoch nicht durch Gründe im Verhalten oder in der Person des Klägers gerechtfertigt. Die Wiederverheiratung führte nicht zu einer Verletzung einer wirksam vereinbarten Loyalitätsplicht. Zwar fand auf das Arbeitsverhältnis die „Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse vom 23.09.1993“ Anwendung, jedoch ist diese Regelung an den Grundsätzen des § 7 Abs. 2 AGG zu messen.

Demnach war die Vereinbarung der Grundordnung im Dienstvertrag unwirksam, sofern es einen Loyalitätsverstoß darstellt, wenn in kirchlich ungültiger Ehe gelebt wird. Nach § 7 Abs. 2 AGG ist der Chefarzt gegenüber nicht der katholischen Kirche angehörigen Mitarbeitern wegen seiner Religionszugehörigkeit benachteiligt.

Ebenso liegt ein Rechtfertigungsgrund nach § 9 Abs. 2 AGG, der unionsrechtskonform auszulegen ist, nicht vor. Danach ist der Loyalitätspflichtverstoß hinsichtlich der Eheschließung keine wesentliche rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung, bezogen auf die Art der Tätigkeit und die Umstände der beruflichen Ausübung des Chefarztes.

Zwar darf ein Krankenhaus der katholischen Kirche seine leitenden Angestellten hinsichtlich der Anforderung, sich loyal und aufrichtig zu verhalten, nach ihrer Religionszugehörigkeit  unterschiedlich behandeln. Das setzt jedoch voraus, dass dies im Hinblick auf die Art der beruflichen Tätigkeit geboten ist oder es sich um eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung handelt. Das ist im Hinblick auf die Art der Tätigkeit als Chefarzt nicht der Fall (BAG, Urteil vom 20.02.2019, Az. 2 AZR 746/14).

Die Arbeitsgerichte werden wohl deshalb zukünftig nicht allein die kirchlichen Maßstäbe für die Bewertung der vertraglichen Loyalitätsobliegenheiten zugrunde legen. Vielmehr werden sie zu prüfen haben, ob es nach der Art der Tätigkeit oder den Umständen ihrer Ausübung wesentlich, rechtmäßig und gerechtfertigt ist, an den kirchlichen Arbeitnehmer besondere berufliche Anforderungen zu stellen. 

Ist dies nicht der Fall, ist von einer Ungleichbehandlung wegen der Religion auszugehen, sodass eine Kündigung des Arbeitsvertrages wegen der Verletzung der kirchlichen Loyalitätsanforderungen unwirksam ist (BAG, Urteil vom 25.10.2018, Az. 8 AZR 501/14).

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