Kurzarbeitergeld für Fremdgeschäftsführer und Gesellschafter-Geschäftsführer?

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Voraussetzungen eines Anspruchs auf Kurzarbeitergeld für Geschäftsführer

Aufgrund der wirtschaftlichen Einbußen durch die Corona-Pandemie waren und sind noch immer viele Firmen auf Kurzarbeitergeld angewiesen. Dabei wurde vielfach auch für die Geschäftsführer Kurzarbeit angemeldet. Oftmals wurde dieses jedoch abgelehnt, so dass sich die Frage stellt, ob und unter welchen Voraussetzungen für Geschäftsführer Kurzarbeitergeld zu bewilligen ist und ob ein Vorgehen hiergegen sinnvoll ist. 


Ablehnung wegen fehlender persönlicher Voraussetzungen?

Durch die Agentur für Arbeit ist dieses oftmals mit der Begründung abgelehnt worden, die persönlichen Voraussetzungen seien nicht gegeben.

Hierzu findet sich häufig die folgende Begründung:

„Nach ständiger Rechtsprechung steht der Betrieb in der Verantwortung, vor Beginn und während des Arbeitsausfalls alles in seiner Kraft Stehende zu unternehmen, um den Arbeitsausfall zu vermeiden oder zu beheben. Diese Schadensminderungspflicht trifft nicht nur den Arbeitgeber, sondern auch die Betriebsvertretung und den einzelnen Arbeitnehmer. Hierbei kommt es insbesondere dem Geschäftsführer einer GmbH eine besondere Rolle zu. Seine Aufgabe ist es, unter Einsetzung von Kreativität und Einfallsreichtum, alle nötigen Maßnahmen zu ergreifen, Schaden von der GmbH abzuwenden und die festgelegten Unternehmensziele zu erreichen. Eine Einbeziehung der Geschäftsführer in die Kurzarbeit ist nur in Ausnahmefällen (z.B. einem unabwendbaren Ereignis) begründbar.“

Wurde mit gleichlautender oder vergleichbarer Begründung das für den oder die Geschäftsführer beantragte Kurzarbeitergeld abgelehnt, sollte hiergegen Rechtsmittel einlegen.


Entscheidung des Sozialgerichts Speyer vom 30.07.20020

In einer ersten zu dieser Thematik bekannt gewordenen Entscheidung hatte das Sozialgericht Speyer am 30.07.2020 in einem Eilverfahren, Az. S 1 AL 134/20 ER, dem dort gestellten Antrag auf Gewährung von Kurzarbeitergeld für die Geschäftsführer stattgegeben.

Die Behörde hatte auch hier das Kurzarbeitergeld mit der Begründung abgelehnt, der Geschäftsführer leite die Geschicke des Unternehmens und es sei gerade seine Aufgabe, neue Kunden zu finden und Kurzarbeit zu vermeiden.

Dies ließ das Sozialgericht nicht geltend. Es führte zunächst einmal zutreffend aus, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen würden, dass der Geschäftsführer nicht in einem die Beitragspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis stehen würde.

Darüber hinaus ging das Gericht davon aus, dass zu befürchten sei, dass durch die Nichtzahlung von Kurzarbeitergeld das Arbeitsverhältnis mit dem Geschäftsführer gelöst werden müsse und dadurch Arbeitslosigkeit eintreten würde. Das Gericht wies darauf hin, dass dies der gesetzlichen Intention widerspräche, die insbesondere durch das Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld vom 13.03.2020 erreicht werden sollte, nämlich möglichst viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch die Gewährung von Kurzarbeit in einem Beschäftigungsverhältnis zu halten.

Ob die Entscheidung rechtskräftig geworden ist, ist noch nicht bekannt gegeben worden. Darüber hinaus liegt die Entscheidung noch nicht im Volltext vor.

Unter Berücksichtigung der weiteren, vor der Corona Pandemie zu der Thematik „Kurzarbeitergeld für Geschäftsführer“ ergangenen Rechtsprechung ist die Entscheidung jedoch folgerichtig.


Entscheidung des Bundessozialgerichts zur abhängigen Beschäftigung von Geschäftsführern

Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 14.03.2018, Az. B 12 R 5/16, ist ein Fremdgeschäftsführer ohne Kapitalbeteiligung ausnahmelos abhängig beschäftigt. Gesellschafter-Geschäftsführer sind dann selbstständig tätig, wenn sie über eine Mindestkapitalbeteiligung von 50 % oder eine echte Sperrminorität verfügen.


Entscheidung des Sozialgerichts Kassel: Kurzarbeitergeld für Gesellschafter-Geschäftsführer 

In einer Entscheidung des Sozialgerichts Kassel vom 23.03.2006, Az. S 11 1435/03 wurde ebenfalls das für die Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin beantragte Kurzarbeitergeld zugesprochen. Das Gericht Kassel führt in dieser Entscheidung sehr umfassend zu den Voraussetzungen des Status eines Gesellschafter-Geschäftsführers als Arbeitnehmer aus. Es müsse eine fremdbestimmte Leistung verbleiben, die Dienstleistung also zumindest in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen. Ist ein Weisungsrecht nicht vorhanden, kann der Betreffende seine Tätigkeit also wesentlich frei gestalten, insbesondere über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei verfügen oder sich nur durch die von selbst gegebene Ordnung des Betriebes einreihen liegt keine abhängige sondern eine selbständige Tätigkeit vor, die zusätzlich durch ein Unternehmerrisiko gekennzeichnet ist. Das bedeutet, dass grundsätzlich ein Geschäftsführer weder wegen seiner Organstellung noch deshalb von einer abhängigen Beschäftigung ausgeschlossen ist, weil er gegenüber Arbeitnehmern der GmbH eine Arbeitgeberfunktionen ausübt. 

Zudem führt das Gerichts dazu aus, dass der Arbeitsausfall auch für Geschäftsführer unvermeidbar ist, wenn dieser nicht durch verstärkte Akquisitionstätigkeiten kompensiert werden kann. Zwar treffe den Arbeitgeber grundsätzlich eine Schadensminderungspflicht, so dass ein vermeidbarer Arbeitsausfall den Anspruch auf Kurzarbeitergeld ausschließt. Dies gelte jedoch nur dann, wenn sich gerade in der Person des Geschäftsführers auch das Unternehmerrisiko verwirklicht und dieser zur Verhinderung des Arbeitsausfalls oder zur Vermeidung des weiteren Arbeitsausfalls verstärkt hätte tätig werden müssen.


Fazit und Zusammenfassung

Unter Berücksichtigung der aufgrund der Corona-Pandemie beschlossenen verbesserten Regelungen muss die o.g. Rechtsprechung umso mehr gelten, und zwar auch dann, wenn das Unternehmen nicht z.B. aufgrund einer Allgemeinverfügung hat schließen müssen. Der Arbeitsausfall, bedingt durch die Corona-Pandemie dürfte in den weit überwiegenden Fällen durch die umfassenden Auftragsrückgänge verursacht worden sein mit der Folge, dass diesem auch durch die Geschäftsführer nicht hat entgegengewirkt werden können. 

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass nicht nur Fremdgeschäftsführer sondern auch der Gesellschafter-Geschäftsführer anspruchsberechtigt sein können. Wichtig ist in diesem Zusammenhang eine detaillierte Darlegung der gesellschaftsrechtlichen Stellung, eine Vorlage des Dienstvertrages sowie eine umfangreiche Stellungnahme zu der konkreten Durchführung der gesellschaftsrechtlichen und dienstvertraglichen Bestimmungen.

Im Anschluss sollte detailliert dargelegt werden, warum der Arbeitsausfall auch für den Geschäftsführer unvermeidbar gewesen ist.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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