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Lehrer sind in den Ferien oft nicht erreichbar – ist dies hinzunehmen?

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Vor den Ferien vollendete Tatsachen – während der Ferien kein Lehrer erreichbar

Oftmals werden vor Ferien noch vollendete Tatsachen geschaffen und dann sind alle Lehrer weg und gelten als nicht erreichbar:

  • Beispielsweise ist es bei Nichtversetzungen meist so, dass man davon erstmals (!) ein paar Tage vor den Sommerferien erfährt, mitunter sogar erst bei der Zeugnisausgabe. Mal davon abgesehen, dass bereits dies ein ungeheuerlicher Vorgang ist, denn in allen Bundesländern haben Schulen die Eltern bei Versetzungsgefährdungen rechtzeitig zu informieren, ist es noch unverschämter, wenn dann niemand mehr da sein soll, der Einwendungen hiergegen zur Kenntnis nimmt.
  • Beispielsweise ist es bei Ordnungsmaßnahmen auch so, dass Ausschlüsse vom Unterricht auch gerne noch schnell vor Ferienbeginn verhängt werden und nach Ferienbeginn starten sollen. Oftmals mangelt es solchen Verwaltungsverfahren an einer Anhörung oder einer Begründung und will man sich dagegen wehren, weiß man mitunter gar nicht, was konkret vorgeworfen wird.

Die Häufung solcher Fälle vor Ferienbeginn mag durchaus indizieren, dass viele Schulen bewusst so vorgehen, um Einwände abzuschneiden, denn die meisten Eltern geben über die Ferien kurzerhand auf, d. h. man wird regelrecht „weichgekocht“.

Selbst für mich als Anwalt für Schulrecht ist es ein ständiges Ärgernis, dass es unisono erst einmal heißt, Auskünfte könnten erst nach den Ferien erstellt werden, Lehrer seien bis dahin nicht erreichbar.

Natürlich sind Lehrer erreichbar, schließlich lebt der gesamte schulische Alltag von Mails im internen Bereich und natürlich hat jede Schule von ihren Lehrern Rufnummern (auch Mobilnummern) gespeichert und auch die Mail-Adressen von Lehrern sind selbstverständlich hinterlegt.

Die Behauptung, dass Lehrer per se nicht erreichbar seien, ist demnach völlig unglaubwürdig und wird auch von Schulämtern viel zu wenig hinterfragt.

Schulferien = Urlaub bei Lehrern? 

Darf man also Einsatz von Lehrern auch während der Ferien erwarten?

Selbstverständlich!

Beispielhaft sei hier auf die Verordnung über die Freistellung wegen Mutterschutz für Beamtinnen und Richterinnen, Eltern- und Pflegezeit, Erholungs- und Sonderurlaub der Beamtinnen und Beamten und Richterinnen und Richter im Land Nordrhein-Westfalen (Freistellungs- und Urlaubsverordnung NRW – FrUrlV NRW) vom 10.01.2012 hingewiesen, wo es unter § 18 Abs. 2 heißt:

"Der jährliche Erholungsurlaub beträgt bei regelmäßiger Verteilung der Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche 30 Arbeitstage." 

Nichts anderes gilt also auch für Lehrer, die auch nur 30 Tage Urlaub im Jahr haben.

Was ist dann mit der restlichen Ferienzeit?

Unterrichtsfreie Zeit:

Die Ferienzeit, in der Lehrer keinen Urlaub haben, ist die unterrichtsfreie Zeit. Für diese gibt es meist keine direkten Vorgaben, aber Lehrer haben diese vor allem zur Unterrichtsvorbereitung und Fortbildung zu nutzen.

Wenn es also heißt, dass Lehrer während der Sommerferien nicht erreichbar seien, so wäre das allenfalls dann nachvollziehbar, wenn sie über die Sommerferien ihren Jahresurlaub nehmen (30 Tage = 6 Wochen) und ansonsten in allen anderen Ferien immer erreichbar wären.

Dem ist aber nicht so, da es auch über Weihnachtsferien häufig unmöglich ist, in Schulen überhaupt jemanden zu erreichen. Und in anderen Ferien mag die praktische Relevanz nicht so hoch sein, weil es keine Nichtversetzungen gibt und die Vorweihnachtszeit die Hauptzeit für Ordnungsmaßnahmen ist, wenn man mitunter aber tagelang nicht einmal einen Schulleiter erreicht, dann indiziert dies, dass es insgesamt nicht gut mit der Erreichbarkeit steht.

Schulferien sind also kein Urlaub für Lehrer, sondern nur „unterrichtsfreie Zeit“.

Unterrichtsfreie Zeit und Erreichbarkeit von Lehrern in den Ferien

Sofern keine dienstlichen Anweisungen erfolgen, wird ein Lehrer seine unterrichtsfreie Zeit so gestalten können, wie er es für richtig hält. Wenn man einigen Medienberichten glauben schenken mag, gibt es ja immer wieder Gerüchte, dass diese unterrichtsfreie Zeit voll mit Unterrichtsvorbereitungen ist und Lehrer der stressigste Beruf der Welt ist. Das mag für engagierte Lehrer zutreffen, bei anderen Lehrern hat man indes den Eindruck, dass sich die Unterrichtsmaterialien seit 20 Jahren nicht verändert haben, wenn man in den Unterrichtsmaterialien plötzlich die Helden seiner Kindheit wiederfindet, die das eigene Kind freilich nicht kennt, da deren Zeit im Fernsehen schon lange vorbei ist.

Wie dem auch sei, kann man in jedem Fall erwarten, dass Lehrer in den Ferien erreichbar sind.

Normalerweise müssten Schulen zu Beginn des Jahres eine Aufstellung verlangen, an welchen 30 Tagen Lehrer Urlaub machen. An den anderen Tagen wäre es auch sinnvoll nachzuvollziehen, ob an den Tagen unterrichtsfreier Zeit nennenswert gearbeitet wird, damit nicht nur engagierte Lehrer arbeiten und man bei anderen Lehrern Unterrichtsmaterialien aus dem vorigen Jahrtausend bekommt. In jedem Fall muss aber gewährleistet sein, dass Lehrer an unterrichtsfreien Tagen erreichbar sind und Auskünfte zu Anfragen erteilen können!

Was darf man also erwarten und verlangen?

Wenn vor den Ferien eine Entscheidung getroffen wurde, darf man demnach erwarten, dass diese während der Ferien bearbeitet wird. Es mag also sein, dass ein Lehrer 2-3 Wochen nicht erreichbar ist, aber dann hat die Schule für eine Bearbeitung zu sorgen!

Dies darf man demnach erwarten und auch verlangen, wenn die üblichen Ausreden kommen.

Rechtsanwalt Andreas Zoller

Anwalt für Schulrecht


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