Leistungen nach SGB II bzw. SGB XII an EU-Ausländer auch nach dem 28.12.2016?

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Das Problem:

Halten sich erwerbsfähige EU-Ausländer allein zum Zweck der Arbeitssuche in Deutschland auf, so erhalten sie wegen des gesetzlichen Leistungsausschlusses in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II keine Leistungen nach SGB II vom Jobcenter. Wegen des Leistungsausschlusses bei einem Aufenthalt bis zu fünf Jahren in § 23 SGB XII in der ab 29.12.2016 geltenden Fassung erhalten Unionsbürger auch keine Leistungen nach SGB XII, also vom Sozialamt.

Der Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen im Anschluss an BSG vom 05.12.2016

Leistungen nach § 23 SGB XII bis 28.12.2016

Das LSG Niedersachsen-Bremen hat nun im Anschluss an den Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) vom 05.12.2016 in einem Eilverfahren entschieden, dass Unionsbürgern, die dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in der bis zum 28.12.2016 geltenden Fassung unterfallen, sich seit mehr als sechs Monaten in Deutschland aufhalten und hilfebedürftig sind, Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII für die Zeit bis zum 28.12.2016 zu gewähren sind. Denn zumindest im Eilverfahren sei davon auszugehen, dass das nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII eröffnete Ermessen in dieser Konstellation auf null reduziert sei.

Neu ist nun folgende Auffassung des LSG Niedersachsen-Bremen: 

Vorläufige Leistungen nach § 41a SGB II ab 29.12.2016 im Eilverfahren

Für Leistungszeiträume ab dem 29.12.2016 können Unionsbürgern, denen nach der Neufassung des § 23 SGB XII erst ab einem Aufenthalt von mehr als fünf Jahren Leistungen zu gewähren sind, allerdings vorläufig Anspruch auf Leistungen nach § 41a Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 SGB II haben. Liegen die Voraussetzungen für eine vorläufige Entscheidung nach § 41a Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 SGB II vor, so kann das in dieser Vorschrift eingeräumte Ermessen wegen des Leistungsausschlusses nach § 23 SGB XII auf null reduziert sein. Nach § 41a Abs.7 Satz 1 SGB II kann über die Erbringung von Geld- und Sachleistungen vorläufig entschieden werden, wenn die Vereinbarkeit einer Vorschrift dieses Buches, von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, mit höherrangigem Recht beispielsweise Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht oder eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bundessozialgericht ist. Das SG Mainz hat dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in der bis zum, 28.12.2016 geltenden Fassung mit Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG und dem sich daraus ergebenden Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums vereinbar ist. Die Rechtsfrage, ob der gleichzeitige Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II und von Leistungen nach dem SGB XII bei einem erwerbsfähigen Unionsbürger Grundrechte des Betroffenen verletzt, ist Gegenstand eines Verfahrens beim BSG. Damit sind die Voraussetzungen für eine vorläufige Entscheidung nach § 41a Abs. 7 SGB II erfüllt.

Dies hat zur Folge, dass dem genannten Personenkreis vorläufig Leistungen nach dem SGB II zu gewähren sein können, wenn das Ermessen auf null reduziert ist. Eine Ermessensreduzierung auf null liegt insbesondere dann vor, wenn anderenfalls eine Verletzung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums droht.


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