Kürzung des Erholungsurlaubs wegen Elternzeit?

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Wird ein neues Familienmitglied geboren, ist das für Familien eine glückliche Zeit. Der Gesetzgeber schützt zudem die Mutterschaft durch Mutterschutzzeiten vor und nach der Entbindung und gewährt die Möglichkeit zusätzlich Elternzeit in Anspruch zu nehmen. Was geschieht aber mit dem Erholungsurlaub, auf den die Mutter aufgrund eines bestehenden Arbeitsverhältnisses Anspruch hat? In § 17 Abs. 2 BEEG ist geregelt, dass der Erholungsurlaub nach Ablauf der Elternzeit im laufenden oder im Folgejahr von der Mutter (oder dem Vater) beansprucht werden kann. Doch gilt dies für den gesamten Erholungsurlaub oder sind Kürzungen zulässig?

Für die Zeit des Mutterschutzes ist eine Kürzung des Erholungsurlaubes nicht zulässig. Der Erholungsurlaub für diese Zeit bleibt der Mutter voll erhalten. Hinsichtlich der Ansprüche während der Elternzeit sieht dies anders aus. § 17 Abs. 1 BEEG regelt, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, für jeden vollen Monat Elternzeit den Anspruch des Arbeitnehmers auf Jahresurlaub um 1/12 zu kürzen. Anteilige Kürzungen für anteilige Monate Elternzeit gibt es nicht.

Das Bundesarbeitsgerichtes hat mit Urteil vom 19.05.2015 (9 AZR 725/13) entschieden, dass der Arbeitgeber Kürzungen des Jahresurlaubes wegen Elternzeit nur vornehmen kann, solange das Arbeitsverhältnis besteht. Mit dieser Auffassung ändert das Bundesarbeitsgericht seine bisherige Rechtsprechung. Bisher vertrat es die Auffassung, dass dem Arbeitgeber das Kürzungsrecht ohne Einschränkungen im oben genannten Umfang zustand und zwar unabhängig davon, ob das Arbeitsverhältnis noch bestand oder bereits beendet war und der Urlaub nicht genommen werden konnte, sich somit in einen Urlaubsabgeltungsanspruch wandelte.

Die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ging davon aus, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch ein reiner Ersatzanspruch (Surrogat) für den nicht genommenen Urlaub ist. Diese Surrogatstheorie hat das Bundesarbeitsgericht nunmehr aufgegeben. Es vertritt jetzt die Auffassung, dass der Anspruch auf Urlaubsabgeltung ein reiner Geldanspruch ist. Damit bildet er einen Teil des Vermögens des Arbeitnehmers und unterscheidet sich nicht von anderen finanziellen Ansprüchen des Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber.

Geklagt hatte eine Ergotherapeutin, die seit April 2007 in einem Seniorenheim der Beklagten für zuletzt 2000 € brutto beschäftigt war. Sie hatte einen jährlichen Anspruch auf Erholungsurlaub von 36 Urlaubstagen bei einer Fünftagewoche. Im Dezember 2010 brachte die Arbeitnehmerin ihren Sohn zur Welt und befand sich ab Mitte Februar 2011 bis zum 15. Mai 2012, dem letzten Tag des Arbeitsverhältnisses, in Elternzeit.

Erst nachdem die Arbeitnehmerin nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses von ihrem früheren Arbeitgeber die Abgeltung des Urlaubes schriftlich forderte, erklärte dieser im September 2012 die Kürzung des Erholungsurlaubes gemäß § 17 Abs. 1 BEEG wegen der Elternzeit. Das Arbeitsgericht Hamm hat die Klage der Arbeitnehmerin abgewiesen, das Landesarbeitsgericht Hamm gestand der Arbeitnehmerin die volle Urlaubsabgeltung i. H. v. 3822,00 € brutto zu, weil es die nachträgliche Kürzung des Erholungsurlaubs für unwirksam erachtete. Das Bundesarbeitsgericht hat die Revision des Arbeitgebers für nicht begründet erklärt und bestätigte damit in Abänderung seiner bisherigen Rechtsprechung die Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes. Somit erhielt die Arbeitnehmerin die volle Urlaubsabgeltung für den ungekürzten Erholungsurlaub, also auch jenen für die Zeit der Elternzeit.


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