Kurioses und Wissenswertes zur Kündigung im Arbeitsrecht

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1. Kündigung trotz Mordversuchs unwirksam

Man kann es nicht oft genug sagen: Jede Kündigung bedarf der Schriftform (§§ 623, 126 BGB). Telefax, E-Mail oder gar WhatsApp genügen nicht.

Klingt einfach, aber nehmen Sie mal folgenden, etwas konstruierten Fall:

Der Arbeitnehmer (AN) arbeitet im Kleinbetrieb des Arbeitgebers (AG). Da sich der AN über den AG geärgert hat, gibt er ihm vor versammelter Mannschaft zwei kräftige Ohrfeigen, bespuckt und beleidigt ihn. Und am Schluss rammte er ihm noch ein Taschenmesser in den Bauch. Der AG sagt daraufhin zum AN: „Was fällt Ihnen ein, ich will Sie hier nie wieder sehen. Sie sind entlassen“. Danach bringt man ihn ins Krankenhaus. Von dort schreibt er dem AN auch noch von seinem Handy aus per E-Mail und WhatsApp, dass er hiermit fristlos entlassen ist.

Ist diese Kündigung wirksam? Nein, ist sie nicht, sie ist vielmehr formunwirksam, da die gesetzliche Schriftform des § 126 BGB nicht eingehalten ist. Telefax, E-Mail oder gar WhatsApp genügen nicht.

Es kommt nicht darauf an, wie offensichtlich „berechtigt“ eine Kündigung sein mag. Wenn die gesetzliche Schriftform nicht eingehalten wird, dann ist sie unwirksam.

(Nebenbei: Diesen Einwand der Formunwirksamkeit der Kündigung kann der Arbeitnehmer auch noch nach Ablauf der 3-Wochenfrist erheben, die ansonsten für die Kündigungsschutzklage gilt).

2. Bei „tatort“ Kündigung

Die Kündigung muss dem Empfänger (Arbeitgeber oder Arbeitnehmer) fristgerecht zugehen. Es kommt also nicht darauf an, wann der Arbeitgeber (oder umgekehrt der Arbeitnehmer) das Kündigungsschreiben absendet. Auch das Datum des Poststempels ist nicht entscheidend. Entscheidend ist vielmehr ausschließlich, wann die Kündigung dem Empfänger zugeht.

Eine Arbeitgeberkündigung geht dem Arbeitnehmer zu, wenn sie so in dessen Machtbereich gelangt ist, dass unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme durch den Arbeitnehmer zu rechnen ist.

Einfaches Beispiel: Liegt das Kündigungsschreiben am Vormittag des letzten Tages der Kündigungsfrist im Briefkasten des Arbeitnehmers, dann ist die Kündigung regelmäßig rechtzeitig zugegangen. Wirft der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Kündigungsschreiben dagegen erst abends um 21:00 Uhr in den Briefkasten, dann ist regelmäßig erst von einem – verspäteten – Zugang am nächsten (Werk)Tag auszugehen.

Und was ist, wenn der Arbeitgeber beim Arbeitnehmer klingelt und ihm sagt, dass er ihm gerade ein Kündigungsschreiben in den Briefkasten geworfen hat? – Wenn der Arbeitnehmer das Kündigungsschreiben dann sogleich aus dem Briefkasten holt, liegt ein Zugang noch an diesem Tag vor.

Und wie sieht es aus, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber antwortet, dass er jetzt gerade „Tatort“ schaut und keine Lust hat, seinen Briefkasten zu leeren? – Spannende Frage, oder?

Oder lassen Sie uns mal folgenden Beispielfall spinnen, Juristen tun so etwas ja gern: Der Arbeitnehmer ist abends um 21:00 Uhr mit seiner Frau beim Italiener Pizza essen. Da kommt der Arbeitgeber und legt ihm ein Kündigungsschreiben auf den Tisch. Zugang? – Wenn der Arbeitnehmer das Schreiben öffnet und liest, zweifelsohne ja.

Und wenn der Arbeitnehmer den Briefumschlag zerreißt, ohne ihn zu öffnen, mit der Bemerkung: „Sehen Sie nicht, dass Sie hier stören?“… – Ja, manchmal kann Arbeitsrecht auch ganz amüsant sein!

3. Die Frist bei der fristlosen Kündigung

Eine außerordentliche, fristlose Kündigung ist nur aus wichtigem Grund möglich (§ 626 BGB). Was ein wichtiger Grund ist, wird regelmäßig im Einzelfall entschieden. Dazu gibt es eine umfangreiche Rechtsprechung.

Was mir an dieser Stelle aber besonders wichtig ist, ist Folgendes: Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund kann nur innerhalb von 2 Wochen ausgesprochen werden. Diese Frist beginnt gemäß § 626 Abs. 2 BGB in dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.

Wenn man als Arbeitgeber eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund aussprechen möchte, darf man also nicht zu lange zuwarten, denn sonst wird fingiert, dass der Grund wohl doch nicht so wichtig gewesen sein kann.

4. Kündigung trotz oder wegen einer Erkrankung zulässig?

Manche Leute meinen ja, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht kündigen darf, während der Arbeitnehmer krank ist. Aber das ist falsch. Man kann sogar im Gegenteil sagen, dass manchmal gerade die Krankheit ein Kündigungsgrund sein kann.

Lassen Sie mich das kurz einordnen: Im Rahmen der ordentlichen Kündigung gibt es verhaltensbedingte, personenbedingte und betriebsbedingte Kündigungsgründe. So steht es in § 1 des Kündigungsschutzgesetzes. Als personenbedingter Kündigungsgrund gelten zum Beispiel eine lang dauernde Erkrankung oder viele Kurzzeiterkrankungen, wobei Voraussetzung für die Kündigung jeweils eine negative Gesundheitsprognose ist.

Eine einfache Erkrankung ist also kein Kündigungsgrund, schließt aber umgekehrt eine aus anderen Gründen wirksame Kündigung auch nicht aus. Der Arbeitgeber muss also mit dem Ausspruch der Kündigung nicht warten, bis der Arbeitnehmer wieder im Betrieb ist. Der Arbeitgeber könnte den Arbeitnehmer sogar im Krankenhaus besuchen und ihm bei dieser Gelegenheit das Kündigungsschreiben übergeben – auch wenn das natürlich nicht besonders „fürsorglich“ ist...

5. Der Kündigungsschutz bei den Kleinen

Vereinfacht ausgedrückt gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht in Betrieben, in denen in der Regel 10 oder weniger Arbeitnehmer beschäftigt sind. Man braucht also mehr als 10 Arbeitnehmer, wobei die Auszubildenden dabei nicht mitgerechnet werden. Die Einzelheiten ergeben sich aus § 23 des Kündigungsschutzgesetzes. Dort steht auch, ob und wie teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mitgerechnet werden.

Umgekehrt heißt das: In Kleinbetrieben mit 10 oder weniger Arbeitnehmern gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht.

Wenn das Kündigungsschutzgesetz gilt, muss jede (ordentliche) Kündigung „sozial gerechtfertigt“ sein. Der Arbeitgeber braucht also einen Kündigungsgrund, der entweder im Verhalten oder in der Person des Arbeitnehmers liegt oder einen betriebsbedingten Kündigungsgrund.

Gilt das Kündigungsschutzgesetz dagegen nicht, also im sogenannten Kleinbetrieb, dann braucht der Arbeitgeber grundsätzlich keinen Kündigungsgrund. Die Kündigung darf allerdings nicht sittenwidrig bzw. treuwidrig sein (§§ 138, 242 BGB) oder gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen (§ 134 BGB). Aber die Anforderungen daran, dass eine Kündigung sittenwidrig ist, sind sehr hoch. Im Regelfall hat der Arbeitnehmer im Kleinbetrieb also schlechte Karten, sich gegen eine Kündigung zur Wehr zu setzen.

Nebenbei: Ein möglicher Argumentationsansatz für den Arbeitnehmeranwalt kann manchmal sein, dass der Arbeitgeber über mehrere Betriebe verfügt und dass man die Anzahl der Mitarbeiter der verschiedenen Betriebe zusammenrechnen muss. Das eröffnet dann schon wieder einen gewissen Verhandlungsspielraum in der Güteverhandlung.

6. Ist das alles, was es zum Thema „Kündigung“ gibt?

Nein, nein und nochmals nein. Zum Thema Kündigung gibt es eine Vielzahl von Fragen, die man hier nicht ansatzweise vollständig abhandeln kann. Das sollte man dann im Rahmen einer Beratung im Einzelfall näher besprechen.

Dr. Wolfgang Gottwald

Rechtsanwalt


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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