Kündigung Bausparvertrag: die wichtigsten Fragen im Überblick

  • 6 Minuten Lesezeit

Die Kündigungswelle von Bausparverträgen ist ungebrochen. Der folgende Beitrag soll Betroffenen einen ersten Überblick über die häufigsten Fragen im Zusammenhang mit gekündigten Bausparverträgen verschaffen.

1. Der BGH hat im Februar entschieden, dass Bausparkassen berechtigt sind, Bausparverträge 10 Jahre nach Erreichen der erstmaligen Zuteilungsreife gem. § 489 Abs. 1 BGB zu kündigen. Bedeutet das, dass gegen diese Kündigungen rechtliche Schritte erfolglos sind?

Nein. Zwar hat der BGH entschieden, dass die Bausparkassen im Regelfall die Bausparverträge kündigen dürfen, wenn der Bausparer 10 Jahre nach der ersten Zuteilungsmöglichkeit noch kein Darlehen abgerufen hat (Az.: XI ZR 185/16). Er hat jedoch ebenfalls in der Begründung ausgeführt, dass eine wichtige Ausnahme für Verträge gilt, die einen Zinsbonus vorsehen. Sind die vertraglichen Voraussetzungen für den Erhalt eines Bonus erfüllt, bevor der Vertrag zugeteilt werden kann, so kann die Bausparkasse den Vertrag 10 Jahre nach Erreichen der Zuteilungsreife gem. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit einer Frist von 6 Monaten kündigen. Ist der Bausparvertrag nach Tarif und Sparverlauf bereits zuteilungsreif, bevor die Voraussetzung für den Bonuszins erfüllt ist, darf die Bausparkasse erst kündigen, wenn auch der Bonusanspruch mindestens 10 Jahre besteht.

Beispiel

Wurde im Jahr 2002 ein Bonus-Bausparvertrag abgeschlossen der im Oktober 2006 erstmals zuteilungsreif wurde, die Bewertungszahl für die Bonusverzinsung aber erst Ende August 2010 erreicht hat, so ist eine Kündigung nach Ansicht des BGH vor Ablauf des September 2020 unwirksam.

2. Ist eine Bausparkasse berechtigt, den Bausparvertrag aus „wichtigem Grund“ zu kündigen?

Nein. Die Aachener Bausparkasse kündigt derzeit eine Vielzahl lukrativer Verträge vorzeitig und argumentiert dabei mit „wichtigen Gründen“. Sie stützt die Kündigungen insbesondere auf § 313 BGB. Ein Recht hierzu hat sie allerdings nach Ansicht des AG Aachen nicht (Urteil vom 29.06.2017, Az. 120 C 343/16). Auch mehrere Oberlandesgerichte sowie der BGH haben anderen als den in § 488 Abs.3 BGB, § 489 Abs. 1 Nr.2 BGB und den in den ABB genannten Kündigungsgründen bereits eine klare Absage erteilt.

3. Die Bausparkasse hat den Bausparvertrag vorzeitig gem. § 489 Abs. 1 Nr. BGB gekündigt. Der vereinbarte Bonuszinsanspruch wurde jedoch nicht abgerechnet. Ist die Bausparkasse berechtigt, den Bonuszins einzubehalten?

Viele Bauspartarife sehen sog. Treueprämien bzw. Bonuszinsen vor. Diese sind an bestimmte Bedingungen geknüpft (z. B. bestehen des Bausparvertrages von mehr als 7 Jahren und Erreichen einer bestimmten Bewertungszahl). In den Bedingungen der BSQ Bauspar AG (ehemals Quelle Bausparkasse) findet sich in § 3 Abs. 2 der ABB eine Regelung, wonach der Bausparer den Vertrag kündigen oder auf das Bauspardarlehen verzichten muss, um einen Zinsbonus zu erhalten. In Fällen, in denen der Vertrag vorzeitig gem. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gekündigt, begründen die Bausparkassen den Einbehalt der Bonuszinsen regelmäßig damit, dass die Kündigung von Seiten der Bausparkasse erfolgt ist, oder aber das kein wirksamer Verzicht auf das Darlehen erklärt worden sei.

Wie ein „Verzicht“ erklärt werden muss, sehen die meisten ABB jedoch nicht vor. Mit Erreichen der erstmaligen Zuteilungsreife erhalten Bausparer regelmäßig ein Schreiben von Seiten der Bausparkasse, das über die Zuteilungsreife infomiert. Nicht selten ist ein Formular beigefügt, in dem Bausparer gebeten werden mitzuteilen, ob sie das Guthaben in Anspruch nehmen oder auf die Auszahlung verzichten. Oftmals wird vonseiten des Bausparers nichts erklärt, also geschwiegen, und die meisten ABB sehen für diesen Fall vor, dass der Bausparvertrag unverändert fortgeführt wird. Verzichtet der Bausparer im Zeitpunkt der Zuteilungsreife auf die Auszahlung des Guthabens, so wirkt nach unserer Ansicht dieser stillschweigende Verzicht bis zur Kündigung von Seiten der Bausparkasse bzw. bis zum Erreichen des vereinbarten Bausparguthabens fort. Die meisten Bausparer haben den Bausparvertrag nur aufgrund der Bonusverzinsung abgeschlossen und sind davon ausgegangen, dass sie zum Erhalt der Bonusverzinsung lediglich weiter sparen müssen. Hat eine Bausparkasse in ihren eigenen ABB keinen „ausdrücklichen“ Verzicht geregelt, also offengelassen, wie der Verzicht erklärt werden muss, dann muss es genügen, wenn der Bausparer frühzeitig seinen Willen kundtut, dass er den Vertrag fortsetzen möchte.

Das OLG Stuttgart hat in einer Entscheidung zur Zulässigkeit einer Kündigung gem. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB in seinen Entscheidungsgründen ausgeführt, dass ein Bausparer, der das Bausparguthaben erreiche, „faktisch“ auf das Darlehen verzichte. Diese Argumentation ist aus unserer Sicht absolut stichhaltig, da nach deutschem Recht eine sog. Empfangsbedürftige Willenserklärung, die einem anderen gegenüber in dessen Abwesenheit abzugeben ist, solange wirksam ist, bis die Willenserklärung nicht widerrufen wird (§ 130 BGB). Nichts anderes kann deswegen dafür gelten, wenn im Zeitpunkt des Erreichens der erstmaligen Zuteilungsreife ausdrücklich oder stillschweigend erklärt wurde, dass der Bausparvertrag fortgesetzt werden soll.

4. Die Bausparkasse hat den Bausparvertrag wegen Erreichen der Bausparsumme gem. § 488 Abs. 3 BGB gekündigt. Ist die Bausparkasse berechtigt, Bonuszinsen dem Guthaben hinzuzurechnen?

Nach unserer Ansicht nein. Das OLG Celle hat mit Urteil vom 31.08.2016 (Az.: 3 U 86/16) geurteilt, dass eine Bausparkasse den Bausparvertrag zwar gem. § 488 Abs. 3 BGB kündigen kann, wenn die Bausparsumme voll angespart ist. Bonuszinsen, die der Bausparer erhält, wenn er bei Annahme der Zuteilung des Vertrages auf das Bauspardarlehen verzichtet, sind dabei jedoch nicht zu berücksichtigen. Auch das AG Aachen hat dieser Praxis der Aachener Bausparkasse mit Urteil vom 29.06.2017 (Az. 120 C 343/16) eine klare Absage erteilt.

Nicht selten versuchen Bausparkassen, das Erreichen der vereinbarten Bausparsumme dadurch zu fingieren, das Bonuszinsen auf das Guthaben hinzugerechnet, bevor die Bausparkasse den Vertrag kündigt. In den meisten Allgemeinen Bausparbedingungen (ABB) werden diese Bonuszinsen jedoch erst fällig, wenn der Bausparvertrag bereits gekündigt und hiernach abgerechnet wird. Vorher sind die Bonuszinsen noch nicht zur Zahlung fällig, sodass sie dem Guthaben auch nicht hinzugerechnet werden können.

4. Die Bausparkasse hat den Bonuszins nicht ausbezahlt. Dieser wurde aber bereits versteuert. Gibt es eine Möglichkeit, den Verlust steuerlich geltend zu machen.

Ja. Die Bausparkassen sind gesetzlich zum Einbehalt der sog. Kapitalertragssteuer verpflichtet (§§ 20, 43, 44 EStG). Wurde der Bonuszinsanspruch versteuert, jedoch nicht bzw. nicht vollständig ausbezahlt, so haben Bausparer Anspruch auf Ausstellung einer sog. Verlustbescheinigung durch die Bausparkasse. Mit der Verlustbescheinigung kann die zu Unrecht abgeführte Kapitalertragssteuer im Rahmen der Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden.

5. Wann verjähren die Ansprüche aus einem Bausparvertrag?

Ansprüche aus einem Bausparvertrag verjähren regelmäßig innerhalb von 3 Jahren (§ 195 BGB). Die Frist beginnt regelmäßig mit dem Schluss des Jahres, in dem die Ansprüche entstanden sind und der Anspruchsinhaber von den anspruchsbegründeten Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 BGB).

Wurde ein Bausparvertrag durch Kündigung von Seiten der Bausparkasse beendet und möchte der Bausparer aus dem beendeten Vertrag Ansprüche herleiten (z. B. die Auszahlung von Bonuszinsen), so beginnt die Frist mit Ablauf des Jahres, in dem der Bausparvertrag abgerechnet wurde.

Beispiel

Eine Bausparkasse kündigt den Vertrag zum Ablauf des 30.06.2014. Mit Schluss des Jahres 2014 beginnt die 3-jährige Verjährungsfrist und endet mit Ablauf des 31.12.2017.

6. Gibt es Möglichkeiten, die Verjährung zu unterbrechen?

Ja, das Gesetz sieht mehrere Möglichkeiten vor, eine Verjährung zu unterbrechen. In § 204 BGB ist die Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung, insbesondere durch Erhebung einer Klage (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB), geregelt. Ein weiterer wichtiger Grund ist gem. § 204 Abs. 1 Nr. 11 der Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens. Hierunter fällt insbesondere das Verfahren vor dem Ombudsmann der Bausparkassen. Die Hemmung der Verjährung bewirkt, dass der Zeitraum, während die Verjährung gehemmt ist, nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet wird (§ 209 BGB).

Rechtsanwalt Markus Mehlig vertritt bundesweit eine Vielzahl von Bausparerinnen und Bausparer gegen Bausparkassen. Gerne steht er Betroffenen im Rahmen eines kostenfreien Erstgesprächs zur Verfügung.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Markus Mehlig

Beiträge zum Thema