Leihmutterschaft im Ausland – Wirksamkeit in Deutschland? (GER / ENG version)

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Das deutsche Recht sieht die Leihmutterschaft nicht vor. Es gibt daher Paare, die im Ausland eine Vereinbarung mit einer Leihmutter schließen. Fraglich war bisher in solchen Fällen, ob eine im Ausland erlangte Elternstellung auch in Deutschland wirksam sein kann. 

Der BGH hat dies nun bejaht – aus folgenden nachvollziehbaren Gründen:

Der Sachverhalt: Der 1949 geborene deutsche Ehemann und die 1952 geborene deutsche Ehefrau schlossen 2011 in Colorado (USA) eine Leihmutterschaftsvereinbarung mit der US-amerikanischen Leihmutter. Danach wurden der Leihmutter Embryonen, die unter Verwendung anonym gespendeter Eizellen mit Samenzellen des Ehemannes gezeugt worden waren, eingepflanzt und von ihr ausgetragen. Die Leihmutter erhielt eine Grundvergütung von 23.000 $, 3.000 $ pro Monat während der Schwangerschaft sowie weitere Zahlungen wie pauschale Aufwandsentschädigungen. Entsprechend geltendem Recht in Colorado wurde bereits vor der Geburt am 15.09.2011 vom District Court eine Entscheidung erlassen, wonach die Ehefrau die Mutter und der Ehemann der Vater des Kindes nach dessen Geburt mit allen Rechten und Pflichten für eheliche Kinder sein werden. Im Oktober 2011 gebar die Leihmutter Zwillinge. 

Die Ehegatten beantragten in Deutschland, die amerikanische Entscheidung über die Elternschaft anzuerkennen. Da ein Vorgehen, wie von den Eltern beschritten, über eine Leihmutterschaft in Deutschland verboten ist, lehnten das AG und das OLG die Anerkennung ab.

Der BGH dagegen hat den Beschluss des US-District Court vom 15.09.2011 anerkannt.

Wesentliche Aussagen der Entscheidung: 

  1. Für die Frage, ob die Entscheidung des US-amerikanischen Gerichtes anzuerkennen ist, kommt es laut BGH darauf an, ob sie mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist.
  2. Zur Beantwortung dieser Frage könne nicht einfach darauf abgestellt werden, dass ein Weg gewählt worden sei, der nach dem deutschen Recht in Deutschland nicht hätte gegangen werden können bzw. dürfen.
  3. Stattdessen hat das oberste deutsche Zivilgericht im Wesentlichen darauf abgestellt, dass ein Elternteil der Wunsch- bzw. Bestelleltern im Unterschied zur Leihmutter genetisch mit den Kindern verwandt sei.
  4. Wäre dies nicht der Fall gewesen, hätte der BGH die amerikanische Entscheidung – wie sich aus dem Kontext der Entscheidung ergibt – wohl nicht anerkannt.
  5. Zudem habe die Leihmutter nicht unter Zwang gehandelt. Dass sie für ihre Mitwirkung bezahlt wurde, sei so wenig entscheidungsrelevant wie die Tatsache, dass zwischen ihr und den Bestelleltern ein soziales Gefälle bestehe. Wesentlich sei allein, dass die Leihmutter weder gezwungen wurde, sich als solche zur Verfügung zu stellen, noch die Kinder nur unter Zwang herausgegeben habe.
  6. Abschließend ist es dem BGH auch wichtig darauf hinzuweisen, dass die Wunscheltern – anders als dies bei der Leihmutter der Fall gewesen wäre – tatsächlich die Elternstellung einnehmen und den Kindern die erforderliche Zuwendung entgegenbringen.

Fazit: 

Die Leihmutterschaft sieht das deutsche Recht nicht vor. Das heißt aber nach diesem Judikat nicht, dass Kinder, die auf diesem Wege zur Welt gekommen sind, nicht doch als eheliche Kinder anzuerkennen sind. Der hier beschriebene Weg, welchen die deutschen Eltern gingen, indem sie die Möglichkeit nutzten, dass in Colorado die Leihmutterschaft erlaubt ist, zeigt dies.

Praxishinweis: Nicht Gegenstand der Entscheidung war, dass Kinder zur gegebenen Zeit ein Recht darauf haben, ihre genetische Herkunft zu kennen. Diesbezüglich haben die Eltern sie deshalb auf Verlangen eines Tages aufzuklären und zu informieren.

BGH, Beschl. v. 05.09.2018 – XII ZB 224/17

English version:

German law does not provide for surrogacy. There are therefore couples who conclude an agreement with a surrogate mother abroad. It has been questionable so far in such cases whether a parent's position acquired abroad can also be effective and legally accepted in Germany.

The BGH (highest court in Germany) has now confirmed this – for the following understandable reasons:

The facts: The German husband born in 1949, and the German wife born in 1952, concluded a surrogacy agreement with the American surrogate mother in Colorado, USA, in 2011. Thereafter the surrogate mother was implanted in and discharged from embryos that had been conceived using anonymously donated oocytes with the husband's sperm. The surrogate received a basic salary of $ 23,000, $ 3,000 a month during pregnancy and other payments such as lump-sum allowances. According to applicable law in Colorado, before the birth on September 15, 2011, a decision was made by the District Court, according to which the wife will be the mother and the husband the father of the child after birth with all rights and obligations for legitimate children. In October 2011, the surrogate mother gave birth to twins.

The spouses requested in Germany to recognize the American decision on parenting. Since a procedure, as taken by the parents, is forbidden over a surrogate motherhood in Germany,the lower court and the appeal court (AG and OLG) rejected the recognition.

The BGH, however, has accepted the decision of the US District Court of 15.09.2011.

Key statements of the decision:

  1. Wether the decision of the US court has to be recognized, it is important, according to the BGH, whether it is manifestly incompatible with essential principles of German law.
  2. In order to answer that question it can not simply be argued that a path was chosen that could not or should not have been allowed under law in Germany.
  3. Instead the highest German civil court has essentially focused on the fact that a parent of the desired or order parents in contrast to the surrogate mother is genetically related to the children.
  4. If this had not been the case the BGH would probably not have recognized the American decision – as is clear from the context of the decision.
  5. In addition the surrogate mother did not act under duress or forcement. The fact that she was paid for her participation was as irrelevant to decision-making as the fact that there was a social gap between her and the ordering parents. The only essential thing was that the surrogate mother was not forced to make herself available as such, nor did she release the children under duress.
  6. Finally, it is also important to the BGH to point out that the desired parents – unlike the surrogate mother would have been the case – actually occupy the parent position and bring the children the necessary attention.

Conclusion:

Surrogacy does not provide for German law. But that does not mean according to this judicature that children born in this way should not be recognized as marital children. The path described here taken by the German parents taking advantage of the possibility that surrogacy is allowed in Colorado, shows this.

Practical note: The subject of the decision was not that children have a right to know their genetic origin in due time. In this respect parents have to enlighten and inform them at the request of one day.

BGH, Acc. 05.09.2018 – XII ZB 224/17


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