Kündigung in der Probezeit – welche Regeln gelten?

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Natürlich ist es keine gute Sache, wenn der Arbeitgeber gleich in der Anfangsphase eines Arbeitsverhältnisses „die Reißleine“ zieht und das Arbeitsverhältnis beendet.

1. Was ist mit Probezeit überhaupt gemeint?

Eine Probezeit wird zumeist in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses vereinbart. Dies ist aber nicht zwingend, die Probezeit kann auch kürzer sein, z. B. drei Monate. Länger als sechs Monate sollte sie in der Regel nicht sein.

Eine Probezeit kann als Befristung vereinbart sein. Dann endet das Arbeitsverhältnis automatisch nach Ablauf der vereinbarten Zeit, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Voraussetzung ist, dass die Befristung wirksam ist, § 14 Abs.1 (mit Sachgrund) oder Abs. 2 (ohne Sachgrund) des Teilzeit- und Befristungsgesetzes. Häufiger ist die Probezeit aber als Zeit mit einer geringeren Kündigungsfrist vereinbart. Die Probezeitkündigungsfrist beträgt, wenn nicht Tarifverträge andere Fristen vorgehen, nach § 622 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zwei Wochen. Zwei Wochen heißt: ab dem Zugang der Kündigung, nicht zwei Wochen zum Monatsende, sondern zwei Wochen. Beispiel: Die Kündigung geht am Montag zu, das Arbeitsverhältnis endet dann mit Ablauf des übernächsten Montags. Die Kündigung muss noch vor Ablauf der vereinbarten Probezeit zugehen, damit mit der kürzeren Kündigungsfrist gekündigt werden kann. Das Fristende darf nach überwiegender Ansicht über die Probezeit „hinausragen“.

Die Frist von zwei Wochen ist kürzer als die gesetzliche Mindestkündigungsfrist nach § 622 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Diese beträgt vier Wochen zum Fünfzehnten eines Monats oder zum Kalendermonatsende.

Die Probezeit wird unterschieden von der sog. Wartezeit im Kündigungsschutzgesetz, § 1 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz. Das ist die Zeit, die vergehen muss, damit der Arbeitnehmer erstmals Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz hat. Kündigungsschutz hat der Arbeitnehmer erst nach sechsmonatigem ununterbrochenen Bestehen des Arbeitsverhältnisses und auch nur dann, wenn die übrigen Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes erfüllt sind (z. B. bei einer bestimmten Betriebsgröße, siehe § 23 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz).

2. Wann ist eine Probezeitkündigung rechtlich wirksam?

Wir haben also gesehen, dass erst nach einer Wartezeit von sechs Monaten Kündigungsschutz bestehen kann (§ 1 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz). Deshalb wird oft von „Probezeitkündigung“ gesprochen, wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf von sechs Monaten gekündigt wird. Es muss also eigentlich gar keine Probezeit vereinbart worden sein, damit der Arbeitgeber ohne Vorliegen von Kündigungsgründen kündigen darf. Oft fallen die Länge der Wartezeit nach § 1 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz und die Länge der vereinbarten Probezeit mit sechs Monaten zusammen.

Wichtig ist für beide Vertragsparteien: Wenn eine Probezeit wirksam vereinbart ist, gilt im Zweifel, auch ohne dass dies ausdrücklich im Arbeitsvertrag steht, eine kürzere Kündigungsfrist, nämlich die eben schon angesprochene Frist von zwei Wochen.

Gründe für eine Kündigung in dieser Frühphase des Arbeitsverhältnisses müssen vom Arbeitgeber nicht angegeben werden, es bedarf auch gar keines rechtfertigenden Grundes für die Kündigung. Die Beweggründe des Arbeitgebers können auch ganz unterschiedlich sein. Es muss nicht stets eine gescheiterte Erprobung des Mitarbeiters/der Mitarbeiterin sein, die zur Kündigung geführt hat. Die Gründe, weshalb der Arbeitgeber in der Wartezeit des § 1 Abs. 1 des Kündigungsschutzgesetzes kündigt, sind für die Kündigung in aller Regel nicht von entscheidender Bedeutung. Nur ausnahmsweise kann eine Kündigung in der Wartezeit des § 1 Abs. 1 des Kündigungsschutzgesetzes unwirksam sein, etwas weil diese gegen rechtliche Regelungen wie das sogenannte „Maßregelungsverbot“ verstößt oder weil sie gegen Gesetze verstößt, wie etwa das Verbot der Geschlechterbenachteiligung oder der Benachteiligung wegen einer Behinderung, wenn ausschließlich wegen einer Schwangerschaft oder einer HIV-Infektion gekündigt wird, soweit hierfür keine Rechtfertigung vorhanden ist (zur Kündigung bei symptomloser HIV-Infektion während der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG siehe Bundesarbeitsgericht. v. 19.12.2013 – 6 AZR 190/12). Diese Fälle sind aber die Ausnahme.

3. Klare Regelungen in Formulararbeitsverträgen erforderlich

Vorsicht ist für Arbeitgeber geboten bei der Formulierung in vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Formulararbeitsverträgen. Darin ist es nämlich irreführend, wenn bezüglich der Probezeit auf einen Tarifvertrag verwiesen wird, der auch kürzere Kündigungsfristen regelt und an anderer Stelle, ohne Bezugnahme auf die Probezeitklausel, geregelt ist, dass die Kündigungsfrist sechs Wochen zum Monatsende sei. Das Bundesarbeitsgericht hat dies als intransparente Gestaltung angesehen mit der Folge, dass die längere Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Monatsende zugrunde zu legen sei. Aus der Sicht eines verständigen Arbeitnehmers lasse eine Vertragsgestaltung wie die eben genannte nicht erkennen, dass der Vereinbarung einer Probezeit Bedeutung für später geregelte Kündigungsfristen zukomme.

Bundesarbeitsgericht v. 23.03.2017 – 6 AZR 705/15 – Pressemitteilung Nr. 17/17

Dr. Bert Howald

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Anwaltskanzlei Gaßmann & Seidel, Stuttgart


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