Knieprothese falsch eingebaut: 50.000 Euro

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Mit Urteil vom 03.09.2019 hat das Landgericht Münster ein Krankenhaus verpflichtet, an meine Mandantin ein Schmerzensgeld von 50.000 Euro zu zahlen. Die Klinik muss auch alle weiteren materiellen Schäden aus der fehlerhaften Behandlung ersetzen und meine außergerichtlichen Gebühren zahlen.

Die 1963 geborene Teilzeitbeschäftigte erhielt wegen einer medialen Gonarthrose (Knorpelschaden) des linken Kniegelenkes eine unicondyläre Knieprothese (Oxford-Schlitten-Prothese). Nach der Operation kam es in der Reha zu starken Schmerzen mit Einklemmungserscheinungen. Anschließend führten die Ärzte des Krankenhauses zwei Revisionseingriffe durch, um die mechanischen Probleme zu beseitigen. Jeweils anschließende Reha-Maßnahmen verliefen erfolglos.

Zwei Monate nach der zweiten Revisionsoperation entzündete sich das Knie (septische Knie-TEP): Da die Prothese mit Keimen belastet war, musste sie ausgebaut werden. Anschließend setzten die Operateure einen zeitweiligen Palacos-Spacer in das Kniegelenk ein. Bei bakteriell infizierten Endoprothesen im Knie wird vor Einsatz einer neuen Endoprothese häufig ein Spacer (Platzhalter) implantiert, der hoch konzentrierte Antibiotika enthält und abgibt. Nach Entlassung aus dem Krankenhaus erlitt die Mandantin einen Herz-Kreislauf-Stillstand und musste notfallmäßig versorgt werden. Zwei Monate später wurde ihr die neue Kniegelenks-Sonderprothese eingesetzt. Seit diesem Zeitpunkt leidet die Mandantin unter starken Schmerzen und Schwellungen des linken Kniegelenkes.

Ich hatte den Ärzten mit einem Privatgutachten vorgeworfen, die Schlittenprothese fehlerhaft mit einer Rotationsstellung am Schienbein eingesetzt zu haben. Aus diesem Grunde sei die Prothese zweimal ausgerenkt. Weder vor noch nach der Revisionsoperation sei dieser Rotationsfehler weder auf den Röntgenbildern noch intraoperativ erkannt worden. Sämtliche Revisionseingriffe und Folgeoperationen seien auf diese groben Behandlungsfehler zurückzuführen.

Das Landgericht Münster hat bestätigt: Der Sachverständige habe überzeugend erklärt, dass die Schlittenprothese bei der Erstoperation fehlerhaft eingebaut worden sei. Der femorale Teil (Femur: Oberschenkelknochen) der Prothese zeige eine Valgusstellung (Fehlstellung nach außen) von ca. 10 Grad. Der obere Teil sei also schief in den Knochen gesetzt worden. Die in sämtlichen Publikationen geforderte Rechtwinkligkeit zwischen der femoralen Prothese und dem Inlay bestehe nicht. Insgesamt handele es sich um einen operationstechnischen Fehler, der vermeidbar gewesen wäre.

Vor den beiden Revisionsoperationen seien weitere Behandlungsfehler erfolgt, weil die Fehlimplantation nicht erkannt worden sei. Hierbei handele es sich um fundamentale Diagnosefehler. Die Diagnose einer ordnungsgemäßen Implantatlage sei nicht mehr vertretbar. Die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen stünden im vollen Einklang mit den Ausführungen des Privatgutachters der Klägerin. Sämtliche Revisionsoperationen und Folgeschäden seien auf den fehlerhaften Einbau der Schlittenprothese und die fundamentalen Diagnosefehler zurückzuführen.

Die Richter hielten ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 Euro für die Folgen der Behandlungsfehler für angemessen. Die Kammer habe berücksichtigt, dass die Klägerin fehlerbedingt sechs Operationen am Knie durchführen lassen musste und vier Rehabilitationsbehandlungen. Es bestünden ganz erhebliche Funktionsstörungen im linken Bein. Sie könne nur am Rollator kleinschrittig und links unsicher gehen. Für längere Strecken sei sie auf einen Rollstuhl angewiesen. Die Klägerin sei auch in ihrem beruflichen und sozialen Leben erheblichst eingeschränkt. Es sei nachvollziehbar, dass sie nicht schmerzfrei längere Zeit sitzen könne.

(Landgericht Münster, Urteil vom 20.08.2019, AZ: 108 O 80/17)

Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht



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