Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II / SGB XII / 2.Teil: Hilfe zum Lebensunterhalt

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Die Hilfe zum Lebensunterhalt ist eine in Deutschland bestehende bedarfsorientierte soziale Leistung zur Sicherstellung des sozialen Existenzminimums. Sie bildet seit dem 1. Januar 2005 neben dem Arbeitslosengeld II (SGB II) und der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung die unterste Ebene im Netz der sozialen Sicherung.

1. Voraussetzung

Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten solche Personen, die wegen Krankheit oder Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht wenigstens drei Stunden täglich arbeiten können. Die Voraussetzungen ergeben sich in der Abgrenzung zu den Voraussetzungen der Leistungsberechtigung nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II).

Der Personenkreis kann dahingehend konkretisiert werden, dass folgende Personen im Bedarfsfall Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt haben:

- Personen, die eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung beziehen oder die Voraussetzungen zum Bezug einer solchen Rente erfüllen, ohne einen tatsächlichen Rentenanspruch zu haben. Diese Personen haben keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II, weil sie dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen, andererseits keinen Anspruch auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, weil das Merkmal der Dauerhaftigkeit nach § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nicht erfüllt ist.

- Personen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld II endet, weil sie sich voraussichtlich länger als 6 Monate in einer stationären Einrichtung aufhalten (§ 7 Abs. 4 SGB II).

- Kinder unter 15 Jahren, die in einer Bedarfsgemeinschaft mit Beziehern von Grundsicherung leben (z. B. bei den Großeltern) und ihren Lebensunterhalt vor allem aus Unterhaltsansprüchen nicht sicherstellen können.

- Personen, deren Antrag auf Grundsicherung abgelehnt wird, weil die Sozialhilfebedürftigkeit in den letzten zehn Jahren vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt wurde (§ 41 Abs. 4 SGB XII). Der Träger der Sozialhilfe kann die Leistung in diesem Fall auf das „zum Lebensunterhalt Unerlässliche" kürzen (§ 26 SGB XII); in der Praxis wird eine Kürzung des Regelsatzes um bis zu 30 Prozent vorgenommen.

- Bewohner von vollstationären Einrichtungen der Pflege, der Altenhilfe oder der Eingliederungshilfe für Behinderte (in Alten-, Pflege- oder Behindertenwohnheimen), deren eigenes Einkommen und Vermögen nicht ausreicht, die Kosten der Unterkunft zu zahlen (Lebensunterhalt in Einrichtungen, vgl. § 35 SGB XII)

2. Leistungsumfang

Der Leistungsumfang ist nahezu identisch mit den Leistungen nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II).

a. Regelbedarf (§ 27a SGB XII)

Der sog. Regelbedarf ist der gesamte Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts außerhalb von Einrichtungen mit Ausnahme von Leistungen für Unterkunft und Heizung.

Die Ermittlung der Regelbedarfe ist in § 28 SGB XII normiert (Sonderauswertung von Verbrauchs- und Einkommensstichproben durch das statistische Bundesamt). Konkretisiert wird der Regelbedarf durch die Regelbedarfsstufen (soziokulturelles Existenzminimum). Er beträgt wie beim Arbeitslosengeld II in der Regelbedarfsstufe 1 seit dem 01.01.2011 364,00 € monatlich. Die Regelsätze in den Regelbedarfsstufen 2 bis 3, d.h. der sonstigen Haushaltsangehörigen ist ebenfalls identisch mit den Sätzen beim Arbeitslosengeld II (siehe oben). Eine Abweichung gibt es nunmehr in leistungsberechtigten Kindern und Jugendlichen. In Abweichung zum Sozialgeld (s.o.) sind die entsprechenden Leistungen für Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr in den Regelbedarfsstufen 4 bis 6 (287,00 €; 251,00 € und 215,00 €) höher als das Sozialgeld im SGB II.

b. Unterkunft und Heizung (§ 35 SGB XII)

Die Leistungen für die Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anteilig für jedes Mitglied der Familie bzw. Bedarfsgemeinschaft erbracht (§ 35 SGB XII). Übersteigen die Aufwendungen für die Unterkunft den anerkannten angemessenen Umfang, werden die unangemessene Kosten in der Regel längsten für sechs Monate übernommen (§ 35 Abs. 2 SGB XII).

c. Mehrbedarfe (§ 30 SGB XII)

Mehrbedarf für Schwangere, Behinderte, allein Erziehende und für kostenaufwändige Ernährung wird durch prozentuale Zuschläge zur Regelleistung abgegolten.

Einen Mehrbedarf von 17 Prozent der maßgebenden Regelbedarfsstufe erhalten Personen bei Besitz eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen „G" oder „aG" (§ 30 Abs. 1 SGB XII i. V. m. SGB IX). Bei einem derzeitigen Regelsatz von 364,00 € ist dies ein Mehrbedarf in Höhe von 62,00 €.

Für Leistungsberechtigte wird nun ebenfalls ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb keine Leistungen für Warmwasser nach § 35 Absatz 4 SGB XII erbracht werden.

d. Einmalige Bedarfe (§ 31 SGB XII)

Diese werden wie beim Arbeitslosengeld II für die Erstausstattung einer Wohnung, die Erstausstattung mit Bekleidung und Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen gewährt.

e. Sonderbedarfe

Weiterhin können Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung (§ 32 SGB XII) sowie die Altersvorsorge (§ 33 SGB XII) übernommen werden. Zur Vorbeugung von Wohnungsnotfällen sollen darüber hinaus Mietschulden übernommen werden (§ 36 SGB XII). Die Darlehensgewährung ist in Ausnahmefällen ebenfalls möglich (§§ 37, 38 SGB XII). Mit der Regelung in § 27 a Abs. 4 SGB XII bestehet nunmehr die Möglichkeit den individuelle Bedarf abweichend von dem Regelbedarf festzulegen. Inwieweit davon in der Praxis die Sonderleistungen bei sog. „Härtefällen", d.h. für laufenden, unabweisbare Sonderbedarfe nach dem Urteil des BVerfG vom 09.02.2010 umfasst sind, bleibt abzuwarten. Ebenfalls werden Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft für Kinder und Jugendliche gesondert erbracht (§ 34 und 34 a SGB XII).


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